Es hat etwas von diesen TV-Sendungen, bei denen die Keller auf der Suche nach Schätzen entrümpelt werden. „Wir haben den Lockdown im vergangenen Jahr genutzt, um unser Archiv zu durchstöbern", sagt Eduardo Gamero, Präsident von Mallorcas Fremdenverkehrsverband Fomento del Turismo. „Wir wussten, dass sich dort einige Antiquitäten finden lassen." Zwischen alten Heizgeräten standen in dem staubigen Archivraum zahlreiche Kartons herum. Der Inhalt: alte Werbeplakate, die Anfang und Mitte des 20. Jahrhunderts die Urlauber auf die Insel locken sollten.

„Als mein Mann und ich das gesehen haben, sind uns fast die Tränen gekommen", sagt Meg Gage Williams vom Posterfachgeschäft Stick No Bills. „Das ist wie ein Kunst­archiv." Die schon zuvor auf Vintage-Poster spezialisierte Engländerin will die alten Plakate nun wieder aufleben lassen.

Zu Pandemiezeiten müsse man neue Wege gehen, meint Toni Gomez, der beim Fomento del Turismo für das Archiv verantwortlich ist. „Wir haben 600 Mitglieder. Es werden immer weniger. Die Alten sterben, die Jungen kennen uns kaum. Wir haben alle unsere Inhalte und Informationen immer verschenkt. Nun müssen wir uns nach neuen Einnahmequellen umsehen." Also hat der Verband die Rechte an den alten Reiseplakaten an das britische Geschäft mit Hauptsitz in Palma abgetreten. Mit jedem verkauften Poster klingelt nun auch beim Fomento die Kasse.

Sechs unterschiedliche Motive hat Stick No Bills bislang aufgearbeitet und auf den Markt gebracht. Die Plakate fotografierte Williams Mann Philip James ab und besserte sie am Computer aufwendig nach.

„Das symbolträchtigste Poster ist ,Luna de Miel'", sagt Williams. „1949 hat der Verband damit auf dem spanischen Festland für Flitterwochen auf Mallorca geworben. Später hingen die Plakate auch in England und Frankreich." Das Motiv zeigt ein Turteltaubenpaar, das mit gepackten Koffern auf einem Mandelblütenzweig am Strand ankommt. Im Nest glänzen quasi als Eier bekannte Inselsehenswürdigkeiten wie die Kathedrale, das Castell Bellver oder die Höhlen von Artà.

In einer Sonderanfertigung verfasste einst der Chefgraveur des spanischen Königshauses für den Fremdenverkehrsverband den goldenen Schriftzug „Mallorca". Die Nachbildung davon in der Größe 1x1,5 Meter kostet 10.000 Euro. Auch das Poster mit einem gewöhnlichen Schriftzug ist mit knapp 1.000 Euro kein Schnäppchen. „Die Nachfrage ist zweifelsohne da. Weltweit gibt es so viele Mallorca-Fans", sagt Williams. Wer die Brieftasche nicht ganz so locker sitzen hat, kann die sechs Motive auch in Postkartengröße für 14,95 Euro erwerben. Die Artikel gibt es in der Galerie Stick No Bills in Palma, im Rialto Living, im Natura-Shop am Flughafen oder auch im Onlineshop.

sticknobillsonline.com