Als der Straßenbauingenieur Eusebi Estada 1868 im Alter von 25 Jahren von seinem Studium in Madrid nach Palma zurückkehrte, schämte er sich für die Rückständigkeit Mallorcas im Vergleich zur spanischen Hauptstadt in Grund und Boden, heißt es. Es gab auf der ganzen Insel vorwiegend schmale, von Natursteinmauern begrenzte Erdwege. Von einem Ort zum anderen zu kommen, dauerte eine Ewigkeit. „Wenn zwischen Inca und Palma ein Eselskarren einem anderen begegnete, war es immer ein kompliziertes Manöver, anei­nander vorbeizukommen", sagt der Ingenieur Juan Antonio Esteban, Chef des Straßen-, Hafen- und Kanalbauer-Kollegiums der Insel. „Der Druck aus der Bevölkerung, die Verkehrsverbindungen zu verbessern, war riesig."

Und so war Eusebi Estada, der vor genau 100 Jahren starb, der richtige Mann zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort, zumal es auf der Insel damals „nur zwei oder drei ausgebildete Straßenbauingenieure gab", wie Juan Antonio Esteban weiß.

Gut 40 Jahre nach deren Erfindung existierte immer noch keine Eisenbahn auf Mallorca. Nicht zuletzt, weil Industrielle in

der damals blühenden Schuhstadt Inca es satthatten, ihre Produkte im Zeitlupentempo zum Hafen von Palma zu schaffen, beauftragte der spanische Staat Eusebi Estada mit dem Bau der ersten Insel-Eisenbahn.

Der Mann aus gutem Hause, der über seine Frau mit dem letzten Generalkapitän Spaniens auf Kuba, Valeriano Weyler (1839-1930), verbandelt war, ließ die 28 Kilometer lange Strecke in nur zwei Jahren (1873-1875) erbauen. Da er überzeugende Arbeit geleistet hatte, durfte er die Linie 1878 nach Sa Pobla verlängern und 1879 nach Manacor und eine Verbindung vom Bahnhof Palma zum Hafen bauen. 1897 zeichnete Eusebi Estada für die Errichtung der Bahnstrecke nach Felanitx verantwortlich und 1917 für die nach Santanyí. Sämtliche Lokomotiven und Waggons wurden aus England importiert, dem damaligen weltweiten Monopolisten dieser Branche, der beispielsweise auch das ferne Argentinien mit einem kompletten Eisenbahnnetz ausstattete. Zwischendurch baute Eusebi Estada bestehende Straßen aus und legte neue an - wie etwa die raffiniert in Berghänge gehauene Kurvenroute, die von Inca zum Kloster Lluc führt. Eusebi Estada baute ebenso mehrere Leuchttürme, darunter sämtliche auf dem Eidechsen-Eiland Dragonera. Durch den Ausbau der Verkehrsverbindungen trug der umtriebige Ingenieur erheblich zum Ausbau der Wirtschaftsleistung unterschiedlicher Branchen bei. Die Firmen konnten etwa Schuhe und Möbel weniger umständlich zum Hafen von Palma bringen.

Zwischen all den Vorhaben fand Eusebi Estada auch noch Zeit, emsig Fachbücher zu schrei­ben. Sein Hauptwerk heißt „La ciudad de Palma, su industria, sus fortificaciones". Er schrieb das Opus 1885, ärgerte sich darin schwarz über fehlende Wasserleitungen in der Stadt und die damit verbundenen schlechten hygienischen Bedingungen und wünschte sich sehnlich den Abriss der Stadtmauer, was zur Jahrhundertwende auch tatsächlich geschah. Ewige Zeiten lang hatte niemand das Recht, auf einer Distanz von 1,2 Kilometern außerhalb der Mauer Gebäude zu errichten, was sich nach dem Abriss selbstredend änderte.

„Estada war wie so viele damals durch und durch in den technischen Fortschritt vernarrt", so Ingenieur Esteban. Doch mitunter bewahrte er auch Altes: Eine Brücke über den Riera-Sturzbach unterhalb des Sa-Feixina-Parks wurde auf Initiative des Straßenbauers nicht abgetragen und durfte bleiben. Deswegen brachten Juan Antonio Esteban und Vertreter von Palmas Stadtverwaltung aus Anlass des 100. Todestages von Mallorcas Eisenbahn- und Straßenvater dort am Mittwoch (1.11.) feierlich eine Ehren-Plakette an. Dass der Plaça d'Espanya bis zum Bürgerkrieg Plaza Estada hieß, verwundert angesichts seiner herausragenden Leistungen nicht.