Es ist ein kleines Stück Paradies, das sich Susann und Winni Buchholz in Alaró geschaffen haben. Obwohl: Die idyllische Natur und der Blick auf die Berge waren natürlich schon da, als sie im November 2019 das Haus am Ortsrand kauften. Eigentlich fehlten zu ihrem Glück – neben einigen Renovierungsarbeiten – nur noch die Orangen. „Für mich sind sie das Symbol für Mallorca“, sagt Susann Buchholz. Als hätte er es geahnt, stand plötzlich, einige Monate nach dem Einzug der Deutschen, Toni García-Delgado am Tor. Mit seinen wachen blauen Augen und dem langen weißen Bart – und einem ganzen Sack voller Zitrusfrüchte in der Hand, aus seinem eigenen Garten, direkt nebenan. Eine Willkommensgeste statt einer Rüge über den anhaltenden Baulärm.

Winni und Susann Buchholz sind wohl nicht die typischen Mallorca-Deutschen, die ihren Ruhestand auf der Insel verleben, nachdem sie 2019 ihre Firma für Eventmöbel verkauften. Und Toni García-Delgado ist auch nicht der typische Mallorquiner – obwohl er nach der Lektüre des bekannten Buches „Queridos Mallorquines“, das sein Cousin Carlos García-Delgado unter einem Pseudonym geschrieben hat, feststellen musste, dass er sehr wohl einige inseltypische Eigenschaften hat. „Auch ich drehe mich peinlich berührt weg, wenn jemand mich nicht grüßt.“

Landschaftsarchitekt in der Widerstandsbewegung

Ansonsten aber ist García-Delgado ein Naturbursche und wie er selbst sagt „atypisch“. Der pensionierte Landschaftsarchitekt wuchs in Palma de Mallorca mit elf Geschwistern auf, kämpfte zum Ende der Franco-Diktatur in der Widerstandsbewegung, verbrachte einige Jahre in Chile, liebt Yoga und glaubt nicht an Zufälle. „Als euer Haus zum Verkauf stand, habe ich mir etwas Sorgen gemacht. Aber es ist wohl so etwas wie Fügung, dass ihr meine neuen Nachbarn seid“, findet er.

Vom ersten Moment an, beteuern beide Seiten, habe die Chemie auf ganz besondere Weise gestimmt. Auch wenn García-Delgado die Buchholzer als „sehr speziell“ bezeichnet und sie sich selbst als „ganz normal“. „Wir sind nicht hergekommen, um mit anderen Deutschen zusammen zu sein. Wir wollen die Menschen von hier kennenlernen“, betont Winni Buchholz auf Spanisch. Noch fehlen den Auswanderern hier und da Vokabeln, doch auch tiefgründigere Gespräche sind bereits möglich. Viele Handwerksarbeiten erledigen die Deutschen selbst, ein Teil des Gartens ist mit Wildblumen überwachsen und hat so gar nichts von deutscher Gradlinigkeit. Und sie ziehen die stille Natur in den Bergen immer dem Trubel an der Küste vor.

Plätzchen für die ganze Nachbarschaft

Manchmal tauschen die Deutschen und der Mallorquiner Pflanzen aus. Winni Buchholz backt im Advent Plätzchen für die ganze Nachbarschaft. Und ab und an trinkt man Kaffee zusammen. Bis zur Essenseinladung ist man noch nicht gekommen. „Aber das kann ja alles noch werden“, sagt Susann Buchholz. Die Männer nicken.

Gemeinsam ist beiden Parteien ihre Liebe zu Alaró. „Hier herrscht ein ganz besonderer Spirit“, findet Toni García-Delgado, der das Dorf vor rund 20 Jahren genau deshalb als seine Wahlheimat auserkor. Offener und gastfreundlicher als in anderen Orten seien die Bewohner hier. Einen ähnlichen Eindruck hatten rund 15 Jahre später auch die Deutschen. Zunächst machten sie mehrmals Urlaub in Alaró, 2018 blieben sie den ganzen Winter über in einem Ferienhaus.

Ein besonderer Ort

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Susann Buchholz: „Es ist definitiv ein besonderer Ort. Das hatte mir schon die Freundin prophezeit, die uns auf Alaró gebracht hat, und es hat sich bestätigt.“ Die Deutschen kennen im Dorf schon viele Mallorquiner näher. Eine eingeschworene Gemeinschaft, in die man nur schwer aufgenommen werde, gebe es nicht. „Hier werden alle integriert, egal welcher Herkunft“, sagt auch García-Delgado.

Doch gerade vor einer schlechten Beziehung zu den direkten Nachbarn graust es beiden Seiten. „Auf Mallorquinisch gibt es den Ausdruck el mal veïnat. Manchmal ist es besser, sein Haus zu verkaufen, als einen schlechten Nachbarn zu haben“, erklärt García-Delgado. Die Gefahr besteht mit den Buchholzern nicht. Selbst ein kleines Bauprojekt – die Asphaltierung einer beidseitig genutzten Einfahrt – meistern sie ganz ohne Querelen. „Es ist wunderbar, wie unkompliziert das läuft“, schwärmt auch Susann Buchholz, die mittlerweile ihren eigenen Orangenbaum hat. Und ihr Mallorca selbst weitergeben kann.