Als die schwere, hölzerne Tür mit den Schnitzereien ins Schloss fällt, ist es dunkel. Nur langsam gewöhnen sich die Augen ans Dämmerlicht. Aha, wir befinden uns in einem Wald aus Aleppo-Kiefern. „In der Tramuntana, um genauer zu sein“, sagt Martha Taylor. Und auf dem besten Weg, in einer abgelegenen mallorquinischen Finca in der Falle zu sitzen.

Darauf weisen auch die Tagebucheinträge eines anderen Wanderers hin. Die handschriftlichen Aufzeichnungen verheißen nichts Gutes. Er habe den letzten Bus nach Cala Ratjada verpasst, sei durchs Gebirge geirrt und habe ein mysteriöses Wesen bei einem alten Landhaus gesehen, geht daraus hervor. Vom Autor selbst fehlt jede Spur. Was ist geschehen?

Was ist da wohl drin? Die Requisiten fürs Spiel stammen von Flohmärkten der Insel. Nele Bendgens

Es dauert nicht lange, und schon ist man mittendrin in der Geschichte, oder besser noch: Teil davon. Und das, obwohl der neue Escape-Room in Cala Ratjada beim MZ-Besuch am Donnerstag (14.4.) noch gar nicht fertig gebaut ist. „Ja, es ist noch einiges zu tun, aber das schaffe ich“, sagt Rüdiger Taylor. Am Freitag (22.4.) steht die Eröffnung an. Hier muss noch künstliches Gestrüpp hin, dort der alte Brunnen fertig gebaut werden, und da kommt ein Flaschenzug hin – Taylor hat alles im Kopf. Und dank seiner Vorarbeit kann man es sich gut vorstellen.

Der 63-Jährige macht alles selbst. Erstaunlich, wie er das Ladenlokal an der gut frequentierten Hauptstraßer Carrer de l’Agulla mitten im Urlaubsort bereits verwandelt hat. Früher war hier einmal eine Arztpraxis, dann ein Corona-Testzentrum. Von dem einst sterilen und öden Raum ist nichts mehr übrig. Auf 66 Quadratmetern hat Taylor in Eigenregie nicht nur den Wald und die Finca, sondern auch eine Höhle, einen mystischen Außenbereich und mehrere Geheimräume errichtet. Auch für den Eingangsbereich und den Kontrollraum ist Platz.

Tipps per Mikrophon

Hier werden er und seine Frau Martha bald täglich sitzen und die Kunden per Kameras dabei beobachten, wie sie sich durch die Rätsel und Aufgaben rund um die alte Finca schlängeln. „Wir passen auf, verfolgen alles mit, geben per Mikrofon Tipps, wenn eine Gruppe partout nicht weiterkommt, und lassen natürlich im Notfall alle sofort raus“, erklärt Martha Taylor. Auch sie ist bereits 64 Jahre alt und scheint selbst ein wenig überrascht darüber, dass sie bald Inhaberin des ersten Escape-Rooms in Mallorcas Osten ist.

Vor knapp fünf Jahren kamen die Taylors von Süddeutschland nach Mallorca, mieteten eine Finca bei Artà und schlugen sich mit verschiedenen Jobs durch. Callcenter, Finca-Betreuung, Transportfahrten. „Zuletzt habe ich hier in diesem Raum im Testzentrum gearbeitet“, sagt Martha Taylor und schüttelt lächelnd den Kopf. Die Idee, das Lokal selbst zu mieten und daraus ein Abenteuerspiel zu machen, sei aus einer Bierlaune entstanden, im vergangenen Oktober, als zwei Freunde der Taylors aus Deutschland zu Besuch waren: Conny Wittig und Petra Henderson aus Pforzheim.

Die beiden betreiben in ihrer Heimat drei Escape-Rooms, sind also vom Fach. „Conny hatte die Idee. Und nun machen wir es tatsächlich“, sagt Martha Taylor. Seit Januar ist Rüdiger Taylor am Werkeln, die Vorbereitungen begannen schon im Herbst. Die Taylors durchforsteten die Flohmärkte der Insel nach günstigen, aber vor allem antik und mystisch wirkenden Möbeln und Utensilien, mit dem sie ihren Escape Room aufwerten können. Und wurden fündig. Die alten Truhen, schweren Eisenschlösser und geheimnisumwobenen Schränke scheinen wie gemacht für den Plot.

Viel neugierige Laufkundschaft

„Dürfen wir uns mal umschauen“, fragt eine junge Frau am Eingang schüchtern. „Klar, kommt rein“, erwidert Martha Taylor freundlich und winkt die Touristin und ihren Begleiter herein. Begeistert begutachten die beiden die Kulissen. „So geht das ständig, immer wieder kommen Menschen und wollen sehen, was wir hier machen. Auch Mallorquiner, das freut mich besonders“, sagt die Residentin. Das Spiel ist auf Spanisch, Deutsch und Englisch möglich. „Und wir haben vor, auch im Winter geöffnet zu haben, dann eben vorwiegend für die Menschen von hier.“ Escape-Rooms sind in Deutschland seit 2013 in Mode, auf Mallorca eröffnete der erste 2015 in Palma. „Für uns ist das gut, so wissen die Einheimischen etwas damit anzufangen. Gleichzeitig ist vielen aus dieser Gegend der Insel der Trip nach Palma zu weit.“

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Wie bei allen Escape-Rooms sind auch hier Geduld, Ausdauer, Geschicklichkeit und logisches Denken wichtig – und Teamgeist. „Alleine kann man die Rätsel nicht lösen. Man muss mindestens zu zweit sein. Auch als Teambuilding-Maßnahme von Unternehmen ist das klasse“, wirbt Martha Taylor. Sie selbst habe bei ihrem ersten Escape-Room in Deutschland wenig Erwartungen an das Abenteuerspiel gehabt. „Ich bin gar nicht so der Typ dafür und habe wenig Ehrgeiz beim Spielen, aber das Gruppenerlebnis hat mich mitgerissen“, sagt sie. Man glaubt es der bodenständigen Deutschen. Maximal sechs Spieler können gleichzeitig in den Escape-Room, sie haben eine Stunde Zeit, die Aufgaben zu lösen und dem mystischen Geisterwesen der Tramuntana-Finca zu entfliehen. Mindestalter: etwa zehn bis zwölf Jahre. „Im Vordergrund steht die Story, die ist das A und O. Es geht um Mallorca und die Bräuche von hier“, so Martha Taylor. Ein wenig aufgeregt sei sie schon vor der großen Eröffnung, dabei dürfte eigentlich alles glattlaufen – ihre Profi-Freunde aus Pforzheim haben bei der Konzipierung unterstützt. Und das Ambiente ist ohnehin einmalig.

Preise: 2 Personen: 50 Euro, 3 Personen: 60 Euro, 4 Personen: 70 Euro, 5 Personen: 80 Euro, 6 Personen: 90 Euro. Buchungen und weitere Infos unter www.escaperooms-mallorca.es