Hager ist er. Mit seinem weißen Backenbart und dem wilden Haupthaar wirkt er ein wenig wie eine Figur aus einemMärchen. Miquel Àngel Joan, auch bekannt als Llonovoy, redet viel. Zwischendurch entschuldigt er sich dafür, dass er schon wieder vom Thema abgewichen ist. Er ist Schauspieler, Künstler und immer wieder auch Dichter und Autor. Kürzlich ist „Fets diVersos dels pobles de Mallorca" (Lleonard Muntaner, 112 S., 15 Euro) erschienen. Eine Sammlung von kurzen, amüsanten Beobachtungen über mallorquinische Dörfer in Versform. Der 55-Jährige aus Felanitx hat sie aber nicht auf der Insel geschrieben, sondern in Barcelona, wo er seit mehreren Jahren wohnt. „Ich würde das Buch gerne in einer zweisprachigen Ausgabe veröffentlichen", sagt er zu Beginn des Interviews. „Im katalanischen Original mit deutscher Übersetzung."

Kann das funktionieren? Ist es möglich, den mallorquinischen Humor ins Deutsche zu übertragen?

Ich denke schon. Beim Humor geht es ja nicht nur um Hahaha, sondern darum, einen wichtigen Teil seiner Kultur zu leben und zu teilen. Ich kann ja umgekehrt auch deutschen Humor schätzen. Ich verehre zum Beispiel Karl Valentin. Er war ein Vertreter des menschlichen Humors, dem ich mich sehr verbunden fühle, und er hat sein Genre erneuert.

Was kennzeichnet den mallorquinischen Humor?

Ich sage immer: Der mallorquinische Humor verwundet, lässt aber kein Blut fließen. Für Außenstehende kann das schon sehr grob wirken. Selbst meine Frau, die Katalanin ist und die gleiche Sprache spricht, zuckt manchmal zusammen, wenn ich einen Spruch bringe. In Felanitx gibt es eine besonders ironische Ausprägung dieses Humors. Wie das in anderen Dörfern ist, kann ich schlecht beurteilen.

In Ihrem neuen Buch machen Sie sich auf eine Reise durch die Dörfer Mallorcas. Was haben Sie herausgefunden?

Nun, es ist ja keine richtige Reise. Ich habe das Buch aus Erinnerungen geschrieben. Vielleicht ist es eher eine innere Reise. Offenbar habe ich hier und da aber richtig gelegen. Einige Leser haben mir gesagt, ich hätte bei der Beschreibung dieses oder jenen Dorfes den Nagel auf den Kopf getroffen. Dabei wollte ich teilweise nur einen Witz machen.

Gibt es eigentlich noch Unterschiede in der Wesensart der verschiedenen Dörfer?

Ich glaube, ja. Allerdings hat sich das natürlich sehr verflüchtigt. Es gibt Dörfer, die ich kaum noch wiedererkenne. Nicht nur, was die Architektur angeht. Und auch in Palma ist der Wandel eklatant. Die Häuser werden hier ohne Rücksicht auf das Stadtbild und die Menschen im Viertel renoviert.

Ist das nicht einfach Nostalgie?

Nein, das glaube ich nicht. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Ich habe

15 Jahre lang in der Altstadt von Palma gelebt. Morgens habe ich mich auf ein Kissen vor mein Haus gesetzt und habe in mein Notizbuch geschrieben. Soweit die Nostalgie. Aber irgendwann haben mich die Leute auf der Straße komisch angeguckt. Ich passte nicht mehr rein, weil sich alles so radikal verändert hatte. Geschweige denn, dass ich die Miete in dem Haus heute noch zahlen könnte.

Neben den kurzen Stücken über die Dörfer haben Sie im Buch auch ein längeres Gedicht über eine Verwechslung von Schwefel und Safran geschrieben.

Früher wurde Schwefel als gelbes Pulver in den Läden etwa zum Abtöten von Unkraut verkauft. Und das sah dem Safran ziemlich ähnlich. Im Grunde ist es eine Geschichte um den Betrug auf Mallorca. Ich glaube, wir werden alle betrogen. Sei es, weil man den Mund nicht aufmacht, oder weil einfach jemand einen Streich spielen will.

Zumindest das Gefühl ist da. Die Ausländer regen sich auf, dass sie hier betrogen werden. Und die Mallorquiner scheinen resigniert zu haben und sagen: Berauben wird man dich sowieso. Woran liegt das?

Der Mallorquiner vertraut nicht. Das liegt daran, dass es hier im Laufe der Geschichte immer wieder Invasionen gegeben hat. So wie jetzt auch. Wobei das ja erst mal nichts Schlechtes ist. Es müssen halt gute Leute kommen. Menschen, die an der Gesellschaft teilhaben wollen. Es kommt nicht darauf an, wo jemand herkommt, sondern wie sich jemand benimmt. Schauen Sie sich die mallorquinischen Hoteliers in Kuba an. Erst haben sie hier die Insel zerstört, und nun machen sie es dort.