Ihre Eltern stammen aus Familien, deren Stammbäume sich jahrhundertelang im Baskenland und in Katalonien zurückverfolgen lassen. „Ich bin die Erste, die diese lange Tradition bricht", erzählt Mirenchu Beascoechea (53), deren Vorname wie ein Künstlername klingt, tatsächlich aber original baskisch ist. Geboren auf Mallorca, verheiratet mit einem Venezolaner, lebt die Designerin mit ihrer Familie nach zahlreichen Umzügen in Marratxinet. Auch ihr künstlerischer Weg verlief nie nur geradeaus. Sie liebt es, neue Materialien und Techniken auszuprobieren, um ihren vielfältigen Interessen Ausdruck zu geben. Aktuell fertigt sie Teller aus Muranoglas. Das ist hochwertiges Glas, das von der Insel Murano bei Venedig stammt. Mit Guillermo Mendez, Chefkoch im El Olivo im Belmond La Residencia in Deià, arbeitet sie seit Jahren zusammen und entwirft Teller für seine speziellen Gerichte.

Dabei begann Mirenchu Beascoecheas Karriere ursprünglich als Modedesignerin. Nach dem Studium in Spanien bekam sie ein Stipendium im Institut Marangoni in Mailand, eine der besten Modeschulen weltweit, und spezialisierte sich auf Schuhe. „In den Klassen machte man keinen Unterschied zwischen Anfängern und Fortgeschrittenen, alle Schüler saßen an langen Tischen nebeneinander", erinnert sich Mirenchu Beascoechea. Eine inspirierende Zeit. Nach zwei Jahren in Norditalien kehrte die junge Frau in die Heimat zurück. Auf Mallorca wartete bereits ein Job auf sie in der Schuhmanufaktur Yanko, geführt von jenen Besitzern, die auch Carmina Shoemaker betrieben. Dort lernte sie Schuhe von A bis Z herzustellen und gründete nebenbei zusammen mit vier Kollegen die Modeschule Blau Escuela de Diseño in Palma, wo sie einige Jahre den Fachbereich Mode verantwortete. Nachdem die Firma Yanko schloss, entwarf sie als Selbstständige Schuhe für internationale Firmen wie Timberland oder die Modedesignerin Sybilla.

„Mein Arbeitsrhythmus war sehr schnell damals - und irgendwann nicht mehr zielführend", erinnert sich die Designerin. Mit

Mitte 30 und als Mutter von zwei Kindern zog sie kurzerhand einen Schlussstrich und dachte darüber nach, wie ihr Leben weitergehen sollte. Sie spielte Klavier und interessierte sich für Makrobiotik und Permakultur, studierte bei dem Japaner Fukuoka Masanobu, der mehrere Standardwerke in der Permakultur veröffentlicht hatte. In einem seiner Kurse auf

Mallorca lernte sie einen italienischen Glaskünstler mit Werkstatt in Palma kennen. Von ihm ließ sie sich in die Technik der Muranoglaskunst einführen.

Begeistert von dem edlen Material richtete sie eine eigene Werkstatt in Marratxinet ein und begann, mit Glas zu experimentieren. Schnell war klar, dass sie ein hochwertiges Produkt aus besten Rohstoffen anbieten wollte, Objekte von intensiver Farbe, die sich zwischen Kunst und Dekoration bewegen. Zu ihren ersten Aufträgen zählten die Teller für Guillermo Mendez, der sich für seine Küchenkreationen im El Olivo spezielle Teller in bestimmten Größen, Farben und Formen wünschte, um darauf seine Gerichte zu präsentieren. Neben der Muranoglas-Serie (Teller ab 90 Euro) fertigt Mirenchu Beascoechea auch Teller und Deko-Objekte aus farblosem Glas an, das sie mit Farbpulver einfärbt und so verschiedene Muster kreiert. Im ersten Brennvorgang wird die Farbe eingebrannt, im zweiten Schritt die Form erzeugt. Jedes Stück kommt bei 860 Grad für je zehn bis zwölf Stunden in den Ofen. Morgendämmerung, Brandung oder Kirchenfenster heißen ihre Kreationen beispielsweise, weil die Teller an das Licht am frühen Morgen oder an die Wellen im Meer erinnern.

Ihr neuestes Projekt sind Keramikarbeiten, Teller und Schüsseln, die sich mit den Glas­tellern kombinieren lassen. Form und Design entwirft sie selbst, gebrannt werden sie im Nachbardorf Pòrtol. „Keramik passt gut zu Glas, die Ausgangsmaterialien Tonmineralien und Sand sind ähnlich", sagt die Künstlerin. Dreieinhalb Jahre dauerte es, viel länger als sie dachte, bis die Prototypen perfekt waren und die ersten Teller in den Verkauf gingen. Sie nimmt eine der großen Keramikschüsseln in die Hand und klopft mit dem Fingerknöchel an den äußeren Rand: Ein wunderschöner Laut ertönt. „Der Klangeffekt ist auf die Form zurückzuführen, und weil die Glasur durch die hohe Temperatur beim Brennen kristallisiert und die Keramik daher sehr kompakt ist",

erklärt sie.

Gedanklich ist die Künstlerin schon wieder bei der nächsten Idee: Sie möchte Lampen aus Glas anfertigen und eine Schmuckserie aus Silber und Kupfer in Kombination mit Muranoglas entwerfen. Bei aller Präzision, für die der Name Mirenchu steht, dürfte es aber noch ein Weilchen dauern, bis die neue Kollektion auf den Markt kommt.