Eine Apotheke, eine Boutique, zwei kleine Supermärkte, zwei Restaurants und zwei Bars. Dazu kommen drei große Hotelkomplexe und ein paar Ferienapartments. Sonst gibt es kaum etwas in Cala Mesquida. Und im Winter ist all das geschlossen. „Von November bis Ostern sind wir vielleicht ein Dutzend Familien. Jeder kennt jeden“, berichtet Gabriela Zorrilla. Sie arbeitet in einem der beiden Supermärkte und wohnt in einem der wenigen Mehrfamilienhäuser. Corona habe das Ganze auf die Spitze getrieben. „Es war gespenstisch, gleichzeitig aber auch schön. Man konnte praktisch ohne Maske rausgehen, weil man eh niemandem begegnete.“

Viva-Hoteldirektor Mateu Llovera im kinderfreundlichen Außenbereich.

Jetzt ist der Spuk vorbei: Auch in der entlegenen Urbanisation der Gemeinde Capdepera zieht die Normalität langsam wieder ein – den Eindruck bekommt man zumindest beim MZ-Besuch am Donnerstag (24.6.). Der Strand ist gut besucht, die Parkplätze werden schon vor der Mittagszeit knapp. Doch noch ist längst nicht alles beim Alten.

Spielmöglichkeiten gibt es in Cala Mesquida zuhauf.

„Ganz früher“, erinnert sich Aina Bell, „war hier nur ein Campingplatz, den vor allem Briten besucht haben, und sonst nichts. In den 1960ern entstand dann das Hotel Pontinental, etwas später ein Bungalowpark.“ Bell arbeitet seit Jahrzehnten im Viva Resort&Spa, einem der drei großen Häuser. Sie wohnt zwar in Capdepera, kennt Cala Mesquida aber von klein auf. „Der große Wandel kam 1999, als das Pontinental abgerissen wurde und Viva zwei neue Hotels baute.“ Das Resort&Spa ist mit seinen 304 Betten ganz auf Familien ausgerichtet und umfasst die gesamte Nordostspitze des Ortes. Von hier ist der Blick auf den unterhalb gelegenen Strand und die Natur im Hintergrund spektakulär.

Überhaupt hat Viva Cala Mesquida weitgehend in der Hand. Auch der Supermarkt, in dem Zorrilla arbeitet, das italienische Restaurant La Terraza, das Strandlokal und die Adults-only-Suites an der Ortseinfahrt gehören dem Konzern. „Mit uns kamen dann auch immer mehr deutsche Urlauber“, so Hoteldirektor Mateu Llovera. Derzeit ein Glück: Das Ausbleiben der Briten, die bis vor Kurzem wegen Corona nur schwer verreisen könnten, berührt Cala Mesquida nur am Rande. Und doch: Die Auslastung liege derzeit nur bei etwa 50 Prozent. „Und da müssen wir schon froh sein nach dem Desaster im letzten Jahr.“

Im Sommer bringt Llovera einen Großteil der 220 Mitarbeiter in Apartments direkt gegenüber unter, die im Winter leer stehen. „Viele kommen vom Festland, die Ortsbevölkerung reicht ja gar nicht aus.“ Konkurrent Zafiro, der direkt nebenan ebenfalls ein Familienhotel mit 437 Betten betreibt und mit dem man einen freundschaftlichen Umgang pflegt, handhabt es ähnlich. Wenn der Sommer vorbei ist – oder die Saison wie 2020 wegen Corona schon Anfang September beendet werden muss –, kehrt in Cala Mesquida Ruhe ein.

„Man muss es mögen, aber das tun wir“, sagt Harald Brill. Gemeinsam mit seiner Frau Anita eröffnete der Fleischermeister vor 23 Jahren eine Landmetzgerei in einer der wenigen Seitenstraßen. Anderswo hatte das Ehepaar keine Genehmigung für ihre 140 Quadratmeter große Produktionsstätte gefunden, die direkt an den kleinen Laden anschließt. Abgelegener geht es kaum, aber auf Laufkundschaft waren die Brills auch nie aus. „In normalen Zeiten kommen die Kunden zu uns. Sogar aus Peguera und im Winter. Wir bieten deutsche Qualitätswurstware, und dafür nehmen sie den Weg auf sich.“ Nicht dass es die Brills sonderlich gestört hätte, ans gefühlte Ende der Welt zu ziehen. „Wir sind Landeier, und ich muss sagen, dass ich es sogar etwas schade finde, dass der Ort mit den Jahren doch etwas gewachsen ist.“

Es war am 11. November 2001, als Brill nach einem Orkan aus seinem Haus trat, und der Wald oberhalb des Orts einfach verschwunden war. „Dann fingen die Leute an, dort Ferienhäuser zu bauen, und der Trend geht weiter. Rund um die Via Silvana sind immer noch einige Baugrundstücke zu haben.“ Der Deutsche schätzt die Zahl derer, die auch im Winter im Ort wohnen, auf etwa 90 – gut zwei Drittel mehr als vor 20 Jahren. „Einmal im Jahr treffen wir uns alle zur Anwohnerversammlung in der Bar Willies. Es gibt schon einen gewissen Zusammenhalt.“

Doch jetzt ist Sommer, wenn auch kein typischer, und die Touristen bestimmen wieder das Bild. Henrik Kurzmann und seine Frau Melanie sind mit den zwei Kindern aus Cala Millor zum Tagestrip angereist. „Der Strand ist Wahnsinn. Aber die Parksituation katastrophal“, findet er. Immerhin gibt es im Supermarkt eine kühle Erfrischung. „Ich bin zuversichtlich. Es geht wieder bergauf“, sagt Zorrilla nach dem Abkassieren. In Cala Mesquida lässt man sich eben auch von einer Pandemie nicht so schnell aus der Ruhe bringen.