Ganz schön nervös war Felice, als ihr Flieger vor vier Wochen auf Mallorca landete. Doch die Anspannung löste sich, als ihr in der Ankunftshalle des Flughafens fünf Kinder entgegenrannten und sie zur Begrüßung in die Arme schlossen. Die 18-Jährige ist für ein Jahr nach Palma gekommen, um als Au-pair in einer Gastfamilie zu arbeiten.

Felice lernte ihre Gastfamilie über die Internetseite aupairworld.com kennen und fand die Familie direkt sympathisch. Eigentlich wollte sie nach der Schule Australien bereisen, doch die Pandemie verhinderte das. „Mallorca hat mich zuvor nicht so gelockt, ich habe dann immer an den Ballermann denken müssen“, erzählt Felice. „Aber die Insel hat so viel mehr zu bieten.“ In ihrer Familie ist die Deutsche bereits das sechste Au-pair. „Ich habe mit zwei ehemaligen Au-pairs der Familie telefoniert, und sie haben so positiv von ihr erzählt, dass ich mich auf fünf Kinder eingelassen habe“, erzählt Felice.

Ihre Freundin Michaela arbeitet ebenfalls als Au-pair in Palma. Sie passt seit zwei Monaten auf ein Baby auf, das mittlerweile zehn Monate alt ist. „Ich habe nach der Schule eine Ausbildung zur Kinderpflegerin gemacht und komme deswegen echt gut mit dem Baby klar“, berichtet Michaela. Um eine Gastfamilie zu finden, habe sie sich zuerst wie Felice auf einer Internetseite für Au-pairs angemeldet. Später entschied sich die 18-Jährige dann letztendlich doch dafür, mithilfe einer Agentur ihren Auslandsaufenthalt zu planen. „Mir war die Sicherheit, die eine Agentur bietet, wichtig“, erklärt Michaela.

Großbritannien ist out

Lorena Martínez war selbst einmal Gastmutter, bevor sie die Agentur Au Pair Mallorca gründete. Mit ihr vermittelt sie mallorquinische Anwärterinnen ins Ausland sowie internationale Au-pairs an Gastfamilien auf Mallorca. Martínez arbeitet dabei mit Agenturen in mehr als 60 verschiedenen Ländern weltweit zusammen, wie sie sagt. Die mallorquinischen Au-pairs habe es vor dem Brexit am häufigsten nach Großbritannien gezogen. Mittlerweile seien vor allem Deutschland, die USA und China beliebt. Die Gastfamilien auf Mallorca wiederum sind meist spanisch. „Die internationalen Familien sind nicht so beliebt“, sagt Martínez. „Schließlich wollen die Au-pairs ja Spanisch lernen.“

Der Begriff "Au Pair" kommt aus dem Französischen und bedeutet so viel wie „gleichgestellt“: Das Au-pair ist kein Hausmädchen, sondern soll behandelt werden wie eine große Tochter oder ein großer Sohn, die oder der bei der Kinderbetreuung hilft. Das Au-pair lebt mit der Gastfamilie zusammen und passt zwischen 25 und 35 Stunden pro Woche auf die Kinder auf. Im Gegenzug werden Unterkunft, Verpflegung, Taschengeld und Freizeit gestellt. „Für Au-pairs auf Mallorca gibt es zwei Saisonzeiten“, erklärt Martínez: Normalerweise suchten die Gastfamilien im Mai und Juni oder im August und September nach jemanden, der einen Teil der Kinderbetreuung übernehmen kann.

Michaela mit Palma im Hintergrund Privat

„Ich überprüfe jede Gastfamilie auf Unterkunft, Verhältnis zu den Kindern und Charakter“, sagt die Geschäftsführerin. Anschließend trifft Martínez eine Auswahl von möglichen Familien und schickt deren Profile an die angehenden Au-pairs. Wenn diesen eine Familie zusagt, können sie Kontakt aufnehmen und sich in einem Videogespräch via Skype kennenlernen. „Die Au-pairs, die dann auf die Insel kommen, erhalten eine Willkommensmail von uns mit Infos über Cafés, Spanischkurse und Sehenswürdigkeiten“, so die Spanierin. „Ich frage auch immer nach dem Wohlbefinden der Au-pairs. Ich bin für sie immer erreichbar, falls mal etwas passiert. 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche.“ Wenn sich ein Au-pair in der Gastfamilie unwohl fühle, versuche sie zu helfen. „Ich suche dann das Gespräch mit den Gasteltern und vermittle“, erklärt sie. Die häufigsten Probleme entstünden ohnehin aus Mangel an Kommunikation. Ungefähr zehn Prozent der Au-pairs, die Martinez vermittelt, wechseln letztendlich die Familie. Doch wenn es zwischen Gastfamilie und Au-pair funkt, kann der Auslandsaufenthalt in vollen Zügen genossen werden.

„Ich habe bereits viele neue Dinge über die spanische Kultur erfahren und mich persönlich weiterentwickelt“, berichtet Michaela. Ebenso positive Erfahrungen hat Felice gemacht. „Als Au-pair lerne ich, Verantwortung nicht nur für mich, sondern auch für andere zu übernehmen“, stellt die Deutsche fest. „Und außerdem helfen mir die Kinder, Spanisch zu lernen.“ Der internationale Austausch sei wichtig, damit junge Leute persönlich wachsen können, so Martínez. „Die Au-pairs sind dann besser vorbereitet für die Zukunft, weil sie eine andere Kultur, Sprache und Gesellschaft kennenlernen konnten.“

Die kulturellen Unterschiede sind denn auch Felice und Michaela nicht entgangen. „Die Leute hier sind viel offener und geselliger“, meint Felice. „Ich werde auf der Straße häufig angesprochen, wenn Leute Fragen zu dem Baby haben oder es sich angucken möchten“, erzählt Michaela.

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Gefragt sind Offenheit und Flexibilität

Ein Au-pair sollte zwischen 18 und 30 Jahre alt sein sowie kinderlos und unverheiratet. Zudem sind Offenheit und Flexibilität gefragt. Vorerfahrungen beim Umgang mit Kindern gelten als Grundvoraussetzung, genauso wie ein polizeiliches Führungszeugnis ohne Einträge. Grundlegende Englischkenntnisse müssen vorhanden sein. Spanischkenntnisse sind auf Mallorca zwar gern gesehen, aber nicht zwingend. Außerdem ist der Besitz eines Führerscheins von Vorteil.