Tomeu Adrover schnalzt mit der Zunge und Blau, der 15-jährige Zuchthengst, trottet los, den alten Pflug im Schlepptau. Immer wieder muss Adrover das Pferd in der Spur halten, schon nach wenigen Minuten kommt er ins Schwitzen. „Die Tiere sind bereit für diese Art von Arbeit, wir Menschen nicht mehr“, sagt Juan Solivellas. Er steht grinsend am Rande des kleinen Ackers und schaut dem Freund zu. Es war seine Idee, den alten Eisenpflug wieder zum Einsatz zu bringen, der mindestens 100 Jahre auf dem Buckel hat. Es ist sein Grundstück, auf dem die traditionelle mallorquinische Arbeitsmethode nun wieder auflebt. Und seine Vision ist es auch, daraus eine Touristenattraktion zu machen.

Solivellas stammt aus einer urmallorquinischen Familie, ebenso wie seine Frau Juana Maria Nadal. Ein Faible für die Landwirtschaft mögen sie in den Genen haben, praktische Erfahrung aber hatten sie damit lange kaum. „Mein Urgroßvater baute dieses Haus“, sagt Solivellas und zeigt auf das ansprechende Wohngebäude wenige Hundert Meter von dem Acker entfernt, auf dem Blau noch immer seine Pflugbahnen zieht. Es wirkt gepflegt, hat jedoch seinen Preis. Die Instandhaltung ist teuer, auch die 20 Hektar Land wollen in Schuss gehalten werden. „Das Einfachste wäre, es touristisch zu vermieten und damit Reibach zu machen“, sagt Juan Solivellas. Doch genau das will er nicht. „Ich möchte, dass meine Töchter weiter hier wohnen können und dass die alte Landwirtschaft hier wieder auflebt.“

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Landwirtschaft wie anno dazumal: Neue Erlebnis-Finca auf Mallorca geplant Nele Bendgens

Natürlich waren seine Ahnen, die einst hier auf dem Anwesen Son Mora Guixa bei Porreres lebten, Landwirte. Seine Eltern hatten sich auf die Tafeltraubenzucht spezialisiert. Zwei verhagelte Jahre in Folge machten ihnen den finanziellen Garaus. „Sie gaben die Landwirtschaft auf, meine Mutter begann als Zimmermädchen in Hotels zu putzen“, erinnert sich Solivellas. Er selbst war damals fünf. Heute, mit über 40, geht er schon lange einer Arbeit nach, die nichts mit der Landwirtschaft zu tun hat, doch in seiner Freizeit kreisen seine Gedanken um sie. Seit 20 Jahren sammelt er landwirtschaftliche Maschinen. „Einfach nur so, weil sie mir gefallen“, sagt er und gewährt Einblick in einen Schuppen, der voll ist mit Gerätschaften, die aus der Zeit stammen, als noch keine Traktoren die Arbeit erledigten.

Verein für Pferdepflug

2016 reifte die Idee in ihm, die Vergangenheit im großen Stil wieder aufleben zu lassen. Er sprach mit alten Mallorquinern, die sich noch erinnerten, wie es vor dem Einzug der Trecker um 1940 auf den Feldern der Insel zuging. 2018 belegte er einen Kurs, und sein Konzept wurde ausgefeilter. Er baute ein Netzwerk auf, gründete die Vereinigung „Asociación Tracción Animal Agraria“, fand Gleichgesinnte wie den Pferdeliebhaber Tomeu Adrover, der ebenfalls von herkömmlichen Ackermethoden begeistert ist und seinen Blau bereitwillig als Zuchthengst zur Verfügung stellt.

Tomeu Adrover und Juan Solivellas Nele Bendgens

„Längst nicht alle Pferde taugen zur Ackerarbeit, sie müssen langsam sein und gehorchen“, berichtet Adrover und klopft sich die erdverschmierten Hände ab. Mittlerweile wächst auf Son Mora Guixa bereits eine Reihe von fähigen Nachkömmlingen heran, die zu den Protagonisten von Solivellas Finca-Erlebnishof werden sollen.

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„Was noch fehlt, sind gute Werkzeuge“, so Solivellas. Er will zwar auf alte Traditionen aufbauen, ihnen aber nicht vollkommen verfallen. „Viele Objekte aus meiner Maschinensammlung sind einfach nicht praktisch. In Spanien wurden nicht motorisierte Pflug- und Sämaschinen nicht mehr weiterentwickelt, seit die Traktoren Einzug erhielten, in Deutschland und Frankreich dagegen schon. Dort will ich einkaufen.“

In anderthalb, spätestens zwei Jahren will er all seine Äcker mit Pferdestärken bestellen und sein Grundstück dauerhaft für Besucher – Schulen, Urlauber, andere Landwirte – öffnen, damit sie sehen können, wie es früher zuging Im Eingangsbereich hat er bereits einen Spielplatz errichtet, ein Essensraum ist in Bau, Picknicktische in Planung, Pferde zum Ponyreiten stehen in den Ställen. „Ich will nicht reich werden, aber unser Erbe bewahren“, sagt er.