In Kürze müssen die Samen für die Setzlinge in die Vorzuchttöpfe, wo sie bei warmen Temperaturen drinnen keimen. Noch ist Zeit für die Auswahl der Samen. Denn der Namenstag der Santa Agata am 5. Februar gilt auf Mallorca als klassischer Saattermin für Sommergemüse. Biogärtner, die sich nach dem Mondkalender richten, säen entweder schon bei Neumond im Januar (17.1.) oder lassen sich bis zur luna nueva im Februar Zeit (15.2.). Im Mai kommen die Setzlinge dann in die Beete.

Für die richtige Auswahl der Samen ist der neue, überarbeitete Katalog der Vereinigung der Züchter lokaler Gemüsesorten „Associació Varietats Locals de ses Illes Balears" (AVL) mit Sitz in Porreres hilfreich. Es gibt ihn als PDF, aber bei den dort nachzulesenden Bezugsquellen auch ausgedruckt. Beide sind in Katalanisch verfasst, Fotos und botanischen Namen helfen jedoch bei der Auswahl. „Wir bieten jetzt 60 verschiedene Gemüsesorten an", sagt Aina Socies von der AVL. Für sie sind diese wichtiges Kulturgut der Insel und außerdem Arten, die sich für den ökologischen Anbau besonders gut eignen. Sie haben sich im Inselklima bewährt und sind resistent gegen Schädlinge.

Im Programm sind beispielsweise die Samen der kleinen rote Gewürzpaprika pebre de tap cortí, die traditionell der Sobrassada das Rot verleiht. Neu aufgenommen wurde die ceba d'Andratx, eine rote Zwiebel mit süßem Geschmack, die sich als Zutat für sommerliche Salate eignet. Zu den bewährten Honigmelonen, wie beispielsweise die meló eriçó, die man wörtlich mit „Igelmelone" übersetzen könnte, kommen die Samen der meló clot des pou. Wird diese geerntet, bevor sie ganz reif ist, kann sie bis im Dezember gelagert werden. Ebenfalls neu im Programm ist die pebre de padrón. Eigentlich weist der Name auf die Herkunft im galicischen Ort Padrón hin. Doch die Samen ­wurden in Binissalem akklimatisiert und eingebürgert: Dort säte man Jahre hintereinander die Paprikasorte aus, bis man Samen für widerstandsfähige Pflanzen erzielte, die sich dem Inselklima angepasst haben.

„Früher gehörte die Saatguternte zu den jährlich anfallenden Arbeiten der pagesos (Landwirte)", schreibt Aina Socies im AVL-Katalog. Man säte ausschließlich Samen von Früchten aus, die vom eigenen Grund und Boden stammten. Dass die lokalen Sorten so ins Hintertreffen gerieten, liegt zum einen daran, dass es ein mühsamer Prozess ist, die Pflanze so lange wachsen zu lassen, bis sie Samen bilden. Diese im richtigen Moment zu ernten und fachgerecht zu konservieren, ist eine Wissenschaft für sich. Doch dass die Liste der vom Aussterben bedrohten Gemüsesorten der Insel so lang werden konnte, ist auch die Schuld der Monopolisierung des Saatgutmarktes. Hybride überschwemmen den Markt mit sterilen Einheitssorten. Die Landwirte sind gezwungen, jedes Jahr neue Samen zu kaufen. Häufig sind diese für Gewächshäuser und auf hohe Erträge konzipiert.

Doch den Biobauern geht es nicht unbedingt darum. Für viele ist die Sortenvielfalt in den Beeten ein wichtiger Beitrag zur Ökologie. Deshalb bemüht man sich seit den 70er-Jahren wieder, dass das verloren gegangene mündliche Wissen wieder lebendig wird. Eine wichtige Rolle spielten dabei die 15 Multiplikatoren, wie die Samenlieferanten im Katalog genannt werden. Zu den wichtigsten zählen die Züchter Viver de Can Nicolau in Sant Joan, sowie Ca Na Justa in Porreres. Die Familien praktizieren seit Jahren die Saatguternte der Einjährigen, wählen die besten Pflanzen zur Vermehrung und säen nur deren Samen aus.

Damit „Varietats Locals" das Bio-Siegel auf seine Tütchen ­drucken kann, dürfen nur Fincas Samen liefern, die ebenfalls über das Ökozertifikat verfügen. Auch der Lehrbetrieb „Viver bio d'Estel de Llevant" in Manacor, mit dem die AVL künftig kooperieren wird, ist im Besitz des Bio-Siegels. In der Gärtnerei absolvieren Auszubildende mit Behinderungen ­eine Lehre im ökologischen Anbau. Zum Ausbildungsprogramm gehört die Aussaat und Aufzucht von Gemüse­setzlingen. Großabnehmer sind die Biofarm Sa Taulera sowie der ­Gewürzhändler Crespí.

In der Gärtnerei befinden sich Beete mit einer Vielzahl lokaler Sorten. „Der Ausbildungsbetrieb wird uns künftig bei der Ernte der Samen und deren Konservierung unterstützen", erklärt Socies.

Der violette Rettich

Der Inselrettich (Raphanus sativus bot., -rábano mallorquín span., rave mallorquí kat.) gehört zur Rohkost. Er wird von den Inselköchen geschält und in Streifen -geschnitten gemeinsam mit der grünen -Paprikaschote zu Reisgerichten serviert.

Die kleine Kichererbse

Sie ist klein, aber fein, die mallorquinische Kichererbse (Cicer arietinum bot., garbanzo span., ciurons mallorquins kat.). Getrocknet spielen die Samen des Schmetterlingsblütlers in der Winterküche der Insel traditionell eine große Rolle.

Schoten zum Trocknen

Die Gewürzpaprika (Capsicum annuum bot., pimentón tap de cortí span., pebre tap de cortí kat.) war völlig vergessen. 2009 ließ die Slow-Food-Bewegung die aufge-fädelten Schoten an einer Fassade aufhängen. Das brachte die Produktion in Schwung.

Die Echte für die Zöpfe

Sie ist klein und rund und hat eine feste Haut: die Ramallet-Tomate (Solanum lyco-persicum bot., tomate de ramallet span., tomàtiga de ramellet kat.). Sie übersteht den Winter und ist neun Monate lagerfähig. Das schaffen Hybridsorten nicht.

„Catàleg AVL" als Pdf mit Sortenliste und Verkaufsstellen bei Facebook unter „Associació de Varietats Locals"