Das kommt schon einmal vor im Redaktionsalltag: Man bereitet einen Artikel zu einem bestimmten Thema vor, und bevor er erscheint, liest man davon schon beim Mitbewerber. In der Regel wird das Thema dann erst einmal auf der Warteliste geparkt. Man will schließlich nicht als Nachahmer dastehen und auch nicht diejenigen Leser langweilen, die noch andere Zeitungen lesen.

So schien es auch bei Torben Kracht zu sein: Der Deutsche, der in Salzburg lebt und eine Pilotenausbildung macht, hat Palmas Flughafen als Modell im Maßstab 1 zu 500 nachgebaut. Just am Tag des vereinbarten Telefoninterviews prangt der Airport-Nachbau aber bereits auf der Rückseite der Konkurrenz-Zeitung. Es dauert eine ganze Weile und braucht mehrere E-Mails, bis sich herausstellt: Bei dem Airport der Kollegen handelt es sich um das Werk eines weiteren deutschen Modellbauers, Marlon Maier aus Darmstadt.

Gemeinsame Leidenschaft

Es sind zwei unterschiedliche, aber parallele Geschichten mit vielen Gemeinsamkeiten. Die beiden Modellbauer hatten auch Kontakt zueinander und tauschten sich über ihre Tricks aus. „Das ist keine Konkurrenzveranstaltung, wir teilen dasselbe Hobby“, sagt Kracht. Der 24-Jährige begann bereits vor zwei Jahren mit der Konstruktion, nachdem er zuvor vor allem Flugzeuge, aber auch den Hamburger Flughafen im Kleinformat nachgebaut hatte.

Der sechs Jahre jüngere Maier wiederum hatte seit 2019 immer wieder Skizzen von Palmas Airport angefertigt und auch schon den Entschluss zum Nachbau gefasst, wie er der MZ berichtet. „Dann sah ich, dass es auf Instagram noch einen Flughafen gibt, der nach Palma aussah.“ Maier folgte dem Account „model_airport_sceneries“ und nahm Kontakt mit Kracht auf. „Ich sagt ihm, dass ich den Flughafen Palma ebenfalls nachbauen möchte. Er unterstützte mich, hat mich gelobt sowie jede Menge Details geschickt.“ So konnte der Bau im März vergangenen Jahres beginnen.

Aber was macht die Faszination des Großflughafens aus? „Das ist das Tor zur Insel, das schöne Gefühl, dass der Urlaub beginnt“, erklärt Kracht, der Mallorca dank einer Finca der Großeltern von klein auf kennt. Die Leidenschaft fürs Fliegen, die Atmosphäre bei der Ankunft, die Palmen auf dem Vorplatz – dieses fantastische Gefühl habe er sich nach Hause in den Keller holen wollen. Ähnlich formuliert es Maier: „Ich war 2018 das erste Mal auf Mallorca und habe mich in die Insel verliebt.“

Zahnstocher und Klammern

Im Gegensatz zu einem Baukasten für ein Modellflugzeug ist im Fall von Palmas Flughafen zunächst Recherche und Kreativität gefragt. Zum Glück gibt es Google Earth. Mit dem Programm lassen sich die Abmessungen des Airportgeländes erfassen. Neben dem Modellbauladen suchte sich Kracht dann das nötige Material vor allem im Baumarkt zusammen. Zum Einsatz kam mit Papier beschichtetes Styropor, zur Nachbildung von Laternen, Zäunen sowie anderen Elementen wurden aber auch Zahnstocher, Schaschlikspieße oder Büroklammern zweckentfremdet.

Und was sich auf diese Weise nicht bewerkstelligen ließ, baute sich der 24-Jährige mit Vorlagen in einem Computerprogramm zusammen, rechnete es auf den Maßstab des Modells herunter und druckte es aus – wie die Seiten eines Würfels, der dann anschließend zusammengebaut werden kann. Keine Abstriche machen wollte Kracht bei den Palmen, sie kaufte er fertig im Modellbauladen. Die Illusion perfekt machen von der Decke hängende Dekostoffe ringsum, auf die Mallorcas Berge und das Meer gedruckt sind.

Auf die Details kommt es an: Nahaufnahme von Maiers Airport-Modell. | FOTO: MARLON MAIER Frank Feldmeier

Modell im Maßstab 1 zu 500

Die Arbeit auf den rund sechs Quadratmetern im Keller zog sich über ein Jahr hin, die investierten Stunden schätzt der Modellbauer auf eine Zahl im dreistelligen Bereich. Und auch die Kosten für das Material summierten sich letztendlich auf knapp tausend Euro – die zwischen den Terminals geparkten Flugzeuge sind dabei nicht mitgerechnet.

Das Modell von Maier ist zwar ebenfalls im Maßstab 1 zu 500 gebaut, mit einer Fläche von zwei mal zwei Metern aber weniger umfassend. Zum Einsatz kamen Papier und Pappe, aber auch etwas Plastik. Das Material schlug mit insgesamt rund 700 Euro zu Buche. Die Arbeitszeit schätzt der 18-Jährige auf eine Stundenzahl zwischen 300 und 500.

Und was soll nun mit den Modellen passieren, nach der ganzen Mühe? Anfangs habe er sich darüber keine Gedanken gemacht, meint Kracht. „Ich wusste gar nicht, ob ich es schaffen würde.“ Inzwischen hat er mal beim Miniatur-Wunderland in Hamburg angefragt, wo auch die größte Modelleisenbahn der Welt ausgestellt ist. Dort gebe es zwar Interesse, aber nicht genügend Platz. Am liebsten würde der angehende Pilot sein Werk in der Eingangshalle des nachgebildeten Originals ausstellen – schon in der Vergangenheit waren im Terminal des Airports Modellflugzeuge zu sehen. Nur wie soll der Nachbau auf die Insel geschafft werden? Schon den Umzug von Norddeuschland nach Salzburg hat das Mini-Son-Sant-Joan noch nicht geschafft. Es steht weiterhin in einem Kieler Keller.

Maier wiederum macht sich derzeit noch keine Gedanken um eine Ausstellung, wie er sagt. „Es ist mein Schmuckstück, ich möchte es im Winter ausbauen und verbessern.“

Aber es gibt ja auch noch die sozialen Netzwerke. Auf den jeweiligen Instagram-Accounts lassen sich insbesondere die vielen Details dokumentieren, die die Illusion vom Tor zur Insel perfekt machen.

Impressionen auf Instagram

instagram.com/model_airport_sceneries

instagram.com/palma_de_mallorca_airport_