Udo Grünberger will einen Schlussstrich ziehen. Vor einem Jahr hat er seinen Onkel verloren. Am 19. Juli 2021 meldete die Familie den Wanderer aus Oberfranken als vermisst. Neun Tage später fand die Polizei den Leichnam abseits der Wege auf der Halbinsel La Victòria. „Es ist kein Kriminalfall. Soweit ich weiß, lagen keine Spuren von Fremdeinwirkung vor. Er ist auf natürliche Art und Weise gestorben“, sagt Grünberger. „Dennoch rücken die Behörden den Leichnam nicht raus.“ Es scheitert an einer DNA-Probe.

War alleine unterwegs

Der Wanderer war gemeinsam mit seinen beiden Schwestern im Urlaub an der Playa de Palma. An jenem Montag machte er sich allein mit dem Mietwagen auf den Weg für die Tour nach Alcúdia. Diese Alleingänge seien nicht unüblich für ihn gewesen, so der Neffe. Was bei der Wanderung genau passierte, ist nach wie vor unbekannt. „Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, haben wir keine Ergebnisse der Obduktion mitgeteilt bekommen“, sagt Grünberger, der von einem Hitzschlag ausgeht. „Ich habe den Fall mit Ärzten besprochen und gehe davon aus, dass sich mein Onkel unwohl fühlte. Vielleicht musste er sich abseits des Weges übergeben.“

Seit einem Jahr wartet die Familie darauf, ihren Angehörigen zu Grabe tragen zu dürfen. „Anfangs dachte ich ganz naiv, dass meine Mutter und ihre Schwester die Urne auf dem Rückflug mitnehmen können. Mein Onkel hatte sich eine Feuerbestattung gewünscht“, sagt Grünberger. In Spanien sind die Vorschriften im Umgang mit der Asche der Verstorbenen prinzipiell locker. Die Urne mit nach Hause zu nehmen oder die Asche zu verstreuen, ist im Vergleich zu Deutschland kein Problem. „Wir hatten schon mit dem Bestatter Kontakt, der die Urne im Flughafen abgeholt hätte.“

Warten auf den DNA-Abgleich

Aber so weit kam es gar nicht. Das Gericht von Inca, wo der Leichnam aufbewahrt wird, besteht auf einem DNA-Abgleich. „Dieser soll neun Monate dauern“, klagt Grünberger. Die DNA des Verstorbenen soll mit den Daten eines direkten Verwandten verglichen werden, um die Leiche zweifelsfrei identifizieren zu können. Offenbar wurde es versäumt, die DNA-Proben direkt im Juli zu nehmen, als die Familie noch auf der Insel war. „Erst am 22. November hat mich das Konsulat in Palma informiert, dass Proben entnommen werden müssen“, so der Neffe. Wegen Krankheiten, Operationen und Corona sei es den Angehörigen im Winter nicht möglich gewesen, auf die Insel zu reisen. „Die mallorquinischen Behörden sollten eigentlich die deutschen Kollegen anweisen, die Proben zu entnehmen. Das ist aber nie passiert.“

Erst Ende März meldete sich das Gericht von Inca und forderte die Familie auf, selbst in Deutschland eine Probenentnahme zu veranlassen. „Das war einfacher gesagt als getan“, so Grünberger. „Da in Deutschland kein Verfahren läuft, fühlte sich niemand zuständig.“ Erst bei einem Staatsanwalt stieß er auf offene Ohren und wurde an die Universität Erlangen verwiesen, die Mitte April bei seiner Mutter einen Wangenabstrich entnahm und die Proben zur DNA-Analyse an die spanischen Kollegen nach Barcelona schickte. Die Kosten musste die Familie selbst tragen.

„Wenn das nun neun Monate dauern soll, können wir meinen Onkel nicht vor Januar beerdigen. Und wer weiß, was dann wieder ist“, sagt Grünberger, der in ständigem Kontakt mit den Behörden steht. „Ich gehe davon aus, dass mein Onkel Handy und Geldbeutel samt Führerschein und Personalausweis dabeihatte. Sollte das nicht zur Identifizierung ausreichen?“

Das sagen die Behörden

Beim MZ-Anruf beim Gericht in Inca muss der Sachverhalt nicht lange erklärt werden. Der Name Grünberger ist geläufig. Der Mitarbeiter bestätigt, dass im November die DNA-Probe angefordert wurde. Für weitere Nachfragen sei die Pressestelle der Justizbehörde zuständig. Dort gibt es nur die Auskunft, dass der Fall noch nicht abgeschlossen ist und man daher nichts sagen könne.

„Mein Onkel kam vom Dorf. Da fragen die Leute nun regelmäßig nach. Wir wollen ihn einfach nur zu Grabe tragen“, sagt Grünberger. Neben dem emotionalen Abschied wäre die Beerdigung für Behördengänge wichtig. „Meine Familie hatte weitere Reisen mit meinem Onkel geplant. Die Reiserücktrittsversicherung können wir erst mit dem Totenschein in Anspruch nehmen“, sagt der Neffe. Gleiches gilt für das Erbe. „Alle Angehörigen sind inzwischen traumatisiert. Ständig wird man von Bekannten angesprochen, was denn mit dem Leichnam ist.“