Jede Kultur hat ihre Eigenarten, was sich auch daran erkennen lässt, welche Spuren sie bei ihren kriminellen Aktivitäten hinterlässt. So verlor ein Grabräuber im Mittelalter in der alten Totenstadt Son Real an der Bucht von Alcúdia eine Münze. Im Jahr 2000 hingegen hinterließ ein Eindringling eine Packung Tortilla-Chips.

Diese Artefakte sind eher kuriose Anekdoten im Vergleich zu den spektakulären Funden, die dieser Tage bei den Ausgrabungen auf der Landzunge unweit der Urlauberhochburg Can Picafort gemacht wurden. Insgesamt hat man die Knochenreste von sechs Menschen gefunden, die vor rund 2.500 Jahren gelebt haben. Teilweise waren die Skelette noch komplett erhalten. Ausgrabungsleiter Jordi Hernández ist äußerst zufrieden. „Vor allem angesichts der ursprünglichen Annahme, dass die Nekropolis schon weitgehend komplett erforscht war."

Immer noch Hoffnung, etwas zu finden

Die ersten professionellen Ausgrabungen in Son Real hatte es bereits in den 60er-Jahren gegeben. Damals wurden in fünf Ausgrabungskampagnen 106 Gräber gefunden. Auch damals wurde übrigens eine Münze aus dem Mittelalter gefunden. Seit 1998 wurden insgesamt 16 dieser Kampagnen gestartet, alle jeweils zwei Wochen lang. Dabei wurden 33 Gräber gefunden. „Wir wissen, dass sich langsam die Orte für neue Gräber erschöpft haben, aber es gibt noch Hoffnung, hier und da etwas zu finden", so Jordi Hernández.

Bei den Ausgrabungen in diesem Jahr haben die Forscher den Schwerpunkt an zwei Punkten der Nekropole gesetzt, eine im Süden, eine in der Mitte. „Es ging uns vor allem darum, auszuschließen, dass sich hier noch wichtige Funde verstecken", erklärte Bernat Burganya, ein Archäologe. Die Ausgrabungen haben zu einem Zwist zwischen der Gemeinde Santa Margalida, zu der die Nekropole gehört, und der Balearenregierung, der das Grundstück Son Real gehört, geführt. So verlangt die Gemeinde 350.000 Euro aus der Steuer für nachhaltigen Tourismus, um die Ausgrabungsarbeiten zu beenden. Auch die Bewahrung des im Mittelmeer einzigartigen Ortes soll damit in die Wege geleitet werden.

Eine unbewachte Kulturstätte

Denn noch ist die Landzunge mit Ausnahme der Ausgrabungszeiten das ganze Jahr über unbewacht. Anwohner erklärten der MZ-Schwesterzeitung „Diario de Mallorca", dass sie etwa immer wieder Lagerfeuer auf dem als mystischen Ort geltenden Küstenabschnitt sehen würden. Immer wieder würden Leute dort esoterische Rituale feiern. Eine Absperrung, die einst vorhanden war, wurde vor 17 Jahren durch einen Sturm zerstört. Und so könnten auch Grabräuber da unbemerkt arbeiten. „Dabei kommt dabei wenig herum", wie eine Archäologin erklärt. „Eine Öllampe aus der Römerzeit bringt auf dem Schwarzmarkt etwa 20 Euro." Aber nicht zuletzt stelle auch das Meer eine Gefahr dar, weil sich die Brandung ins Land frisst.

Joan Monjo, der Bürgermeister der Gemeinde, verweist auf das Kompetenzproblem. Denn neben Gemeinde und Regionalregierung sind auch noch der spanische Staat als Autorität über die Küste und der Inselrat als Verwalter des Kulturerbes mit involviert. „Da muss man sich erst mal einigen", so Monjo.

Nur noch eine Erinnerung

Die beteiligten Wissenschaftler fordern, dass so schnell wie möglich eine Lösung gefunden wird. „Sonst ist die Nekropole am Ende dieses Jahrhunderts nur noch eine Erinnerung in Büchern und auf Fotos", alarmiert Ausgrabungsleiter Hernández. Wenn es nach den Forschern geht, würde man für Son Real ein Konsortium gründen, das sich um die Verwaltung des Ortes kümmert, so wie es zum Beispiel in der alten Römerstadt Pollentia in Alcúdia der Fall ist.

Die menschlichen Überreste, die in diesen Tagen gefunden wurden, sollen ins Labor kommen, wo sie auf ihre Todesursachen und ihre Lebensumstände hin untersucht werden.