Die große Zeit seiner Schuhfirma Kollflex ist Pep Coll noch bestens in Erinnerung. „Noch vor zehn Jahren arbeiteten bei uns 130 Menschen", sagt er. Der Enkel des Mannes, der die Schuh­dynastie 1927 im nördlich von Inca gelegenen Dorf Selva gegründet hatte, steht etwas verloren in der im Jahr 2010 geschlossenen Fabrikhalle. Im vorderen Teil gibt seit Kurzem ein Museum einen Überblick über die Geschichte dieser

Traditionsfirma. „Noch 2006 produzierten wir hier manchmal 1.000 Paar Schuhe an nur einem Tag, jetzt stellen externe Manufakturen, die in unserem Auftrag auf der Insel arbeiten, nur noch etwa 1.500 Paare im Jahr her, die wir hier in unserem Laden verkaufen."

Es sind Zahlen, die eindrucksvoll den Niedergang der Schuh­industrie auf Mallorca belegen. „Es begann alles eher unmerklich, doch irgendwie liefen wir langsam in eine Art Falle, aus der wir nicht mehr herausfanden", sagt Pep Coll. Er beschäftigt inzwischen nur noch vier Mitarbeiter, darunter zwei Beschäftigte in dem neben dem Museum befindlichen einzigen Kollflex-Laden auf der Insel. Ansonsten können Schuhe dieser Marke nur noch im Internet (www.kollflex1927.com) erstanden werden, die hochwertigeren Modelle kosten bei den Frauen um die 80 Euro, bei den Männern um die 150 Euro ?

Nach der Umstellung von Peseten auf Euro Anfang 2001 seien die Materialien, die für die Herstellung eine Schuhs notwendig sind, auf dem Weltmarkt deutlich teurer geworden. „Doch es war uns nicht möglich, parallel dazu die Qualität der Produkte signifikant zu erhöhen", so Pep Coll. Kollflex musste seine Preise dennoch hochsetzen und wurde daraufhin seine Schuhe nicht mehr los. Sie waren nicht mehr konkurrenzfähig.

Zu ihren Hochzeiten wurden Kollflex-Schuhe nicht nur in Spanien, sondern auch in ausgewählten­ Geschäften in Deutschland verkauft. „Uns gab es unter anderem in Koblenz, München und Frankfurt am Main", sagt Pep Coll und zeigt auf Männer- und Frauenschuhe und -stiefel aus unterschiedlichen Jahrzehnten, die in dem Museum ausgestellt sind. „Während der Krise versuchten wir, uns auf ­Frauenschuhe zu konzentrieren, weil man für deren Herstellung weniger Personal benötigt." Die Sohlen von Frauenschuhen bestehen aus weniger Einzelteilen und erfordern weniger Arbeitsschritte. Doch auch diese Maßnahme konnte den Niedergang der Firma nicht verhindern.

Das Museum besteht aus nur einem Raum, in dem die Schuhherstellung und die Maschinen erklärt werden und die Kollflex-Modelle auf Regalen ausgestellt sind. An der Wand hängen Werbeplakate von anno dazumal. Zudem ist Platz genug für alle zwei Monate wechselnde Bilder und Skulpturen von Künstlern aus dem Raum Inca.

Dass Pep Coll seine wenigen Schuhe weiter auf Mallorca fertigen lässt, ist nicht seiner Gutherzigkeit geschuldet, sondern der Logik des Marktes. „Da wir eine breite Produktpalette bei nicht allzu großer Stückzahl haben, kam es nicht infrage, die Schuhe in China herstellen zu lassen." Denn dort seien die Fabriken auf viel weniger Modelle bei hohen Stückzahlen spezialisiert. Kollflex hatte in seinen besten Zeiten dagegen nicht weniger als 300 bis 400 unterschiedliche Modelle im Angebot. Ganz so viele sind es heute zwar nicht mehr, die für die treue Kundschaft gefertigt werden, aber es sind noch immer mehrere Dutzend. Pep Coll schließt nicht aus, dass das jahrelang kaum ­veränderte konservative Design der Schuhe zum Niedergang beigetragen haben könnte. „Vielleicht waren wir nicht mutig genug."

Das Kollflex-Gebäude liegt unübersehbar links an der Landstraße von Selva nach Lluc. Mo.?Sa. 9?20 Uhr, So. 9?14 Uhr. Eintritt frei.