Vom Eselskarren zur Luxusgastronomie: Die erstaunliche Geschichte des Fischgeschäfts Pescados Miró
Nur noch drei Fischgeschäfte gibt es in Palma abseits der Markthallen. Eines davon – und das größte – ist Pescadería Miró im Stadtviertel Camp d’en Serralta

Margarita, Toni und Noelia Miró mit prächtigen Zackenbarschen („meros“) und Goldmakrelen („llampugas“). | FOTOS: NELE BENDGENS
Es ist eine Fisch-Delikatesse, wenn auch eher selten zu finden: aranya, besser bekannt als Petermännchen, dessen Stacheln bei so manchem Badenden schmerzhafte Erinnerungen wecken. Wir aßen ihn zuletzt im Foradada , und man erzählte uns, woher er stammt: aus dem Fischgeschäft Pescados Miró in Palma. Der Traditionsbetrieb beliefert so bekannte Restaurants wie das Marc Fosh ebenso wie etwa die Cappuccino-Gruppe oder das Hotel Belmond La Residencia. Sie alle sind regelmäßige zufriedene Kunden des familiengeführten Geschäfts. Es ist einer von nur drei übrig gebliebenen Fischläden in Palma, wenn man von den Fischständen in den Märkten einmal absieht.

Oktopus. / Nele Bendgens
Familienbetrieb, das bedeutet: Noelia Miró (49) kauft an der Lonja, der Fischbörse, die Ware ein – wohlgemerkt ab 4.30 Uhr morgens. „Das bedeutet, mir obliegt die Auswahl, damit wir unser Versprechen, nur beste Ware zu liefern, auch halten können“, sagt Noelia. Ihre Schwester Margarita (56) ist im Verkauf des Ladens tätig, wo sie zusammen mit den Mitarbeitern die Fische säubert, zerlegt und für den Verkauf fertig macht. Ihr Sohn Toni (29) ist für die Akquise der Kunden, für die Organisation des Vertriebs, das Marketing und die Präsenz auf Social-Media-Plattformen zuständig. Darüber hinaus ist auch Tonis Oma und Mutter von Noelia und Margarita, Francisca, noch im Geschäft aktiv. Sie kümmert sich noch um Schriftkram und ist die gute Seele von Pescados Miró, in der sie an der Seite ihres Mannes José und auch nach dessen Tod vor zwei Jahren ihr ganzes Leben gearbeitet hat. Ein Leben im Ruhestand sei der „über 80-Jährigen“, wie Noelia diskret verrät, zu langweilig.

Gambas. / Nele Bendgens
Fisch mit dem Eselskarren transportiert
Angefangen hat alles vor rund 100 Jahren. Noelias und Margaritas Großvater Antonio Miró hatte zwei Boote, war Fischer und transportierte in den 20er- und 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts mit seinem Eselskarren die Fische von Felanitx, wo er lebte, nach Palma. Dort betrieb seine Frau Margarita einen Stand auf dem Mercat de s’Olivar. Ihr Sohn José Miró baute das Geschäft weiter aus. Den Fischladen nahe der Avinguda Argentina gibt es seit 1979.

Beim Filetieren einer Goldmakrele. / Nele Bendgens
Vom Anwalt zum Fischhändler
Die nächste Generation war zunächst nicht unbedingt erpicht darauf, in die Fußstapfen der Eltern zu treten: Noelia hat Psychologie studiert, Margarita Betriebswirtschaft, ihr Sohn Toni neben Betriebswirtschaft auch Jura. Er war sogar drei Jahre als Anwalt in einer angesehenen Kanzlei Palmas tätig, bis es auch ihn vor zwei Jahren zu den Fischen zog. „Das war ein Glück für uns, denn er ist sehr aktiv, wir konnten uns enorm erweitern, haben unseren Kundenstamm vergrößert und beliefern nun hoch angesehene Lokale“, meint Noelia Miró. „Nur das ist wirtschaftlich ertragreich, denn unsere Privatkunden machen nur etwa zehn Prozent des Umsatzes aus.“ Auf das Ladenlokal möchte sie dennoch nicht verzichten.

Rote Meerbarben (molls vermells). / Nele Bendgens
„Die Leute essen weiterhin gerne Fisch, weil er wenig Kalorien hat und gesund ist. Viele mögen ihn aber nicht zubereiten oder können es auch gar nicht mehr. Die jungen Leute sind zu bequem für das Entgräten. Wenn überhaupt, essen sie noch Lachs“, sagt Noelia. Deshalb sei auch Oktopus sehr begehrt: „Keine Gräten, einfach in der Zubereitung, kaum Abfall, man kann fast alles davon essen – das mögen auch unsere Kunden.“ Ebenso wie die immer stärker nachgefragten Langusten. In den Lokalen gäbe es nicht mehr nur den teuren Langusteneintopf Caldereta, sondern vermehrt auch Languste mit Kartoffeln und Eiern. Das dadurch preiswertere Gericht sei aktuell der Renner, sagt Noelia Miró

Schnauzenbrassen (gerrets) / Nele Bendgens
Ganzjährig Langusten im Angebot
Ihre pescadería ist denn auch bekannt für die Langusten, die sie in mehreren Becken halten und somit ganzjährig anbieten können. „Wir sind damit die Einzigen“, sagt Noelia. Zwar gibt es in der Pescadería Miró auch Meeresbewohner aus anderen Gegenden des Landes sowie Tiefkühlfisch, aber der Fokus liegt doch auf dem, was die balearischen Gewässer hergeben. Noelia Miró kann das mit einer Statistik belegen: „Vom 1. Januar bis zum 7. Oktober haben wir fast 32 Tonnen mallorquinischen Fisch und Meeresfrüchte vertrieben, alles Wildfang – und zwar ausschließlich, wie es auch vorgeschrieben ist, zuvor an der Fischbörse von OPMallorcamar gekauft. „Damit sind wir der größte Anbieter von lokalem Fisch auf Mallorca“, sagt Noelia.

Auch von Außen ein Traditionsbetrieb. / Nele Bendgens
Darunter sind dann auch eher seltene Fische wie der bereits erwähnte aranya, aber auch rafel (Leierknurrhahn), eigentlich ein Beifang-Fisch, geeignet für Fischfonds, der aber auch exzellent aus der Pfanne schmeckt. Der große anfòs, wie der mero (Zackenbarsch) auf Mallorquinisch heißt, ist dabei, ebenso wie der lluç alias merluza alias Seehecht. Aktuell haben Saison die llampuga (Goldmakrele), der moll vermell (Rote Meerbarbe), die gallineta (geeignet für Fischfonds), der gerret femella (Schnauzenbrasse), Kalmare und Oktopus.
Man sagt ja, Bäcker und Konditor mögen es eher herzhaft, und Metzger sind offen für Süßes. Aber hier ist es anders: „Wir essen selbst liebend gerne Fisch und Meeresfrüchte. Am besten täglich und gerne auch mal eine Languste“, versichert Noelia Miró.
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