Mallorca Zeitung

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"Die beste Zeit im Jahr": Wie die Menschen auf Mallorca den Winter genießen

In Deutschland beschweren sich in dieser Jahreszeit viele über die Tristesse zum Jahresanfang. Nicht so in Mallorcas Küstenorten. Hier genießt so mancher ganz bewusst die Ruhe des Winters . Zu Besuch in Can Picafort

Flanieren wie die Urlauber - jetzt auch mal für Einheimische in Son Bauló auf Mallorca möglich Nele Bendgens

Es sind diese Wochen, Ende Januar, Anfang Februar, in denen in den Küstenorten auf Mallorca so wenig los ist wie zu keiner anderen Zeit im Jahr. Der Feiermarathon von Weihnachten bis Sant Antoni ist vorüber, die Urlaubersaison noch nicht eröffnet. Winterblues? Keine Spur. Vielmehr liegt eine ganz besondere Ruhe über den im Sommer so trubeligen Urlauberhochburgen. Eindrücke aus Can Picafort.

"Endlich gehört der Ort uns"

„Es ist die beste Zeit im Jahr. Endlich gehört der Ort uns“, sagt Consol. Die Mittvierzigerin steht in der Schlange beim Lotto-Laden im Ortsteil Son Bauló, wo viele ganzjährig wohnen. Anders als im Zentrum von Can Picafort, wo sich ein geschlossenes Geschäft ans andere reiht, herrscht hier, östlich des Hafens, kein Totentanz. Die Straßen sind belebt, Menschen allen Alters haben sich von den ersten Sonnenstrahlen nach den Regentagen nach draußen locken lassen.

Sie flanieren an der Meerespromenade entlang, wie es sonst nur die Urlauber tun, gönnen sich einen Kaffee in einer der zwei geöffneten Bars. „In anderen Jahreszeiten haben wir dafür überhaupt keine Zeit. Nur jetzt kann ich wirklich entspannen“, so Consol. In Ruhe Einkäufe erledigen, problemlos parken, Sport treiben, die Natur genießen. Zehn Monate im Jahr arbeitet sie im Hotel Gran Vista. Es ist das erste in der Gegend, das bereits Ende Februar wieder eröffnet. Aktuell ist nur ein kleines Hostal geöffnet. „Bis es wieder losgeht, brauche ich diese Entspannung. Für den Körper und das Gemüt“, sagt die Frau.

Endlich mal zum Strand

Consol genießt die zweimonatige Winterpause.

Juan Manuel geht es ähnlich. Auch der 60-Jährige arbeitet während der Urlaubssaison in einem Hotel, Überstunden und Schichtdienst inklusive. „In meinem Alter hält man das ohne einen Ausgleich im Winter gar nicht aus.“ Jeden Tag trifft er sich mit einer Handvoll Arbeitskollegen in der Bar Sa Plaça auf einen Plausch zum Morgenkaffee, danach streifen die älteren Herren gemeinsam an der Promenade entlang.

„Für junge Leute wäre es gut, wenn sie ganzjährig Arbeit hätten. Natürlich sind diese Kontraste zwischen Sommer und Winter problematisch. Aber was soll ich sagen? Jetzt gerade genieße ich genau das“, sagt der 63-jährige Paco, der ebenfalls zur Gruppe gehört. „Meist schaffe ich es den ganzen Sommer über nicht ein Mal an den Strand. Im Winter laufe ich fast jeden Tag rüber nach Son Real oder sogar weiter am Meer entlang bis Son Serra de Marina. Und kaum jemand ist da. Es könnte nichts Schöneres geben“, schwärmt er.

Schön, das Dort aufatmen zu sehen

Auch Cintia und Rosana wirken entspannt – dabei haben die 26-Jährigen heute nur ihren freien Tag und nicht länger Urlaub. Sie arbeiten in der Hafenbar von Son Serra, die ganzjährig geöffnet hat. Natürlich gebe es Momente, in denen sie auch mal neidisch auf jene seien, die im Winter die Füße hochlegen können. Andererseits gibt ihnen das regelmäßige Einkommen Sicherheit. Und die entspannte Winter-Stimmung in Cintias Wohnort Son Bauló färbt trotzdem auf sie ab. „Es ist schön, das Dorf aufatmen zu sehen.“

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