Es ist still an der kleinen Halbinsel Sa Ferradura. Einmal abgesehen von den Wellen, die stetig an die kargen Felsen klatschen. Bei Sturm tosen sie hier wohl umso mehr. Und es ist heiß. Kein schattenspendender Baum weit und breit. Wenn man von der Küste aus auf die steinige Ausdehnung blickt und innehält, kann man es sich mit ein wenig Fantasie tatsächlich vorstellen: Menschen, die hier, an diesem der Witterung schutzlos ausgesetzten Ort, vor vielen Tausend Jahren Zuflucht vor Gefahren suchten, die im Inselinnern lauerten. Archäologen gehen davon aus, dass Sa Ferradura die älteste Festung von Mallorca ist. Ein Ausflug hierhin lohnt sich aber auch für jene, die mit der frühgeschichtlichen Vergangenheit der Insel nichts anfangen können.

Lang ist der Fußmarsch durch hüfthohes Buschwerk nicht. Maximal 15 Gehminuten sind es vom Ende der Avinguda de Cala Petita in Porto Cristo aus. Dort beginnt der Pfad, der sich mehrmals gabelt, und alle, die sich in östlicher Richtung in Küstennähe halten, zur alten Ausgrabungsstätte führt. Die Forscher sind hier erstmals im Jahr 2011 angerückt. Seitdem kehrt ein festes Team aus drei Archäologen und zwei Restauratoren fast jährlich für einige Wochen zurück, um dem felsigen Stück Land auf den Grund zu gehen. Immer dann, wenn die Forschungsgelder es erlauben.

„Sa Ferradura ist für uns besonders interessant", berichtet Magdalena Salas, die das Geschichtsmuseum in Manacor leitet. Die alte Festung erzähle viel über den Übergang der späten Bronzezeit, die auf Mallorca und Menorca als Epoche der navetas (großer, kastenförmiger Grabstätten) bekannt ist, zur talaiotischen Epoche, in der die Menschen mit der Zeit auch ihre Werkzeuge verfeinerten. „Wir waren bisher immer davon ausgegangen, dass die Menschen in der Naveta-Epoche friedliche Völkchen waren, die kaum Konflikten ausgesetzt waren", so Salas. Doch die Reste der Bauten auf Sa Ferradura, die etwa 1000 bis 900 Jahre vor Christus errichtet wurden, sprechen eine kriegerische Sprache.

Wer sich über den unwegigen und ansteigenden Zugang zur Halbinsel wagt, merkt gleich, dass er als Ankömmling strategisch im Nachteil ist. Die Überreste des Zyklopenmauerwerks von damals - einer Art Bruchsteinmauerwerk - verstärken diesen Eindruck. Aufgrund der Halbinsellage gibt es nur einen kleinen Zugang zum Steinplateau, und Angreifern dürfte es fast unmöglich gewesen sein, hierhin zu gelangen, wenn die Verteidiger von oben das nicht wollten. „Zumal die Mauerführung die Eindringlinge dazu zwang, sich seitlich zu nähern. All das zeigt, dass die Menschen damals schon viel Arbeit in die Abwehr steckten."

Dass es sich nicht um ein dauerhaftes Refugium für Schutzsuchende handelte, ist wahrscheinlich. Erstens, weil keine größeren Wasserspeicher ausfindig gemacht werden konnten. Und zweitens, weil die Archäologen in den vergangenen Jahren insgesamt 13 steinerne Feuerstellen auf dem Plateau ausgemacht haben - unter normalen Umständen viel zu viele für die kleine Fläche. „Vermutlich drängten sich bis zu 50 Menschen hier bei Angriffen zusammen, um sich danach wieder an der Küste unmittelbar vor dem Zugang zur Halbinsel niederzulassen." Auch dort sind Mauerreste zu erkennen.

Im kommenden Jahr wollen sich die Forscher mit dem Bereich außerhalb der Festung genauer befassen. „Die Halbinsel und der Zugang sind jetzt komplett erforscht", so Salas. Auch bei den diesjährigen Ausgrabungen im Mai sei man fündig geworden: Eine weitere Feuerstelle und zwei kleine Gefäße, etwa so klein wie Schnapsgläser, habe man sichergestellt. „Mittlerweile ist die Labortechnik so weit, dass nachgewiesen werden kann, welche Art von Flüssigkeit darin aufbewahrt wurde." Die Ergebnisse stehen noch aus.

Dass die Bemühungen um die Erforschung der Vergangenheit bei Porto Cristo kontinuierlich voranschreiten, ist nicht zuletzt einer Kooperation der Stadtverwaltung Manacor mit dem örtlichen Museum und dem menorquinischen Ort Ciutadella zu verdanken. „Entre Illes" nennt sich das Projekt, bei dem Forscher beider Inseln gemeinsam auf die Suche gehen. An verschiedenen Orten wird gegraben, verglichen und geschlussfolgert.

Wer sich eingehender mit den geschichtsträchtigen Überresten der Festung beschäftigen will, tut gut daran, zuvor im Museu d'Història de Manacor vorbeizufahren. Hier gibt es Info-Material zu dem prähistorischen Fundort, das gerade Laien-Augen hilft, die leicht zu übersehenden Details der Gebäudestruktur klar zu erkennen. Viele davon sind mittlerweile bis auf ihr Fundament auseinandergefallen und nur noch zu erahnen.

Unbestreitbar ist, dass der Ort eine besondere Kraft ausstrahlt. Und sich hervorragend dafür eignet, ein Stück von Mallorcas Ostküste ohne Boot praktisch aus der Meeresperspektive zu betrachten. Apropos: Auch die beliebte Cala Petita liegt in unmittlebarer Nähe zu der alten Festung. Sie ist von Sa Ferradura aus in nur fünf Minuten zu erreichen, indem man den Trampelpfad weiter nach Nordosten folgt. Ob sich an dem idyllischen Strand auch die prähistorischen Bewohner Mallorcas schon vergnügt haben? Möglich. Doch vermutlich hatten sie ganz andere Sorgen: Angreifer abzuwehren, zum Beispiel.