Die 26-jährige Clarissa Wellenbrink ist als Tochter von Deutschen auf Mallorca geboren und aufgewachsen. Ihr Vater ist der „Melitta-Mann“ Egon Wellenbrink, ihr Bruder der bekannte Sänger Nico Santos. Sie selbst hat gerade ihr Journalismus-Studium beendet und liebäugelt nun mit TV-Moderationen.

Sie sind als Tochter von Deutschen auf der Insel aufgewachsen. Bezeichnen Sie sich selbst als Mallorquinerin?

Ja, auf jeden Fall. Das fängt schon bei der Sprache an. Ich denke normalerweise auf Spanisch. Wenn ich lange Mallorquinisch gesprochen habe, denke ich aber auf Mallorquinisch. Auf Deutsch rede ich eigentlich nur mit meiner Familie. Manchmal muss ich dann nachdenken, bevor mir Worte einfallen, oder nach Synonymen suchen. Teilweise erfinde ich auch Worte, weil ich sie aus dem Spanischen übernehme. Zum Beispiel habe ich neulich gesagt, etwas sei kommod, weil ich an cómodo (bequem, Anm. d. Red.) gedacht habe. Da hat mein Papa gesagt: Das gibt es sogar, das ist altes Deutsch. Andere Wortschöpfungen von mir gibt es im Deutschen aber nicht. So etwas passiert mir auf Spanisch nicht.

Es gibt auf der Insel viele Deutsche, die lange hier leben und trotzdem nicht sehr gut Spanisch sprechen. Woran liegt das?

Mir persönlich sind mehr Deutsche begegnet, die sich sehr gerne integrieren und die Sprache auch lernen wollen. Aber wenn man in einem gewissen Umfeld ist, mit vielen deutschen Freunden, verwendet man sein Spanisch am Ende wenig.

Werden Sie hier auch als Mallorquinerin gesehen und akzeptiert?

Ja, weil ich fast sogar lauter bin als die Mallorquiner selbst. Meine Mutter lacht immer, weil sie mich und meine Freundinnen schon kilometerweit hört. Ich glaube, das gehört dazu, dass ich im Spanischen lauter bin. Wenn mich Mallorquiner sprechen hören, sagen sie: Du siehst deutsch aus, aber du sprichst wie eine Mallorquinerin. Da bin ich stolz drauf, laut zu sein, superstolz. Aber nicht nur, was die Lautstärke angeht, sondern auch allgemein bin ich die Spanierin der Familie.

Wie kommt das?

Mein Bruder und ich waren auf der IES Bendinat. Dort ist der Unterricht auf Spanisch und Katalanisch, aber es ist eine sehr internationale Schule. Meine Freunde waren direkt Spanier und Mallorquiner, mein Bruder hat dagegen immer deutsche und englische Freunde nach Hause gebracht. Ich habe mich immer von der Kultur hier angezogen gefühlt, meinen Bruder dagegen hat es immer nach Deutschland gezogen, wo er sich auch seine Zukunft besser vorstellen kann.

Und wie sieht es bei Ihnen aus? Wo sehen Sie Ihre Zukunft?

Ich habe schon einmal versucht, in Berlin zu wohnen, habe dort ein Jahr studiert. Aber ich habe meine Freunde, meinen Freund und die Insel vermisst und bin dann doch zurückgekommen. Mein Umfeld besteht größtenteils aus Spaniern und Mallorquinern, deswegen zieht es mich mehr nach Mallorca als nach Deutschland. Andererseits will ich mich auch nicht festlegen. Mein Lebensstil auf Mallorca ist wunderschön, am liebsten würde ich das hier mein ganzes Leben machen, wobei ich auch offen dafür bin, mal für einen Job nach Deutschland zu ziehen. Was ich aber hundertprozentig weiß, ist, dass ich meine Kinder mal hier großziehen möchte. Mein Bruder und ich, wir hatten wirklich die schönste Kindheit, die ich mir vorstellen kann. Und ich will genau dasselbe für meine Kinder, irgendwann.

Was gefällt Ihnen so an Mallorca?

Wenn meine Familie aus Deutschland kommt, merken sie immer, wie lässig es hier ist. Man hat es einfach nicht eilig. Man lebt das Leben mehr. Ich liebe dieses Gefühl. Auch hier steht man auf, geht zur Arbeit, hat eine Routine. Aber das mischt sie mit einem tollen Lifestyle. Mein Freund und ich lieben es, zu den Calas zu gehen, den Sonnenuntergang am Strand zu sehen. Es gibt viele Sachen, die ich auf Mallorca sehr wertschätze.

Haben Sie einen Lieblingsort?

Meinen Lieblingsort will ich nicht zu groß verkünden, es ist auch ganz schön, wenn da nicht zu viele Menschen sind. Aber andere Orte, die ich sehr gerne mag, sind Maioris und Deià. Oder Es Capdellà. In diesem kleinen Ort bin ich groß geworden. Dort leben inzwischen relativ viele Deutsche, aber trotzdem merke ich, sie passen sich gut an die Mallorquiner an, das ist toll. Jetzt wohne ich mit meinem Freund in Molinar in Palma, wo es ebenfalls traumhaft schön ist. Es gibt so viele schöne Orte auf der Insel, ich könnte gar nicht aufhören mit der Aufzählung.

Sie haben gerade Ihren Abschluss in Journalismus gemacht. Wie geht es nun weiter?

Gerade bin ich bei Refineria Web, das ist ein Marketing-Unternehmen, das viel mit Social Media und Websites arbeitet. Dort fühle ich mich wohl und dort will ich auch erst einmal bleiben. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass ich in der Moderation arbeite, wenn ich ein bisschen mehr Erfahrung in Kommunikation und Social Media gesammelt habe. Ich habe während meines Studiums ein Praktikum bei dem lokalen Sender IB3 gemacht und durfte dort in der Kulturredaktion moderieren. Das fand ich super. Ich war bei dem Konzert des Radiosenders Los 40 Principales dabei und habe unter anderem Rosalía interviewt. Dann war Álvaro Soler da, der ein guter Freund von meinem Bruder ist und mich auch kennt. Dadurch war es fürs Fernsehen ein sehr nettes Interview. Da habe ich gemerkt, das ist genau das, was ich einmal machen will.

Ihr Bruder und Ihr Vater sind prominent. Haben Sie Angst, immer nur die Tochter oder die Schwester von jemandem zu sein?

Darüber denke ich oft nach. Ich finde es schön, wenn man mich auch unter meinem Namen kennt. Ich bin Clarissa Wellenbrink, Tochter von Egon Wellenbrink und auch von Lisa Wellenbrink, meiner Mutter. Über die kann man ruhig auch reden, sie ist ein wichtiger Teil meiner Familie. Und natürlich bin ich auch Schwester von Nico. Es ist ja auch schön, wenn man mich dadurch kennenlernt. Aber danach sollte den Leuten am besten im Gedächtnis bleiben, wer ich bin.

Wie ist das Verhältnis zu Ihrer Familie?

Bei meinem Bruder merkt man ja, wie stolz ich bin. Und bei meinen Eltern merke ich immer, was für gute Sachen sie uns beigebracht haben. Mein Papa hat uns beigebracht, nicht immer alles zu ernst zu nehmen, sondern viel zu lachen. Und meine Mutter hat uns beigebracht, nie aufzugeben und zu kämpfen. Ohne die beiden wäre ich nicht, wer ich bin.