Sie gehen schnellen Schrittes, sind meist jung, stylish gekleidet, das Smartphone im Anschlag. Die Menschen, die die ansonsten ruhigen Sträßchen rund um die Cala s’Almunia bevölkern, sind irgendwie anders als die normalen Strandgänger. Fast fühlt es sich an, als stünde ein geheimes Sektentreffen an, von dem alle zu wissen scheinen. Dabei ist es nur eine kleine Bucht, die die Jungen und Hippen in die abgelegene Gegend zieht: Caló des Moro, das El Dorado der Instagram-Jünger. Es ist ein Hype, der anhält, und Anwohner seit Jahren an ihre Grenzen bringt. Dabei fängt der Sommer gerade erst an. Und der Parkplatz ist noch gar nicht geöffnet.

Als sich die MZ am Freitagvormittag (27.5.) zu der beliebten Bucht aufmacht, ist der Himmel bedeckt, ein paar Regentropfen fallen. „Ich will mir nicht vorstellen, wie voll es hier sonst wäre“, sagt Salvador, ein junger, unscheinbarer Mann in Badehose, der früh gekommen ist und ein kleines Sandstück an der Minibucht ergattern konnte, um dort sein Handtuch auszubreiten. Der Palmesaner ist einer der wenigen, die einfach nur die Umgebung genießen wollen, ohne das Erlebte zigfach auf dem Smartphone festzuhalten und mit der Welt zu teilen.

Halb fasziniert, halb ablehnend beobachtet er die anderen Strandbesucher, die das Idyll – meist mit sich selbst im Vordergrund – aus jeglichem Winkel ablichten. „Im Hochsommer würde ich hier gar nicht hinkommen“, sagt Salvador. Vergangenes Jahr standen die Menschen bis zu vier Stunden lang Schlange, um zu der Bucht zu gelangen, blieben dann aber meist nur ein paar Minuten, und verzogen sich, sobald sie ihre Schnappschüsse im Handy hatten. Kein Wunder, dass viele Caló des Moro nur noch als „Instagram-Bucht“ bezeichnen.

Foto-Workshop am Strand

Kasia Jurkowska und ihre große Frauengruppe nimmt sich mehr Zeit. Heute geht das, den Wolken sei dank. „Die Mädels sind alle aus Polen angereist. Gestern haben wir ihnen einen Foto-Crashkurs geboten, heute setzen wir das Gelernte um“, erklärt die polnische Reiseführerin, die selbst auf Mallorca wohnt, und beobachtet vergnügt ihre Schützlinge, die im Wasser, auf den Felsen oder an Aussichtspunkten posieren und sich gegenseitig ablichten. Immer wieder müssen sie darauf achten, nicht anderen fotografierenden Besuchern in die Quere zu kommen. Besonders ein junger Mann mit grellblau gefärbtem Bart sticht hervor. Auch er scheint vor allem gekommen zu sein, um seine digitalen Kanäle zu bestücken. Die Schönheit der Bucht zu genießen ist angesichts des Gewusels kaum möglich. Kurzum: Es nervt, und das schon nach wenigen Minuten.

Wenig Platz, viele Menschen und überall Smartphones beim MZ-Besuch an einem regnerischen Tag (27.5.) in der Caló des Moro. Sophie Mono

Hans-Peter Oehm erträgt die Massen nun schon seit Jahren. Der Hype um die Naturbucht begann etwa 2010, als eine bekannte spanische Biermarke dort einen Werbespot drehte. In den Folgejahren gewann das Fotonetzwerk Instagram an Bedeutung, und seitdem laufen die Besucher in Scharen über Oehms Grundstück. „Ja, der Zugang führt über Privatgrund“, wird Oehm nicht müde zu betonen. Auch zahlreiche Schilder weisen vor Ort darauf hin. Betreten erlaubt, aber bitte respektvoll, so der Appell auf mehreren Sprachen. Vergebens. „Die von uns gegründete Stiftung ‚Fundació Amics d’Es Caló des Moro – S’Almonia‘ ist es, die hier jeden Tag alles sauber hält. Es ist nach wie vor eine Riesensauerei. Keiner hilft, weder das Rathaus noch die Küstenbehörde. Irgendwann kommen wir an unsere Grenzen“, sagt Oehm. Ständig schwirrten Drohnen herum. „Und letztens, als meine Tochter alleine zu Hause war, sprangen acht wildfremde Männer einfach in unseren Pool.“

Nicht nur an den Trampelpfaden auf seinem Gelände kommt es zu Problemen, auch auf den Straßen der Umgebung. Die dürfen eigentlich nur noch von Anwohnern passiert werden, seit das Rathaus von Santanyí diese vor einigen Wochen sperren ließ. Wirksam sei das Verbot aber nicht. „Die Leute halten sich nicht dran“, so Oehm. „Wenigstens den Parkplatz bei der Cala Llombards sollten sie wieder öffnen, am besten kostenpflichtig und mit weniger Plätzen. Und mit dem Geld unsere Stiftung unterstützen“, sagt er.

Kaum noch Parkplätze

Denn das ist noch so eine unangenehme wie andauernde Nebenwirkung des Hypes um Caló des Moro: Der Andrang führt zum Verkehrskollaps, auch an kilometerweit entfernten Straßen in Cala Llombards. Aus bürokratischen Gründen ist der vom Rathaus dort betriebene Parkplatz seit vergangenem Herbst geschlossen. „Wenn alles ideal läuft, kann er Ende Juni, Anfang Juli wieder eröffnen“, so ein Rathaussprecher auf MZ-Anfrage. „Das würde uns einige Kopfschmerzen ersparen.“ Im Mai hätten Beamte der Ortspolizei pro Wochenende 60 bis 80 Knöllchen wegen Falschparkens ausstellen müssen. „Die Situation ist nicht haltbar, der Parkplatz ist dringend notwendig“, so die Ansage aus dem Rathaus.

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Ab nächstem Jahr soll das Parken dort tatsächlich kostenpflichtig sein, die Anzahl der Parker von 300 auf 190 reduziert werden. Seit Mittwoch (1.6.) ist ein vom Inselrat beauftragter Kontrolleur im Einsatz, der jeden Vormittag ausschließlich die Falschparker ahndet, nachmittags übernehmen Ortspolizisten. „Das Bußgeld liegt bei bis zu 100 Euro“, warnt der Rathaussprecher. In einem Brief an Hoteliers, Ferienvermieter und Autoverleiher aus der Gegend wies das Rathaus kürzlich ebenfalls darauf hin.

Außerdem bewerbe die Gemeinde die Bucht fortan nicht mehr in den sozialen Medien. Darum kümmern sich die Besucher schon ganz von selbst.