Wenn alte Männer in einer mallorquinischen Bar sitzen und man nicht weiß, ob sie zum Kartenspielen da sind oder zum Sprücheklopfen, dann wird Truc gespielt. Das ist natürlich ein Klischee, denn auch junge Menschen spielen Truc, auch außerhalb von Bars. Aber weil Klischees immer ihren Widerhall in der Realität brauchen, haben sich kurz nach 16 Uhr an diesem Nachmittag ein paar ältere Herren in der Bar Es Pou in Puigpunyent zusammengefunden, um an grün bezogenen Tischen Truc zu spielen. Einige andere stehen daneben und gucken zu. Sie sprechen Katalanisch und

Spanisch durcheinander und trinken mehr Kaffee als hierbas.

Ungewisse Herkunft

Woher Truc kommt, ist unklar. Nachfragen bei Bibliotheken der Insel und Kulturhistorikern führen zu der erstaunlichen Erkenntnis, dass sich anscheinend niemand auf der Insel mit der Geschichte ihres bekanntesten Kartenspiels auseinandergesetzt hat. „Und das, obwohl Geschichtsstudenten an der Balearen-Universität nichts anderes machen, als Bier zu trinken und Truc zu spielen", wie ein Freund des Autors dieser Zeilen kommentiert.

Die spärlichen Hinweise, die sich finden, deuten darauf hin, dass die Ursprünge dieses Kartenspiels bis ins Mittelalter zurückreichen. Truc ist womöglich arabischen Ursprungs und in der Gegend um Valencia entstanden. In Valencia wird es immer noch gespielt, mit leichten Unterschieden zum mallorquinischen Truc. Weitere Varianten finden sich in Argentinien - dort heißt das Spiel Truco - sowie in Portugal und Frankreich.

Einen Monat üben - dann hat man's drauf

„Truc gibt es schon, so lange ich denken kann", sagt Joan. Der pensionierte Feuerwehrmann schaut in der Bar Es Pou gerade den anderen beim Spielen zu. Er selbst hat Truc mit Anfang 20 gelernt. „Im Feuerwehrpark, da hatten wir oft viel Zeit." Truc ist ein kompliziertes Spiel. Auch wenn Joan das anders sieht: „Ach Quatsch, wenn man einen Monat lang jeden Tag spielt, hat man es drauf." Ein gewisser José Peris Celda, der 1958 die Regeln der valencianischen Variante des Trucs aufschrieb, notierte in seinem Vorwort: „Dieses Spiel bedarf der Beherztheit, des Mutes, des Täuschungsvermögens und Schwindelns, wenn sich die Möglichkeit dazu bietet."

Gespielt wird üblicherweise zu viert, auch wenn sich an diesem Nachmittag im Es Pou eine Sechsergruppe zusammengefunden hat. Jeweils zwei Spieler schließen sich zusammen, die Partner sitzen sich gegenüber. Jeder bekommt drei Karten. Die Regeln und den Spielverlauf im Einzelnen zu erklären würde zu weit führen - Celda etwa braucht sechzehn Kapitel für sein Regelwerk. Nur so viel: Jedes Team versucht jeweils zwei der drei Kartenrunden für sich zu entscheiden.

Wie viele Punkte das in der Gesamtwertung gibt, hängt davon ab, wie viele man zu setzen bereit ist. Ruft man „Truc", setzt man drei Punkte. Der Gegner lehnt ab (dann gibt es einen Punkt), nimmt an oder verdoppelt mit einem „Retruc". Daneben gibt es die „Envits", eine Art Spiel im Spiel, bei dem es darum geht, wer die höchste Augenzahl derselben Farbe auf der Hand hält. Hier stehen zwei Punkte auf dem Spiel. Gewonnen hat das Team, das als erstes 24 Punkte gesammelt hat.

Die komplizierte Hierarchie

Die mallorquinische Variante des Trucs hat eine etwas merkwürdige Hierarchie bei den Karten. Die Knüppel-Elf steht oben als l'amo (der Herr), danach kommt die Münzen-Zehn sa madona (die Dame, angeblich weil die Figur auf der Karte immer sehr feminin gezeichnet ist). Es folgen Schwert-Ass (llengua d'espases), Knüppel-Ass (llengua de bastos), Schwert-Sieben (manilla d'espases) und Münzen-Sieben (manilla d'espases). Danach folgen abwärts zählend die anderen Karten.

Darum geht es aber eigentlich nur am Rande. „Das Wichtigste beim Truc ist das Schwindeln und der Quatsch, den man redet", sagt Joan. Truc hat ein ganz eigenes Vokabular: „Mata que déu perdona" (Töte, denn Gott verzeiht - die Aufforderung an den Mitspieler, die Karte des Gegners zu überbieten) ist ebenso dabei wie „Canta" (Sing! - die Aufforderung an den Mitspieler, Truc zu sagen). „I diuen que hi ha peces a n'aquest joc" (Es heißt doch immer, es gibt gute Karten in diesem Spiel) kann man sowohl sagen, wenn man ein starkes wie auch ein schwaches Blatt auf der Hand hat.

Wie beim Boxen

Der Schwindel ist Teil des Spiels. Truc lebt von den Zeichen, mit denen man seinen Mitspielern signalisiert, welche Karten man hat. Eine hochgezogene Augenbraue steht für den amo, ein Augenzwinkern für die madona. Auch die anderen hohen Karten haben jeweils ihr Zeichen. Gleichzeitig versuchen die Spieler, den Gegner durch Sprüche und falsche Zeichen abzulenken und zu verwirren.

José Peris Celda vergleicht das Kartenspiel mit dem Boxen. So wie sich die Boxer gegenseitig im Kampf die Nase kaputt schlagen, sich aber nach dem Kampf umarmen, genauso necken sich sie Truc-Spieler gegenseitig während des Spiels, um danach immer noch als Freunde auseinander zu gehen. „Truc kann man nicht um Geld spielen", sagt auch Joan. „Das macht überhaupt keinen Sinn. Es widerspricht der Grundidee des Spiels."

Gut spielt, wer den Sieger auslacht

Truc, sagt der ehemalige Feuerwehrmann, sei schlicht und einfach ein Zeitvertreib. „Dass es nicht langweilig wird, liegt daran, dass einem nie die Ideen ausgehen, um den Gegner an der Nase herumzuführen." Dann wendet Joan den Blick wieder der Runde zu. „Wenn man das Spiel nicht beherrscht, wird man auch beim Beobachten nichts begreifen", sagt er. „Aber ich lerne hier viel. Ich schaue nicht auf die Karten, sondern auf die Spieler. Man erfährt viel über den Menschen. Zuckt er mit der Hand, wenn er blufft? Glänzen die Augen, wenn er gute Karten hat?"

José Peris Celda, der Truc-Experte von 1958, gibt in seinem Vorwort noch einen Rat, bevor er sich ausführlich den Regeln zuwendet. „Die größte Leistung des guten Truc-Spielers ist, dass er im Moment der Niederlage immer noch genug Sprüche und Ausreden auf Lager hat, um sich über diejenigen lustig zu machen, die ihn gerade besiegt haben."