Das bislang größte Datenleak weltweit, die „Pandora Papers“, liefert Hinweise auf tatsächliche oder vermeintliche Fälle von Steuerhinterziehung von 330 aktiven und ehemaligen Politikern in 91 Ländern. Darunter sind so prominente Namen wie der frühere britische Premierminister Tony Blair, König Abdullah von Jordanien, der tschechische Ministerpräsident Andrej Babiš oder die Regierungschefs von Chile, Sebastián Piñera, Dominikanischer Republik, Luis Abinader, und Ecuador, Guillermo Lasso. Spanische Politiker sind in den Pandora Papers nach dem Stand vom Mittwoch (6.10.) nicht dabei. Doch gibt es unter den rund 600 spanischen Namen in den Papieren reichlich einheimische Prominenz.

In Spanien waren die führende Tageszeitung „El País“ und der Fernsehsender „La Sexta“ die ausgewählten Partner des International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ), das weltweit eine Datenflut von insgesamt 11,9 Millionen Akten aus 14 Kanzleien auswerten ließ. Es geht um Steuerflucht oder Vermeidung von Abgaben mithilfe eines Dickichts von Scheinfirmen, Treuhändern, Trusts und Konten in Steuerparadiesen.

Faible für die Britischen Jungferninseln

Julio Iglesias ist nicht nur der wahrscheinlich erfolgreichste spanische Sänger aller Zeiten. Der 78-Jährige hat auch ein imposantes Immobilienimperium aufgebaut. Der Schwerpunkt liegt in Miami, dem Domizil vieler Latino-Popstars. Iglesias wird in den Pandora Papers mit 20 Offshore-Firmen in Verbindung gebracht. Über die Britischen Jungferninseln, eines der aktivsten Steuerparadiese der Welt, erwarb der gebürtige Madrilene für 112 Millionen US-Dollar mehrere Immobilien auf Indian Creek, einer Insel in Miami, die als bunkerartiger Luxus-Rückzugsort der Superreichen gilt. Sein Privatjet läuft ebenfalls über eine dieser Firmen. Seit 1978 ist Iglesias nicht mehr in Spanien sesshaft und daher hierzulande nicht steuerpflichtig.

Ebenso prominent ist Pep Guardiola, einstiger Fußballstar des FC Barcelona und heute Trainer bei Manchester City. Die Pandora Papers zeigen, dass der Katalane 2012 von der umstrittenen Steueramnestie der damaligen konservativen Regierung Gebrauch gemacht hatte, um Geld aus Andorra nach Spanien zurückzuführen. Am Ende seiner Spielerkarriere war Guardiola von 2003 bis 2005 bei einem Club in Katar tätig. Er ließ sich das Gehalt auf das Konto in Andorra zahlen – aus verwaltungstechnischen Gründen, da er in Katar keinen Residenzstatus bekommen habe, wie sein Steuerberater gegenüber der Zeitung „El País“ erklärte.

Vorsorgliche Steueramnestie

Die Amnestie für Steuersünder war von der Regierung unter Ministerpräsident Mariano Rajoy (Volkspartei, PP) als Antwort auf die Finanzkrise gedacht und sollte frisches Geld in die Staatskassen spülen. Kritiker bemängelten jedoch, dass lediglich der Zugewinn auf das im Ausland versteckte Kapital nachträglich besteuert wurde und nicht die gesamte Summe des Geldes, das dem spanischen Fiskus verborgen geblieben war.

Aus dem Showbusiness sind weitere Namen in den Papieren vertreten. Shakira, der kolumbianische Weltstar, der mit Gerard Piqué vom FC Barcelona liiert ist, hat demnach drei Firmen auf den Britischen Jungferninseln registriert. Das spanische Finanzamt untersucht bereits das Geschäftsmodell der Sängerin. Miguel Bosé, einer der erfolgreichste spanischen Popkünstler der letzten Jahrzehnte, hat eine Firma in Panama.

Über Kanzleien, die auf Steuervermeidung in dem kleinen mittelamerikanischen Staat spezialisiert sind, waren zuvor schon andere Prominente gestolpert, nachdem die Panama Papers veröffentlicht worden waren, dem Vorgänger der jüngsten Enthüllungen.

Der peruanische Schriftsteller Mario Vargas Llosa, der auch im Besitz eines spanischen Passes ist, hat laut den Veröffentlichungen ebenfalls über Firmen auf den Britischen Jungferninseln seine Autorenrechte abgerechnet und Immobiliengeschäfte betrieben.

Die Legionäre Christi sind eine der erzkonservativsten Kongregationen der katholischen Kirche. Sie ist auch eine der reichsten. Die Legionäre nutzten ein Netzwerk von Treuhändern, um insgesamt 295 Millionen Dollar zu verstecken.

Neue Spur zu Juan Carlos

Schließlich findet sich in den Pandora Papers ein Indiz für einen Skandal, der seit über einem Jahr das Land bewegt: die mutmaßlich schmutzigen Geldgeschäfte des früheren Monarchen Juan Carlos, gegen den die Justiz in Spanien und der Schweiz ermittelt. In den Dokumenten fand sich nun eine Anweisung von Corinna Larsen zu Sayn-Wittgenstein, der ehemaligen Geliebten des Königs, von 2007. Darin verfügt sie, dass im Falle ihres Todes 30 Prozent des Vermögens aus dem sogenannten Bachmann Trust an Juan Carlos ausgezahlt werden sollen. Es handelt sich um einen Fonds, der ursprünglich mit spanischen und saudi-arabischen Geldern gegründet worden war. Genaueres ist nicht bekannt.

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Die Justiz in Spanien und in der Schweiz untersucht seit Monaten die Zahlung von 100 Millionen Dollar vom saudischen Königshaus an Juan Carlos 2010, ein Jahr nachdem der Bachmann Trust geschlossen wurde. Die Staatsanwälte gehen dem Verdacht nach, dass dieses Geld in Zusammenhang mit der Vergabe einer Hochgeschwindigkeitszuglinie an ein spanisches Konsortium geflossen sei. Larsens Anwälte beteuerten, die Unterlagen in den Pandora Papers seien falsch.

Das spanische Finanzamt kündigte unmittelbar nach der Veröffentlichung der ersten Enthüllungen an, dass man allen mutmaßlichen Strafbeständen nachgehen werde. So war man auch mit den Fällen aus den Panama Papers verfahren – und konnte 140 Millionen Euro für den Fiskus zurückholen. Damals wurde gegen 244 Steuerzahler Verfahren eröffnet. Diesmal könnten es viel mehr sein.