Lust auf neue Kontakte? In diesem Raum in Porto Cristo kommen Mallorquiner und Ausländer zusammen
Eine Spanierin und eine Schweizerin haben einen neuen Ort der Begegnung in Portocristo geschaffen. Für Mallorquiner und Ausländer

Da haben sich zwei gefunden: Sol Marban (li.) und Anna Hermann. / Nele Bendgens
Es gibt Momente, da trifft man Entscheidungen, die nachwirken. Als Sol Marban Ende vergangenen Jahres erfuhr, dass die Miete für ihren Dekoladen in Portocristo deutlich erhöht wird, hätten wohl viele andere an ihrer Stelle alles hingeschmissen und wären in den Ruhestand gegangen. Immerhin ist die Spanierin bereits 64. Doch für die Innenausstatterin ist der Gedanke ans Füßehochlegen „absurd“, wie sie sagt. Nicht nur wegen des Geldes, sondern auch, weil sie noch weiter arbeiten will. Statt aufzuhören, hat sie neu begonnen.
Mit einer Geschäftspartnerin, die ihr in vielem gleicht: Auch Anna Hermann ist 64 und Vollblutunternehmerin. Auch sie war alleinerziehende Mutter, hat erwachsene Kinder und ist Single. „Sol und ich haben vieles gemeinsam. Auch ich wollte einen Neuanfang. Also entschieden wir, unsere Stärken zu bündeln“, sagt die Schweizerin.

Mallorca Living & More ist als offener Raum konzipiert / Nele Bendgens
Annähern in Krisenzeiten
Der Elan, mit dem Marban und Hermann an ihr neues, gemeinsames Geschäftsmodell herangehen, ist förmlich zu spüren. Sichtlich stolz führen sie durch das helle Ladenlokal, das die beiden im Frühling angemietet haben. Wieder in Portocristo, diesmal direkt über der Restaurantmeile am Hafen. „Es stand 23 Jahre lang leer. Kaum zu glauben. Wir haben es komplett renoviert, jetzt ist es perfekt“, findet Anna Hermann. Perfekt für ein Konzept, das vielschichtig ist. „Mallorca Living & More“ prangt auf dem Schaufenster, daneben ist aufgelistet, was sich dahinter verbirgt: Immobilienagentur, Dekoladen, aber auch Ausstellungsort, Treffpunkt und Atelier für Workshops. „Es ist ein Open Space. Wir wollen Menschen zusammenführen. Ausländer und Mallorquiner“, resümiert Anna Hermann.
Ja, gerade jetzt, in Zeiten, in denen es auch mal Spannungen zwischen Einheimischen und Zugezogenen gibt. Diese hat Hermann selbst nicht miterlebt, sie stellt aber klar: „Wir Ausländer sind hier Gäste, auch wenn wir schon lange hier leben. Wir haben uns anzupassen, die Sprache zu lernen. Das Zauberwort heißt Respekt.“
Mit dem Zusammenbringen der Menschen hat Anna Hermann bereits Erfahrung. In den vergangenen Jahren hat die Züricherin, die fließend Spanisch spricht, nicht nur ein Immobilienbüro in Cala Millor geführt, sondern auch Gruppenreisen und touristische Events organisiert. Lange Zeit leitete sie zudem den Jardín de las Mujeres bei Artà, einen verwunschenen Garten, der auf Schicksale bedeutender Insel-Frauen aufmerksam machte, ihnen ein Gesicht gab und dazu einlud, in die Geschichte und Kultur der Insel einzutauchen.
Bei „Mallorca Living & More“ sollen Frauenthemen nun nicht im Vordergrund stehen. „Ganz davon komme ich aber nicht los“, sagt Anna Hermann belustigt und zeigt auf die aktuell ausgestellten Kunstwerke des bereits verstorbenen Palmesaners Patxi Echeverria. Einige von ihnen zeigen, etwas abstrakt aber doch unverkennbar, Vulven, den Ursprung des Lebens. „Ich möchte zudem gerne einmal ein Event über Brustkrebs machen, da ich selbst daran erkrankt war“, fügt Sol Marban hinzu.
Sonntägliche Event-Reihe
Aber auch andere Themen sollen im Fokus der Veranstaltungen stehen, die die beiden Unternehmerinnen in ihren neuen Räumlichkeiten planen. Etwa einmal im Monat, immer sonntags ab 11 Uhr, wollen sie die Menschen aus dem Inselosten zu der Eventreihe „Happy Sundays“ einladen.
„Los geht es mit einem Aperitif, dann wird ein Thema behandelt, bei dem alle Teilnehmer etwas Neues lernen können“, sagt Sol Marban. Am 2. November beispielsweise ist die Meeresbiologin Gigi Torras geladen, die über die Bedeutung der posidonia, des Neptungrases rund um die Insel referieren wird. Wie auch bei weiteren Events geht es dann dreisprachig zu: Spanisch, Englisch, Deutsch. „Wer mag, kann anschließend mitkommen zu einem gemeinsamen Mittagessen. Wir wollen einen schönen Tag schaffen, gerade für Menschen, die sich sonntags vielleicht ein wenig einsam fühlen und offen für neue Kontakte sind“, erklärt Anna Hermann. Unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder Nationalität. Bei der Vernissage von Patxi Echeverrias Ausstellung sei das bereits geglückt: „Insgesamt waren gut 90 Besucher da, mehr als die Hälfte davon Spanier.“
An Ideen für weitere Aktionen in Portocristo mangelt es den beiden Frauen nicht: Weinproben schweben ihnen vor und auch Mitmach-Workshops, beispielsweise zum Thema Papierschöpfen oder Feng-Shui. Zudem Buchpräsentationen wie mit der Autorin Anna Nicholas, die Mallorca-Krimis schreibt. „Und etwa alle drei Monate eine große Ausstellung von Künstlern, die hier auf der Insel leben“, so Hermann. Auch darum gehe es: Schönes zu zeigen, geschaffen von Menschen auf Mallorca. „Auch viele der Dekoartikel, die wir verkaufen, stammen von lokalen Kunsthandwerkern“, ergänzt Sol Marban. Zudem sei man offen für Kooperationen mit anderen Unternehmen, Galerien oder Läden. „Wir haben beide viele Kontakte, und die wollen wir nutzen“, betont die Spanierin.
Duo auf längere Zeit
Dass sich beide Frauen nicht nur in ähnlichen Lebenssituationen befinden, sondern auch ähnlich starke Charaktere sind, scheint bisher kein Problem zu sein. „Im Gegenteil. Es ist schön, nach so langer Zeit nicht mehr alleine zu arbeiten, sondern sich austauschen zu können“, findet Anna Hermann. Dass sie es ernst meinen mit ihrer Entscheidung, fortan als Duo zu wirken, zeigt auch der Mietvertrag fürs Ladenlokal: „Wir haben direkt für zehn Jahre unterschrieben“, sagt Anna Hermann. Erst einmal. „Wer weiß, vielleicht verlängern wir dann – schließlich sind wir dann ja auch erst 74.“
Freitag (14.11.), 18 Uhr: Finissage der Ausstellung „One“ von Patxi Echeverria. Freitag (5.12.), 18 Uhr: Vernissage „Sorpresa“. C/. Coves, 9, in Portocristo. Infos: www.living-mallorca.com
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