Mallorca Zeitung

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Molinar - so ist das Leben im Trendviertel von Palma de Mallorca

Llonguet oder Poké Bowl? Das ehemalige Fischerviertel lebt von den Gegensätzen – und wird jetzt mit der behutsamen Sanierung des Hafens noch attraktiver

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Im Wandel begriffen: Das alte Fischerviertel Molinar in Palma de Mallorca Nele Bendgens

Nicht nur, dass besonders viele Radler vorbeikommen, hier am Fahrradweg entlang des neuen Beckens des Yachthafens Molinar. Sie scheinen hier auch besonders gut gelaunt zu sein. Eine Frau mit Stöpseln ihres MP3-Players im Ohr singt lautstark vor sich hin, während sie die Promenade entlangfährt. Egal ob Radler, Passanten oder Freizeitsportler – hier in Palmas Trendvierteln Molinar und Portitxol ist den Menschen die Entspannung regelrecht ins Gesicht geschrieben.

„Das hier hat sich zum neuen Paseo Marítimo entwickelt“, sagt Steffen Döhne, Geschäftsführer der Immobilienfirma Mallorca Mietbörse. Statt weiter westlich entlang von Palmas Hafenpromenade zu flanieren, kämen nun viele Menschen am Abend und am Wochenende lieber nach Portitxol und Molinar, um spazieren zu gehen, aktiv zu sein oder etwas Essen zu gehen.

Da wäre die vor rund 15 Jahren fertiggestellte breite Promenade, die Richtung Osten bis nach Ciutat Jardí reicht und sich als Küstenweg bis an die Playa de Palma fortsetzt. Da wäre der authentische oder zumindest nicht-touristische Charakter des früheren Fischerviertels – es mag viele Ausländer geben, aber keinen einzigen Laden mit Souvenirs oder Luftmatratzen. Und da wäre der Yachthafen Molinar, der nach dem jahrelangen Streit um eine geplante massive Erweiterung letztendlich nur behutsam modernisiert wurde.

Ab Jahresende wieder Leben am Hafen

Auch wenn die Arbeiten noch nicht abgeschlossen sind, ist der Port Petit, der „kleine Hafen“, bereits ein Hingucker. Die Promenade führt jetzt direkt am Wasser vorbei, die Mole ist begehbar – gerade meditiert dort eine Yoga-Gruppe im Kreis –, und auch das entkernte sowie von späteren Anbauten befreite Hauptgebäude mit seinen freigelegten Marés-Mauern wirkt trotz Gerüsten und Bauzäunen schon attraktiv. Bei der Sanierung habe sich gezeigt, dass die Gebäudestruktur mehr Mängel aufweise als erwartet, so ein Sprecher der Hafenverwaltung Ports de Balears, wo gerade die Ausschreibung für die künftige Konzession läuft. Fünf Firmen haben sich beworben, um den Hafen mit seinen 90 Liegeplätzen für maximal acht Meter lange Boote sowie auch das künftige Restaurant zu betreiben. Einen Starttermin gibt es nicht, aber bis Jahresende dürfte sich der Hafen wieder mit Leben füllen.

Schon jetzt rundum zufrieden mit der neuen Optik ist Verónica Bonet. „So heruntergekommen wie der Hafen war, konnte er nicht bleiben“, sagt die Betreiberin der traditionsreichen, direkt am Hafen gelegenen Bar Molinar, während sie hinter der Theke Kaffee brüht. Im Gegensatz zu anderen hippen Lokalen ringsum kehren hier in erster Linie Anwohner ein. Nach der anfänglich breiten Skepsis „meinten nur zwei Gäste, dass ihnen der neue Hafen nicht gefällt“, so die Betreiberin in dritter Generation. Dass der Hafen letztendlich nicht größer geworden sei, werde dabei helfen, den Charakter des Viertels trotz des stetigen Wandels zu erhalten. „Wir sind ja hier nicht in Port Adriano“, so Bonet in Anspielung auf den riesigen Nobelhafen an der Südwestküste.

Poké Bowls und pa amb olis

Während in der Bar Molinar zum cortado oder zur caña vor allem pa amb oli und llonguets aufgetischt werden, gibt es nebenan Poké Bowls zum Detox-Smoothie. Neue Restaurants eröffnen, manch eines wechselt schnell den Betreiber. Im Ecklokal Richtung Portitxol hat ganz frisch das Restaurant Periplo eröffnet, auf der Karte stehen Austern, Jakobsmuscheln oder Garnelentatar. Am kleinen Strand von Portitxol genießen Badegäste derweil die Mai-Sonne. Gleich zwei Yogastudios werben um Kunden, die direkt am Meer durchatmen wollen. Zwischen den wenigen noch sich selbst überlassenen, den vielen inzwischen aufgehübschten oder den gleich ganz neu gebauten Häuschen findet sich das ein oder andere Immobilienbüro.

Schön, aber auch teuer geworden sei es in Molinar, sagt Rentner Jaume. Er steht am Hafenbecken, zerbröckelt eine Brotscheibe und füttert damit die Enten im Wasser. Auch ihn habe man vor Jahren gefragt, ob er verkaufen wolle, obwohl er gar nicht direkt an der Promenade wohne. Aber er denke gar nicht daran, er komme gut mit seiner Rente aus. Und sein Sohn, der die Wohnung erben werde, sei ein großer Fan von Molinar.

So einige seiner Nachbarn aber hätten sich letztendlich von Kaufinteressenten überzeugen lassen. Jaume, dessen Schwiegervater noch als Fischer in dem früher ärmlichen Viertel arbeitete, erzählt von einem Anwohner, der mehrfach Nein sagte – bis das Angebot für seine alte Erdgeschosswohnung ohne Meerblick so hoch war, dass er Ja sagte.

Direkt am Meer wird akzeptiert, was verlangt wird

Alles, was fußläufig von der Promenade aus zu erreichen sei, werde nachgefragt, erklärt Unternehmer Döhne. Ganz klar, direkt am Meer würden die vielzitierten Liebhaber-Preise aufgerufen – und inzwischen nicht selten ohne weitere Verhandlung auch akzeptiert, damit einem die Immobilie nicht vor der Nase weggeschnappt werde.

Aber in den Parallelstraßen dahinter gebe es praktisch für jeden Geldbeutel etwas, schöne Wohnungen auch unter 250.000 Euro. Etwa im Gebiet um die mächtige Pfarrkirche biete Molinar so etwas wie Altstadtcharakter. Und wenn erst der Hafen seinen Betrieb aufnehme, werde das Viertel noch mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen.

Direkt gegenüber dem Port Petit wird gerade eine neue Durchfahrt angelegt, eine Verlängerung des Carrer de Son Fleixes. Gehsteige und gusseiserne Laternen säumen schon den neuen, noch von Bauzäunen verstellten Weg. Wenn dann in Zukunft Bootseigner über die verlängerte Straße direkt den Hafen ansteuern, dürften bis dahin einige der Häuserfassaden, die sie auf dem Weg passieren, ebenfalls aufgehübscht sein.

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