Funny aus Bielefeld ist nicht zum Feiern an den Ballermann gekommen. Sie will reden. Über Gott. „An was glaubt Ihr?", fragt sie zwei junge Männer vom Bodensee. „Für mich hat Religion zu viel Zwang. Viele wollen einem einen Glauben aufdrängen", sagt der eine. Funny zeigt Verständnis, beginnt zu erzählen, was sie mit Gott verbindet. Selbst als der zweite Mann sie zum dritten Mal leicht lallend unterbricht: „Du hast so schöne Augen", lächelt sie und redet einfach weiter.

Knapp 90 junge Christen von der überkonfessionellen Bibel- und Missionsschule Gospeltribe haben sich vom 4. bis 14. August auf den Weg nach Mallorca gemacht. Ihre Mission: mit Touristen über Gott sprechen, singen, predigen und erzählen, wie Gott ihr Leben verändert hat. Veranstaltet wurde die Reise zusammen mit der Jugendmissionsgemeinschaft (JGM) Bielefeld.

Am Strand vor dem Megapark haben die Gläubigen ein großes Schild in den Sand gerammt. „Bock auf Beach-Gottesdienst?", steht darauf geschrieben. Und tatsächlich haben erstaunlich viele Lust. Am Donnerstagabend (9.8.) gegen 22 Uhr sind fast 300 Leute da. „Viele kommen spontan vorbei und gucken was los ist", erzählt Gernot Elsner, Initiator von Gospeltribe.

Passanten machen Fotos oder Videos, ein Radfahrer hält an, steigt ab und setzt sich auf die Mauer. Laut ankommende Party-Urlauber sind plötzlich ruhig und schauen sich das Spektakel an. Viele wissen erst gar nicht, was hier los ist. „Ich bin hierhin gekommen, weil ich coole Musik gehört habe. Kirche ist aber nicht so meins", sagt der 20-jährige Dominik und geht weiter. Am Strand hat es sich eine Männertruppe in Bierkönig-Shirts bequem gemacht, statt zu grölen halten sie Liederzettel in den Händen und singen brav mit. Pärchen nehmen sich in den Arm, hören gespannt zu, als einer der Gläubigen von seinem Weg zu Gott erzählt.

So außergewöhnlich wie der Ort, so anders ist auch der Gottesdienst, auf „Halleluja" und „Vaterunser" wartet man vergeben. Stattdessen wird poppige Musik gespielt, ein kurzes Schauspiel aufgeführt, in dem es um Depressionen geht, es werden persönliche Lebensgeschichten erzählt. Auch ein Rapper tritt auf. Eigentlich ziemlich unkirchlich, doch der Berliner Kevin Neumann macht keinen Straßenrap, er ist Gewinner des christlichen Musikwettbewerbs „SongTalent 2015". Sarah und Nathalie aus Frankfurt gefällt die Show. „Es ist eine tolle Idee und nicht langweilig. Hier wird nicht nur aus der Bibel erzählt."

So ganz ohne Bibel geht es aber auch nicht. Am Strand wird die „Party-Bibel - Jesus loves you" verteilt. Das neue Testament, mit ausgewählten Stellen für „Party- und Festival-Freaks", steht im Vorwort. Ergänzt wird das Wort Gottes wieder einmal mit Geschichten von jungen Gläubigen. „Uns ist aufgefallen, dass Urlauber am Ballermann viel Spaß haben, in Gesprächen stellt sich aber oft heraus, dass manche Probleme haben", so Melanie Wied, die Sprecherin von Gospeltribe. Mit der Party-Bibel könne man ihnen etwas mit auf den Weg geben.

Der Christin Sabine aus Stuttgart ist ein Urlauber besonders in Erinnerung geblieben. „Er hat erzählt, dass er letztens bei einer Audienz des Papstes war." Ob das stimmt? „Ja, das hat mich positiv überrascht, denn das erwartet man hier erst mal nicht. Wir haben zusammen gebetet und er ist wiedergekommen." Sabine ist zum ersten Mal dabei und war zuvor etwas skeptisch, ob sie gut mit den Leuten hier kommunizieren kann. „Doch ich habe viele intensive Gespräche geführt."

Gernot Elsner erinnert sich an lustige und berührende Situationen: „Gestern hat sich jemand beschwert, dass sein Kumpel tagsüber am Pool nur noch die Party-Bibel liest. Gerührt war ich von einer Neunjährigen, die während des Gottesdienstes angefangen hat zu weinen. Ihre Mutter hat gesagt, dass sie keinen Glauben hat, ihre Tochter aber frei entscheiden darf."

Kleinere Zwischenfälle gab es mit einigen Ballermann-Urlaubern auch, so Elsner. „Einer hat eine Bibel zerrissen, ein anderer hat damit nach uns geworfen. Manchmal will auch ein Betrunkener ans Mikrofon und etwas vorsingen. Aber das ist wirklich die Ausnahme." Abhalten lassen will man sich davon nicht. „Im nächsten Jahr kommen wir wieder", so Elsner.