Die Festung La Fortalesa - oder Fortalesa d'Albercuix, wie sie mit vollständigem Namen heißt - liegt majestätisch auf einer Halbinsel vor Port de Pollença. Kaum jemand schafft es, in ihr Inneres vorzudringen. Diejenigen, denen es vergönnt ist, müssen über eine Menge Kleingeld verfügen. So heiratete etwa der mallorquinische Basketball-Star Rudy Fernández im Sommer 2015 in der Festung Helen Lindes. Die britische BBC drehte auf dem Herrensitz ihre Serie „The night manager", die dann drei Golden Globes gewann.

Fernab jeglichen Glamours hat es aber auch ein Historiker in die Gemäuer der Fortalesa geschafft. Àngel Aparicio, Spezialist in Sachen Militärbauten auf der Insel, hat jetzt ein Buch über die Festung geschrieben. Der Name ist nüchtern: „El Port de Pollença i la Fortalesa d'Albercuix". Doch sein Werk gibt zum ersten Mal einen detaillierten Einblick in die Geschichte der burgähnlichen Befestigungsanlage und erklärt chronologisch ihr Schicksal - vom Bau bis zu dem Moment, als die Fortalesa obsolet wurde.

Der Ort war schon vor dem Bau der Festung besonders. Es war im Jahr 1560, als der Vizekönig Guillem de Rocafull die beiden Städte Sóller und Pollença besuchte, um dort den Zustand der Befestigungsanlagen zu überprüfen. Er stellte mit Schrecken fest, dass es vor allem rund um Pollença kaum eine wirksame Abwehr gegen Angriffe vom Meer her gab. Das musste sich ändern, und so wurde 1623 ein erster Wehrturm errichtet. Der Militäringenieur Antoni Saura wurde mit dem Bau beauftragt. „Er war allerdings eher auf den Mauerbau in Palma spezialisiert, der Wehrturm glückte ihm nicht besonders", sagt Àngel Aparicio. Nach kurzer Zeit stürzte das Bauwerk in sich zusammen. 1628 baute man rund 150 Meter vom ersten Standort einen zweiten Turm auf.

„Die Jahre zogen ins Land, und der Wehrturm war irgendwann zu klein, um effektiv eingesetzt zu werden", sagt Aparicio. Es passten aufgrund des begrenzten Raumes nur zwei Kanonen hinein. Und selbst wenn mehr ­hineingepasst hätten - „das Gewicht der ­Kanonen hätte der Turm nicht ausgehalten". Also musste die große Lösung her.

Im Jahr 1682 beschloss König Carlos II., eine richtige Festung zu bauen. „Er hatte Spaß daran, seinen großen Reichtum zur Schau zu stellen und befahl, eine prächtige Anlage zu errichten", erklärt Aparicio. Er beauftragte den mallorquinischen Architekten Vicenç Mut, nach dem unter anderem ein Krater auf dem Mond benannt wurde, sowie den aus Navarra stammenden Architekten Martín Gil de ­Gaínza mit dem Bau. Diese beiden kannten ihren extra­vaganten Auftraggeber gut und dachten sich einen sechseckigen Grundriss aus. „Auf den Balearen ist es die einzige Festung mit ­diesem Grundriss, und ich würde mich auch dazu hinreißen lassen, dass es die einzige ­sechs­eckige Festung in ganz Spanien ist", sagt ­Aparicio, der einen Großteil der spanischen Anlagen bereits mit eigenen Augen gesehen hat.

Der Wehrturm wurde für den Bau der Festung abgerissen. Zehn Jahre waren die Arbeiter mit der Anlage beschäftigt. „Das war viel länger als geplant, und der Bau wurde dadurch auch noch einmal viel teurer als gedacht. Aber das kommt ja heute noch vor", sagt Aparicio mit einem Grinsen - und erinnert an das Kongresszentrum von Palma.

Die Architekten trafen mehrere Entscheidungen, die im Nachhinein schwer nachzuvollziehen sind. So brachten sie das Pulvermagazin der Festung außerhalb des Baus im Boden unter. „Wir wissen bis heute nicht, warum das so ist. Was wir aber wissen, ist, dass der Standort für große Probleme gesorgt hat, denn die Feuchtigkeit zerfraß das Kanonenpulver. Immer wieder mussten die Soldaten das Pulver aus der Kammer holen und trocknen."

Auch die Notdurft der bis zu 28 Soldaten auf La Fortalesa war eher ein Notnagel. Im Turm gab es an einer Seite einen cagadero, auf den sich die Männer setzten und ihr Geschäft verrichteten, das durch einen offenen Schlitz nach unten in den Burggraben flog. „Stellen Sie sich das Spektakel vor. Es stank bestialisch, gesäubert wurde der Graben nie."

La Fortalesa war nach der Fertigstellung nie in Kämpfe verwickelt. Während des Sukzessionskrieges (1715-1718) und des Unabhängigkeitskrieges (1808-1814) wurde die Festung aufgerüstet mit neuen Waffen, die aber nur zu Übungszwecken zum Einsatz kamen. Weil insgesamt die Angriffe vom Meer her abnahmen und die neuere Strategie der Angreifer eher die von Schiffsblockaden war, verlor La Fortalesa langsam ihre Daseins­berechtigung. Das Militär versteigerte sie im Jahr 1867. Der pollencí Pere Llobera schlug zu und verkaufte sie 1919 an den argentinischen Maler Roberto ­Ramaugé, der einen für damalige Verhältnisse astrono­mischen Preis bezahlt haben soll. „Zusätzlich investierte er eine Menge Geld, richtete die ­Gebäude her und ließ sich etwa vom holländischen Landschaftsarchitekten Josep de Creeft Gärten und ein riesiges Schwimmbad anlegen", sagt Aparicio. Dort feierte er mit anderen Künstlern ausladende Bankette und Orgien.

Die Nachfahren von Ramaugé wollten ­allerdings mit dem Bau nichts mehr zu tun ­haben und ließen ihn zunächst „mit wenig historischer Präzision" (Aparicio) restaurieren und verkauften ihn dann 2011 an einen britischen Fonds-Manager. Als Verkaufspreis wurden damals 120 Millionen Euro gefordert. Im Endeffekt dürften es zwischen 40 und 50 Millionen Euro gewesen sein. Mit dem jetzigen Besitzer gibt es Verhandlungen darüber, die Festung einmal im Monat für eine kleine Gruppe begehbar zu machen. „Noch haben wir nicht das Okay, aber es gibt Hoffnung", sagt Aparicio, der sich bereits als Tourguide angeboten hat.