Der Journalistenpreis der Mallorca Zeitung geht in seiner dritten Ausgabe an zwei sogenannte long reads, längere Artikel, die das Potenzial klassischer Zeitungsberichterstattung verdeutlichen. Ausgezeichnet werden Marten Rolff für seinen in der „Süddeutschen Zeitung“ veröffentlichten Essay „Das Blaue vom Himmel“ sowie Kurt de Swaaf für seinen in der „Neuen Zürcher Zeitung“ erschienenen Artikel „Seegras ist lästig, aber unentbehrlich“.

Der 2018 erstmals verliehene Journalistenpreis zeichnet herausragende Berichterstattung über die Insel im deutschsprachigen Raum aus. Ausgerufen war der von der Fundació Mallorca Turisme (Inselrat Mallorca) unterstützte Preis auch in der Kategorie Radio/ TV/Online. Die Jury gab jedoch den beiden Print-Artikeln den Vorzug. Von Lesern, Zuschauern, Hörern, Nutzern und Autoren waren knapp 40 Beiträge nominiert worden.

„Natürlich gab es auch in den audiovisuellen Medien in den Pandemie-Monaten viele gute Beiträge über die Lage auf der Insel“, so MZ-Chefredakteur Ciro Krauthausen. „Die uns vorliegenden Beispiele folgten jedoch fast ausnahmslos und zum Teil mit denselben Gesprächspartnern dem gleichen Muster: Das bedeutet Corona für den Tourismus auf der Insel; das sind die sozialen Folgen für die Bewohner; so versucht Mallorca umzudenken. Für einen Journalistenpreis war uns das zu wenig.“ Zu der Jury gehörten auch der ehemalige stellvertretende Chefredakteur der „Zeit“ Werner A. Perger, die freie Journalistin Brigitte Kramer sowie MZ-Vize Frank Feldmeier.

Ein fast unergründliches Phänomen

Einen ganz anderen Weg als das Durchdeklinieren der Corona-Krise wählte denn auch Marten Rolff für seinen am 30. April 2021 in der Wochenendausgabe der SZ erschienenen Essay über die deutsche Sehnsucht nach Mallorca. Kurz zuvor hatten sich etwa 40.000 Urlauber über die Warnungen der Bundesregierung hinweggesetzt und waren zum Osterurlaub auf der Insel aufgebrochen. Rolff nimmt das zum Anlass, dieser auch eigenen Insel-Leidenschaft nachzuspüren und sie von ganz verschiedenen Seiten zu betrachten – inklusive der Realität, in der sie zum Ausdruck kommt, und der vielen mit ihr einhergehenden Widersprüche.

Ihm gelingt so ein stilistisch brillanter, auch streitbarer Text, der damit spielt, dass diese deutsche Sehnsucht nach Mallorca letztlich nicht erschöpfend erklärt werden kann. Womöglich ist diese Unerklärbarkeit – so die Pointe – ja auch das wahre Erfolgsgeheimnis der Insel (hier geht es zur Online-Fassung des Artikels).

Die Gewinner des Journalistenpreises der Mallorca Zeitung 2021: Marten Rolff (li.) und Kurt de Swaaf. Schellnegger / Privat

Eines der ältesten Organismen der Welt

Nicht frei assoziierend, sondern penibel dokumentierend und im Austausch mit Experten auf Mallorca geht der freie Journalist und studierte Meeresbiologe Kurt de Swaaf an sein Thema heran: die Seegraswiesen im Meer vor Mallorca. Auf einer bereits im August 2020 erschienenen Doppelseite in der „Neuen Zürcher Zeitung“ beschreibt er präzise und verständlich, wie die Posidonia hocheffizient CO2 abbaut, warum einzelne Abschnitte womöglich die ältesten Organismen der Erde darstellen und wie es um die Überlebenschancen dieses „verkannten Ökosystems“ in der fortschreitenden Klimakrise steht (hier geht es zur Online-Fassung des Artikels).

Wenn auch etwas unglücklich getitelt – wer einmal verstanden hat, worum es geht, empfindet Seegras nicht mehr als „lästig“ – ist dieser Text bester Wissenschaftsjournalismus. So gut hatte zumindest auf Deutsch kaum wer die für das Mittelmeer und uns alle so wichtigen Seegraswiesen erklärt.

Seit Jahren mit der Insel vertraut

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Für beide Autoren waren es nicht die ersten Artikel über Mallorca: Der in Rotterdam geborene und seit Langem in Heidelberg lebende Kurt de Swaaf hatte zuvor unter anderem schon über Tintenfische und Pottwale vor der Insel berichtet, der Hamburger Marten Rolff – bei der „Süddeutschen Zeitung“ mit für die Restaurantseiten zuständig – etwa über Lammkeulen im Restaurant Es Verger und Feigenanbau. Beide kommen seit Jahren auf die Insel, beide haben Familie hier. Auch das dürfte ihnen erleichtert haben, der Vielschichtigkeit Mallorcas in ihren Beiträgen gerecht zu werden.

Wie schon 2019 – vergangenes Jahr musste die Auszeichnung coronabedingt aussetzen – erfolgt die Preisvergabe an diesem Donnerstag (9.12.) im Rahmen eines Abendessens im Verlagshaus der Mallorca Zeitung. Den Preis gestaltete erneut der Keramikkünstler Miquel Segura aus Santa Eugènia. Einen Nachdruck beider Artikel finden Sie in unserer Print-Ausgabe sowie im E-Paper.