Die Früchte schmecken saftig wie Äpfel, haben die Form einer Birne und sind etwas größer als Datteln. Auf den Marktständen der Insel jedoch wirken die heimischen gínjols neben den Trauben, Pflaumen oder Granatäpfeln wie aus der Zeit gefallen. Viele kennen ihren Namen nicht und wissen nicht, welche Bedeutung Frucht und Pflanze auf der Insel hatten.

Das Steinobst wächst an einem laubabwerfenden Baum oder Strauch, den Mallorquiner ginjoler nennen. Er blüht im Frühjahr und gehört zur Familie der Kreuzdorngewächse. Im Deutschen nennt man ihn Chinesische Dattel oder Jujubebaum (Ziziphus jujuba bot., azufeifo span.). Ursprünglich stammt er aus Asien, in den Mittelmeerraum kam die Pflanze wahrscheinlich mit den Mauren.

Die Bäume können eine Höhe von zehn Metern erreichen

In zwei langen Pflanzreihen wächst der Jujubebaum direkt am Eingang des Landguts Montblanc bei Maria de la Salut. Der Vater des heutigen Besitzer pflanzte in den 80er-Jahren insgesamt 115 Exemplare. „Es war damals die erste Plantage auf der Insel mit ginjolers, die größere Früchte - mit etwa sechs Zentimetern Länge - bildeten", sagt Miquel Vives. Er ist hauptberuflich in der Verwaltung im Rathaus von Ariany tätig, in seiner Freizeit kümmert sich der 39-Jährige um die Feigen auf den von seinem Vater geerbten 15 Hektar Land und natürlich auch um die Jujubebäume.

Damit die Früchte vom Boden aus geerntet werden können, zog man die Setzlinge von Anfang an mit Stamm und Krone. Zwischen Dezember und Februar stutzt der Mallorquiner die Äste kräftig zurück. Geschieht das nicht, könnten die Bäume ohne Weiteres eine Höhe von zehn Metern erreichen.

Beim Schneiden ist Vorsicht geboten: Direkt an den Ästen sitzen fiese kleine Dornen, die Baum und Früchte vor Fressfeinden schützen. Gegen die Fruchtfliege dagegen sind die Chinesischen Datteln nicht gefeit. Auch ökologische Mittel helfen - so Vives - nicht. Er behandelt die Plantage mit sanften chemischen Mitteln, die keine Rückstände auf den Früchten hinterlassen.Früher kannte man nur winzige Pflanzen

Die Bäumchen sind an eine Bewässerungsanlage angeschlossen, Nährstoffe liefern Pflanzenstauden, die zwischen den

Baumreihen wild wachsen. Mit einer elektrischen Sense mäht Vives das Unkraut im Frühling ab und legt das Schnittgut neben und zwischen den Stämmen auf die Erde. Die Wurzeln sind dadurch so gut mit Nährstoffen versorgt, dass sie zwischen den Pflanzreihen neue Triebe entwickeln und durch die Erde schieben.

Bevor Miquel Vives Vater die erste Sorte ginjolers pflanzte, die große Früchte tragen, kannte man auf der Insel nur winzige, mit­ etwa

zwei Zentimetern Länge. Ließ man die Früchte am Baum trocknen, wurden sie schrumplig und braun und gewannen so noch an Süße dazu. „Es waren höchst gesunde golosinas (Süßigkeiten), die man als Nachtisch und auch zwischen den Mahlzeiten naschte", erzählt Vives. Im Gegensatz zum Verzehr von Kirschen litt, wer zu viel von diesem Steinobst aß, auch nicht unter Bauchschmerzen.

Aber nicht nur das. Der Baum lieferte wichtige Beiträge für die Hausapotheke. Die Wirkstoffe der Blätter inhalierte man bei Erkältungen, aus den Wurzeln wurde ein fiebersenkender Sud hergestellt, und auch dem Hierbas-Likör gaben die zarten Blätter Aroma. Heute weiß man, dass die Frucht reich an Vitamin C, Mineralien sowie an Calcium ist.Das Holz ist sehr begehrt

Außerdem war das Holz des gefällten Jujubebaumes auf der Insel sehr begehrt: Die Schiffsbauer mestres d'aixa verwendeten es gut abgelagert, die Instrumentenbauer ebenfalls. Sie formten daraus das Holzstück des Dudelsacks. Auch den Flöten der mallorquinischen Musikgruppen gab das Holz den richtigen Sound.

Doch diese Zeiten sind schon lange vorbei. Der ginjoler ist aus der Mode

gekommen und wird nur noch selten gepflanzt. Vor 30 Jahren bezahlte man noch drei Euro pro Kilogramm. „Wenn ich die Früchte heute bei Palmas Großmarkt abliefere, bekomme ich einen Euro", berichtet Miquel Vives und bedauert, dass der Insel ureigenste Obstsorten nicht mehr wert­geschätzt werden.

Deshalb verschenkt er die gínjols an Freunde und Bekannte und isst sie selbst am liebsten nach den ersten Herbstregen, wenn Blätter und Früchte noch nass sind. Reif sind diese, wenn die hellgrüne Haut braune Flecken zeigt. Dann ist das Fruchtfleisch fest und saftig, und es schmeckt angenehm süß mit leicht säuerlicher, nussiger Note.