Die Festa de Sant Antoni, die am 16. und 17. Januar gefeiert wird, ist vor allem im Norden und Osten von Mallorca die größte Fiesta des Jahres. Mittelalterliches Glaubensbekenntnis, Zelebration des Feuers, identitätsstiftendes und reichlich begossenes Volksfest – die Feier hat viele Aspekte. Ein Überblick.

Sant Antoni auf Mallorca: Der Heilige hinter dem Fest

Der heilige Antonius der Große wurde der Überlieferung zufolge in der zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts in Ägypten geboren. Der wohlhabende Mann folgte dem Ruf des Evangeliums, überließ sein ganzes Vermögen den Bedürftigen und zog als Eremit in die Wüste. Der Satan zeigte sich ihm dort mal als schwarzer Knabe, mal als verführerische Frau. Dämonen präsentierten ihm alle erdenklichen Reichtümer. Der Teufel erschien ihm auch in Form von tierischen Bestien, um ihn zu peinigen und zu quälen.

Doch Antonius ließ sich nicht von seinem gottergebenen Leben abbringen. Als er am 17. Januar 356 im Sterben lag, legten sich zwei Löwen neben ihm und gruben ihm ein Grab. Während sie seine Hand ein letztes Mal beschnupperten, segnete sie der Heilige. Antonius ist der Schutzpatron der Haustiere, insbesondere des Viehs.

Geschichte der Festa de Sant Antoni auf Mallorca

Im Osten und Nordosten der Insel lässt sich die Verehrung von Sant Antoni bis ins 14. Jahrhundert zurückverfolgen. In der Sant-Antoni-Hochburg Sa Pobla sind schon 1365 entsprechende Feierlichkeiten verbürgt. Meist handelte es sich dabei um Gottesdienste und beneïdes genannten Tiersegnungen. Die ebenfalls schon früh praktizierten Feuerrituale dürften heidnischen Ursprungs sein und mit der winterlichen Sonnenwende zusammenhängen.

Das bunte und wilde Treiben der heutigen Fiestas ist ein Produkt der vergangenen Jahrzehnte; katalanische und valencianische Einflüsse (das Teufelstreiben der dimonis oder das Verbrennen der kunstvoll hergerichteten Pappmaché-Figuren) spielen eine Rolle.

Die Hauptfigur von Sant Antoni auf Mallorca: dimonis

Höhepunkt einer jeder Sant-Antoni-Feier sind die dimonis, die Teufel. Sie tanzen um den heiligen Antoni herum, toben teilweise funkensprühend umher, machen Lärm. Sie tanzen aber nicht nur, sondern mischen sich auch mit ihren maskierten Fratzen unters Volk, um sanfte Gemüter und Kinder zu erschrecken. Inzwischen gibt es in manchen Orten neben den klassisch männlichen auch weibliche Teufel. Jeder Ort hat seine eigenen dimonis, teils seit vielen, vielen Jahren, teils erst seit den frühen 2000ern. Die Masken der Teufel unterscheiden sich dabei genauso wie ihre Kostüme, ihre Anzahl und ihre Tänze.

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Sant Antoni: So teuflisch feierte die Insel

Das Essen zu Sant Antoni auf Mallorca

Zu Sant Antoni wird klassischerweise überall auf der Insel gegrillt. Typisch sind außerdem espinagades. Dabei handelt es sich um Hefeteigtaschen, die mit Spinat, Mangold und Schweinelenden gefüllt sind. Oder auch mit Aalen, die ursprünglich im Feuchtgebiet s’Albufera gefangen wurden.

Musik zu Sant Antoni auf Mallorca: Tonades und goigs in Manacor

Sant Antoni ist ein Fest der Musik. Ob beim Tanz mit den Teufeln auf der Straße, bei den Lagerfeuern in der Nacht oder zum Abschluss des arguments, der Festrede, in der die wichtigsten Ereignisse des vergangenen Jahres wiedergegeben werden – Gesang ist bei der Feier allgegenwärtig. Am beeindruckendsten sind dabei sicherlich die Gesänge der goigs, der Freudengesänge in Manacor.

Zahlreiche Youtube-Videos dokumentieren das Spektakel in der Mare-de-Déu-dels-Dolors-Kirche: Der Leiter der Stadtkapelle bittet um Ruhe. Dann reißt er die Arme mit einer energischen Bewegung nach unten und Hunderte Hände schießen dafür in die Höhe. Alles springt auf die Kirchenbänke und schunkelt, viele wedeln mit den weißen Liedtexten. Ekstatisch singen die Menschen die Melodie mit: „Paraparatxin, papatxín, papatín“, schallt es aus unzähligen Kehlen. Dabei beginnt um 19.30 Uhr alles ganz ruhig und besinnlich: mit den completes – auf Latein gesungenen Liturgien, die im krassen Kontrast zu den fetzigen goigs stehen. Die ganze Zeremonie dauert etwa eine halbe Stunde, die goigs umfassen nur die letzten paar Minuten.

Im Mittelpunkt der goigs steht eine Melodie, ein Lied im Drei-Viertel-Takt, das sich in allen Dörfern findet, die Sant Antoni ernsthaft begehen. Es ist als tonada de Sant Antoni oder auch als vals de Sant Antoni bekannt. Unterschiede gibt es vor allem bei den Texten. Jedes Dorf hat eine oder mehrere Versionen des Liedes. Sie werden den Kindern von klein auf beigebracht und sind dementsprechend ein wichtiger Teil der Identität eines Dorfes. Grundsätzlich handelt es sich um Lobpreisungen des heiligen Antonius, seines besonderen Verhältnisses zu den Tieren oder auch der Szenen, in denen er sich mit dem Teufel misst.

Highlights von Sant Antoni auf Mallorca

Richtig gefeiert wird ab dem 16. Januar. In Artà trifft man sich bereits um 8 Uhr morgens zu heißer Schokolade. Danach geht es raus auf die Straße, meistens bewaffnet mit einer Flasche Kräuterlikör (herbes) oder pomada (Gin mit Limonade). Die Teufel treiben ab neun Uhr die Dorfbewohner zusammen.

Der Abend wird dann stets mit der traditionellen Messe, den completes, eingeleitet. Wenn die vorbei ist, beginnen die foguerons, die Lagerfeuer, die praktisch an jeder Ecke gezündet werden. Es wird viel Fleisch gegrillt, das mit Brot gegessen wird. In Manacor werden zudem Sant-Antoni-Figuren aus Pappmaschee verbrannt, die zuvor am Nachmittag besichtigt und am Abend mit Preisen ausgezeichnet werden. Ein besonderes Highlight findet um 21.45 Uhr in Sa Pobla statt, wo auf der Plaça Major ein Rathaus-in-Flammen-Spektakel mit Musik und Feuerwerk steigt. 

Der 17. Januar kommen dann die traditionellen Tiersegnungen und das Kieferkraxeln in Pollença (siehe unten).

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Sant Antoni 2018: Als die Kiefer in Pollença brach Diario de Mallorca

Caparrots in Sa Pobla auf Mallorca

Ebenfalls typisch für Sa Pobla ist der Tanz der caparrots. Die Schwellköpfe sind hier Scherzkekse, Frohnaturen und Clowns – auch Groucho Marx ist mit dabei. Vor dem Tanz wird unter den Dorfbewohnern ausgelost, wer die riesigen Köpfe tragen darf. Was Gesinnung, Ausdruck und Funktion betrifft, sind sie die Gegenspieler zu den dimonis. Sie tanzen zu Sant Antoni den Cucate-Tanz, der nur in Sa Pobla existiert. Im Jahr 2023 haben die caparrots am 16. Januar abends (21.15 Uhr) und am 17. Januar mittags (12.30 Uhr) ihren großen Auftritt auf dem Dorfplatz von Sa Pobla.

Kieferkraxeln in Pollença

Eine mallorquinische Form des bayerischen und österreichischen Maibaumkraxelns wird am 17. Januar in Pollença und Port de Pollença zelebriert. Die Dorfjugend klettert dort auf etwa 20 Meter hohe eingeseifte Kiefernstämme. Mittags geht das Vergnügen in Port de Pollença an der Plaça Miquel Capllonch los. Noch voller und aufregender wird es dann am frühen Abend an der Plaça Vella in Pollença.

Sant Antoni in Muro: Die wohl größte Tiersegnung Mallorcas

Ansonsten steht der 17. Januar im Zeichen der traditionellen beneïdes (Tiersegnungen). In keinem anderen Dorf der Insel haben die beneïdes eine solch große Bedeutung wie in Muro. In dem kleinen Ort wird schon seit dem 13. Jahrhundert Sant Antoni gedacht. Der in Frankreich entstandene Antoniter-Orden breitete sich damals auch auf der Insel aus, und die Kirche Sant Joan Baptista (Johannes der Täufer) in Muro wurde zu einem ihrer wichtigsten Stützpunkte.

Erstmals dokumentiert wurden die beneïdes 1414. Bis heute treiben Hirten ganze Schafherden durchs Dorf, und die Pferdebesitzer kommen sogar aus Sóller und Inca. Weihwasser gibt’s aber auch für Klein- und Federvieh: Gänse, Mäuse, ja sogar Papageien und Schlangen sind in den vergangenen Jahren vor der Kirche gesegnet worden. Auch der anschließende Umzug, bei dem Schulen, Vereine und Firmen bunte Wagen gestalten, sorgt für große Aufregung im Dorf – schließlich kann nur ein Wagen als der schönste prämiert werden.

Eine ebenfalls traditionelle Tiersegnung findet im Carrer Sant Miquel in Palma statt. Dort werden die beneïdes bereits seit dem 16. Jahrhundert abgehalten.

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Sant Antoni 2018: Tiersegnungen in Muro Diario de Mallorca

Sant Antoni auf Mallorca: Das sind die Hochburgen

  • Artà
  • Sa Pobla
  • Manacor
  • Muro
  • Capdepera
  • Pollença

Programm ausgewählter Orte auf Mallorca zu Sant Antoni 2023

Alcúdia

16. Januar 2023:

  • 16.30 Uhr: Dimonis (Teufel) und Sant Antoni ziehen durch die Straßen
  • 20 Uhr: Anzünden der foguerons (Lagerfeuer), botifarró (Blutwurst), llonganissa (Paprika-Streichwurst), Brot und Getränk für 1 Euro
  • 22.30 Uhr: Correfoc (Feuerlauf) mit dimonis (Startpunkt: Porta de Sant Sebastià)

17. Januar 2023: 16.30 Uhr beneïdes mit anschließendem Umzug (Startpunkt: Passeig Pere Ventayol)

Artà

16. Januar 2023:

  • 8 Uhr: Heiße Schokolade mit Ensaimada (Casa d’es Trull, Carrer Sorteta)
  • 9 Uhr: Dimonis treiben die Bewohner zusammen
  • 19 Uhr: Zug von Teufeln von der Casa d‘es Trull zur Capella de Sant Antoni für die completes (Messe)
  • 19.30 Uhr: Anzünden der foguerons

17. Januar 2023:

  • 8.30 Uhr: Pferdeumzug (Startpunkt: Coll de n'Abrines)
  • 11 Uhr: beneïdes (Plaça de l'Ajuntament), anschließend Messe

Capdepera

16. Januar 2023:

  • 14.30 Uhr: Zug der dimonis durch den Ort
  • 19 Uhr: Anzünden der foguerons

17. Januar 2023:

  • 15 Uhr: beneïdes mit anschließendem Umzug (Startpunkt: Carrer Ciutat)
  • 17.30 Uhr: Messe (Kirche Sant Bartomeu)

Manacor

16. Januar 2023:

  • 14.15 Uhr: Tanz der dimonis
  • 19.30 Uhr: Completes mit goigs (Freudengesang) in der Kirche Mare de Déu dels Dolors
  • 20 Uhr: Anzünden der foguerons (Plaça de la Rectoria)

17. Januar 2023:

  • 11 Uhr: beneïdes mit Umzug
  • 20 Uhr: letzter Tanz der dimonis
  • 20.30 Uhr Messe (Kirche Mare de Déu dels Dolors)

Muro

16. Januar 2023:

  • 19.45 Uhr: Zug der dimonis durch den Ort
  • 20.15 Uhr: Tanz der dimonis und Sant Antoni (vor dem Rathaus)
  • 20.30 Uhr: foguerons und correfoc
  • 23 Uhr: traditionelle Musik mit der Gruppe Sedaç
  • 00.30 Uhr: Jugendparty mit Xanguito und DJ Serrano

17. Januar 2023:

  • 11 Uhr: Messe in der Kirche Sant Joan Baptista
  • 15.30 Uhr: größte beneïdes der Insel, anschließend Umzug mit Wettbewerb um den schönsten Wagen

Palma

16. Januar 2023: abends gemeinsames Grillen (torrades) in den Vierteln Canamunt, Es Molinar, Son Dameto und Es Viver

17. Januar 2023:

  • 11 Uhr: Messe in der Kirche Sant Miquel
  • 11.30 Uhr: beneïdes im Carrer de Sant Miquel

Porto Cristo

16. Januar 2023:

  • 13.30 Uhr: Tanz der dimonis (Carrer d’En Gual, 31A)
  • 18.30 Uhr: Messe mit goigs in der Kirche Mare de Déu del Carme mit anschließendem Teufelstanz

17. Januar 2023: 16 Uhr beneïdes an der Plaça Ses Comes, mit anschließendem Umzug

Sa Pobla

16. Januar 2023:

  • 14.30 Uhr: Zug der dimonis und Sant Antoni durch den Ort
  • 20 Uhr: Completes in der Kirche Sant Antoni Abad
  • 21.15 Uhr: Tanz der dimonis mit den caparrots (Plaça Major)
  • 21.45 Uhr: Feuerwerk mit Musik
  • 22 Uhr: glosada (Spottgedichte) und foguerons mit gemeinsamem Essen
  • 0.30 Uhr: gemeinsames Singen

17. Januar 2023:

  • 11 Uhr: Messe mit Bischof Sebastià Taltavull in der Kirche Sant Antoni
  • 12.30 Uhr: Tanz der caparrots (Plaça Major)
  • 16.30 Uhr: beneïdes vor der Kirche, mit anschließendem Umzug