Im Februar beginnt das Gartenjahr für Sommergemüse und -kräuter. Denn jetzt werden Tomaten, Paprika, Auberginen und Basilikum ausgesät und auf einer hellen Fensterbank, im Gewächshaus oder - bei den Profis - in einem Wärmeschrank zu Setzlingen vorgezogen. Wenn es Ende April oder Anfang Mai auf der Insel wärmer ist, kommen die Pflänzchen in die Beete. Doch noch ist es nicht so weit. Erst einmal steht die Samenauswahl auf dem Programm.

Die Qual der Wahl erleichtert der neue Katalog mit einheimischem Inselgemüse. „Wer Samen der einheimischen Sorten aussät, beteiligt sich am Schutz eines wichtigen Kulturguts der Inseln", sagt Aina Socias von der Vereinigung der Züchter lokaler Gemüsesorten „Associació Varietats Locals de ses Illes Balears" (AVL) mit Sitz in Porreres.

In der industrialisierten Landwirtschaft ist kein Platz für alte Sorten, und viele Landwirte haben keine Zeit mehr für die Samengewinnung. So konnte es zur Monopolisierung der Samen durch die Saatgutkonzerne kommen. Auf der Strecke geblieben ist die Fähigkeit der Gewächse zur Vermehrung und Weiterentwicklung. Denn die Samen der Hochleistungshybride vermehren sich nicht zuverlässig und zwingen die Landwirte, in jeder Saison neues Saatgut zu kaufen.

„Wenn die Samen dagegen Jahr für Jahr wieder ausgesät werden, entsteht genetische Vielfalt", sagt Socias. Die Pflanzen gewöhnten sich nach und nach an die klimatischen Bedingungen und entwickelten sich kräftig. Zudem würden sie gegen Schädlinge resistent und zeichneten sich durch viele Geschmacksnuancen und Formen aus.

Die Saatgut-Sammlung ist das Resultat des enormen Engagements aller Beteiligten. Das digitale Verzeichnis erschien erstmals 2012. Zwei Jahre später erhielt die AVL das Bio-Siegel des Consell Insular. Heute verfügen alle zwölf Samenlieferanten der gemeinnützigen Vereinigung über das Öko-Zertifikat. Unter ihnen sind Landwirte, die sich seit Generationen um die Saatgutgewinnung kümmern.

Neu: Drei-Kopf-Salat

Neu unter den 60 lokalen Gemüsesorten ist beispielsweise der Drei-Augen-Salat (Enciam de tres ulls) bei dem die Pflanze drei Köpfe mit sich dicht umeinanderwickelnden Blattrosetten bildet. Es handelt sich um eine einheimische Variante des Römischen Bindesalats, der eigens für die heiße Jahreszeit gezüchtet worden ist, aber auch ganzjährig gepflanzt werden kann. Für diese alte Salatsorte wurde auf einem Bio-Feld bei Porreres Pflanzreihen reserviert und die Setzlinge im Abstand von 40 Zentimeter gepflanzt. Bevor Ende August die Ähren des Korbblütlers aussamten, pflückte ein Öko-Landwirt sie ab. „Um Kosten zu sparen, veranstalteten wir im vergangenen Jahr einen Workshop", berichtet die Mallorquinerin. Die Teilnehmer verarbeiteten die Samen kostenlos weiter.

Neben anderen Kürbisarten neu im Programm ist auch die Luffa cylindrica; nicht nur auf der Insel ist sie als Luffaschwamm bekannt. Die Zahl der lokalen Tomatensorten ist mittlerweile auf acht gestiegen: Ochsenherz, Eiertomaten und monatelang lagerfähige Ramallet-Sorten sind ebenso vertreten wie Mallorcas Urtomate: die „tomàtiga de Valldemossa", die im Sommersalat durch feine Haut, aromatisches Fleisch und viel Fruchtsaft besticht.

Der Samenvertrieb soll dieses Jahr weiter ausgebaut werden. Dazu steuerte das Landwirtschaftsministerium eine Subvention von 12.000 Euro aus EU-Töpfen bei. Von der ethischen Sparkasse Colonya Caixa Pollença erhielt der Verein einen Drucker, der die Samentütchen bedruckt. Dass es auch in Zukunft Mallorcas wohlschmeckende Tomaten und anderes lokales Gemüse gibt, kann man auch als Privatperson fördern, etwa mit einer Mitgliedschaft in der Vereinigung (Jahresbeitrag 40 Euro). Auch Patenschaften für alte Sorten sind möglich. Und: „Wer bewusst beim Bio-Händler einheimische Inselsorten kauft", so Socies, „hilft uns ebenso, sie vor dem Aussterben zu bewahren.".

Das Verzeichnis für 2019 steht unter www.varietatslocals.org