Für einen solchen Slogan würden die Hoteliers und die balearische Tourismusagentur ATB heute vermutlich viel Geld hinblättern: „Wenn du das Paradies ertragen kannst, dann komm nach Mallorca Mit diesem Satz soll die US-Schriftstellerin Gertrude Stein ihrem britischen Kollegen Robert Graves die Insel empfohlen haben. Heute ist der vielfach abgewandelte Spruch ein Klassiker, ein Klischee, ein fast obligatorisches Zitat für jeden Reiseführer oder Blogeintrag über Mallorca. Die perfekte Mischung zwischen heimeligen Weltschmerz und dem Versprechen von Erlösung.

Doch obwohl es ein so berühmtes Zitat ist, gibt es wenige gesicherte Informationen darüber, ob es stimmt oder woher es stammt. Eine Bloggerin, Karin van Essen, hat sich für ihren vivamallorca-blog.de unlängst einmal die Mühe gemacht, bei Verlagen und Rundfunksendern in Deutschland nachzufragen, woher das von ihnen wiedergegebene Zitat denn stamme. Keiner konnte ihr eine gesicherte Quelle nennen.

Ein Besuch in Frankreich

Dass Gertrude Stein tatsächlich diejenige war, die Graves auf die Idee brachte, nach Mallorca zu ziehen, ist immerhin unstrittig. Der wegen seiner deutschen Mutter auch Robert von Ranke-Graves genannte Autor von „Ich, Claudius" bestätigte dies 1969 in einem Interview mit dem Magazin „Paris Review".

Allerdings ging er bei dieser Gelegenheit nicht auf die näheren Umstände ein. Hinweise über Zeitpunkt und Ort, an dem die berühmten Worte ausgesprochen sein könnten, liefert vor allem der Graves-Freund Martin Seymour-Smith. Er veröffentlichte 1982 die Biografie „Robert Graves. His Life and Work", an der der Schriftsteller und seine zweite Frau Beryl mitgearbeitet hatten.

Darin heißt es, Graves und seine damalige Geliebte, die Dichterin Laura Riding, hätten Gertrude Stein und deren Frau Alice B. Toklas im Oktober 1929 in deren Haus in Aix-les-Bains im Osten Frankreichs besucht. Die beiden Frauen, die zu jener Zeit in Paris berühmte Künstler um sich scharten, waren 1914 nach Mallorca gereist, um den US-Maler William Cook zu besuchen. Sie bezogen eine Wohnung in Palmas Stadtteil El Terreno und blieben sechs Monate. Im Jahr 1916 sollen sie noch ein zweites Mal auf Mallorca gewesen sein.

Typisch Gertrude

Welche Worte aber benutzte Stein 1929 genau, um die Insel zu empfehlen? Ohne Tonaufnahme oder schriftliche Aufzeichnung hängt das davon ab, wie Robert Graves sich an das Gesagte erinnerte. Die erste Erwähnung des Gesprächs mit Gertrude Stein findet sich in einem Artikel von Graves namens „Why Majorca", der 1953 erschien und 1965 in den Sammelband „Majorca Observed" (deutscher Titel: „Warum ich auf Mallorca lebe") aufgenommen wurde. Dort heißt es: „Gertrude, who always talked sense, assured me that the Majorcans were a cheerful, clean and friendly people, culturally Southern French and agriculturally still in the 18th century. She added that there would be no catch at all - if I liked Paradise, Majorca was Paradise. But she preferred herself to spend most of her year in Paris."

In der deutschen Übersetzung von Irene Spahni wird die Szene so beschrieben: „Gertrude, vernünftig wie immer, versicherte mir, dass die Mallorquiner fröhlich, sauber und liebenswürdig seien, in kultureller Hinsicht dem Süden Frankreichs nahe stünden und in landwirtschaftlicher noch im achtzehnten Jahrhundert verankert seien. Sie fügte hinzu, dass kein Haken dabei sei: wenn ich das Paradies wolle, sei Mallorca das Paradies. Sie selbst aber zöge es vor, den größten Teil des Jahres in Paris zu verbringen."

Repitition als Beweis?

In der knapp 30 Jahre später erschienenen und von Graves autorisierten Biografie von Martin Seymour-Smith aber veränderte sich dieser Satz oder die Erinnerung an ihn: „It's paradise if you can stand it, she answered, half-jokingly, with a sidelong look at Laura." Demnach habe Stein, mit einem Seitenblick auf Laura Riding, gesagt: „Es ist ein Paradies, wenn du es ertragen kannst."

Die Übersetzerin Nicole d'Amonville, die Graves persönlich kennenlernte und ein langes Gedicht von Laura Riding ins Spanische übertragen hat, hält die Version aus dem Jahr 1953 dennoch für zutreffender: „Ich halte diesen Satz für glaubwürdiger und näher an dem Stil von Gertrude Stein. Es ist bekannt, dass Stein die Repetition mochte, etwa beim Gedicht 'Sacred Emily', in dem es heißt: 'Rose is a rose is a rose is a rose'."

Ein anderer Satz macht stutzig

William Graves, der den Nachlass seines Vaters in Deià verwaltet, zieht hingegen die von Seymour-Smith kolportierte Version vor. Allerdings ist er der Meinung, dass mit „if you can stand it" weniger eine emotionales Ertragen gemeint ist, sondern die Frage, ob man in der Lage ist, in einem Paradies zu arbeiten. In diese Richtung weist auch eine Abwandlung des Zitats, die hier und da auftaucht: „Majorca is a paradise, providing you can stick it" - Mallorca ist ein Paradies, vorausgesetzt du hältst durch.

Was Gertrude Stein genau gesagt hat, lässt sich nicht mehr herausfinden -„Wenn du das Paradies ertragen kannst, dann komm nach Mallorca!", dürfte es wohl nicht sein. In dem Artikel von Robert Graves aus dem Jahr 1953 stolpert man noch über einen anderen Satz: „Also zog ich dahin, und es zeigte sich, dass Gertrude recht hatte: es war kein Haken dabei, außer für jene, die ihre eigene Hölle mitbrachten." Ist das ein Bezug auf Gertrude Stein, die es vorzog, in Paris zu leben? Dieser Ansicht ist zumindest die Übersetzerin Nicole d'Amonville. Oder ein Seitenhieb auf Laura Riding, von der sich Graves zu dem Zeitpunkt schon getrennt hatte? Oder etwa ein Hinweis, dass Gertrude Stein vielleicht doch etwas über das Ertragen des Paradieses gesagt haben könnte?