Das Tor öffnet sich, die Besitzerin des Gartens auf Mallorca wartet bereits auf die Besucher. Schon seit dem frühen Morgen hat sie noch letzte Hand an ihre Gewächse gelegt, die sie gleich voller Stolz präsentieren wird. „Mit anderen Pflanzenarten hatte ich wenig Glück, so kam ich auf Kakteen und Sukkulenten", sagt Madi Pujol.

Das 7.000 Quadratmeter große Grundstück etwas oberhalb von Port d'Andratx gehörte bereits ihrem Urgroßvater, als Kind verbrachte sie die Ferien hier. Vor zwölf Jahren startete sie mit der Zucht stachliger und wasserspeichernder Gewächse. Denn diese zeigten sich nach und nach resistent gegen Stürme vom Meer, die Salz in den Garten wehen, kamen mit dem salzhaltigen Brunnenwasser zum Gießen zurecht und vertrugen die im Vergleich zu Palma de Mallorca immer etwas niedrigeren Temperaturen.

Die Kollektion

Heute umfasst ihre Sammlung 350 verschiedene Kakteen- und Sukkulentenarten. Sie wachsen in über 500 Pflanzgefäßen in vielen Farben und Formen sowie in der Erde der Gartenbeete. Der Rundgang beginnt vor dem Haus, wo dicht an dicht Gewächse in Töpfen stehen. Die 64-Jährige stellt sie mit den botanischen Namen vor. Zum Beispiel blüht hier der Echte Tigerrachen (Faucaria tigrina) in Gelb und Orange. Seinen Namen verdankt er den dicken gezähnten Blättern, die an den Rachen eines Tigers erinnern.

Die Frage, woher die vielen Exemplare stammen, erübrigt sich, wenn man ein paar Schritte weiter den Arbeitsplatz erreicht. Hier sind wohlgeordnet Teppichmesser, Pinsel und andere Werkzeuge untergebracht. Hier, unter einem Dach, arbeitet die Züchterin und hier verrät sie auch, warum bei ihr Kakteen und Sukkulenten trotz der hohen Luftfeuchtigkeit bestens gedeihen.

Viele Arten dieser Gattungen vermehren sich neben Blüten, Frucht und Samenbildung auch vegetativ durch Ableger, die man Kindel nennt. Häufig handelt es sich um Rosetten. Wenn eine Pflanze sie so zahlreich gebildet hat, dass es im Topf zu eng wird, trennt man den Nachwuchs von der Mutterpflanze ab. Damit die kleinen Echten Tigerrachen gut anwachsen, gibt die Mallorquinerin eine Prise Zimt an die winzigen Wurzeln. Das hilft beim Wachstum und beugt der Bildung von Blattpilzen vor.

Staunässe verhindern

Doch die Vergabe des Gewürzes ist nicht das einzige Geheimnis, das die Züchterin verrät. Sie hat mit der Zeit gelernt, dass es für das gelungene Gedeihen der nicht einheimischen Spezies etwas mehr braucht als nur Glück. Vor allem gilt es, Staunässe zu verhindern. Deshalb ist jeder Topf zuunterst mit einer Drainageschicht gefüllt - in den großen Töpfen mit großen Steinen, in den kleinen mit kleinen. Auf die Drainage kommt eine Mischung aus Sand, Gartenerde und Perlit (Vulkanglas) und darauf eine Anti-Unkrautfolie in Topfgröße mit einer von der Sammlerin ausgeschnittenen Wurzelöffnung. Über der Folie liegt zuoberst eine dünne Erdschicht, häufig sind - als gestalterisches Element - Steine dabei.

Gute Drainage bestimmte ebenfalls das Gedeihen der Goldkugelkakteen (Echinocactus grusonii) sowie der in Weiß blühende Christdorn (Euphorbia milii). Für Trockenheit sorgt im Untergrund Bauschutt, über einer Erdschicht liegt auch hier eine Anti-Unkrautfolie, auf die Lavakies geschüttet wurde.

Auf dem Weg zum Pool stehen auf Mauern Kakteen und Sukkulenten zahlreicher Arten in Töpfen, wie das Medusenhaupt (Euphorbia caput-medusae). Die Blätter des zur Familie der Wolfsmilchgewächse zählenden Gewächses erinnern an eine Qualle. Hinter dem Haus bietet dann eine Treppe links und rechts auf den Stufen einen sonnigen Standort.

Ein paar Treppenstufen weiter unten liegt der Garten, in dem auch mediterrane Pflanzen wachsen: Orangenbäume, die schwer an ihren Früchten tragen. Mehrere Exemplare der Zwergpalme (palmito, Chamaerops humilis) sind hier vertreten, aber auch längst eingebürgerte Pflanzen wie der Japanische Palmfarn (Cyca revoluta) oder Palmlilien (Yuccas), die allesamt so üppig wachsen, dass sich ein dschungelartiges Dickicht ergibt. Wozu sicherlich auch beiträgt, dass die Pflanzen an eine Bewässerungsanlage angeschlossen sind.

Runde Kaktusinseln

In Rundbeeten sind jeweils Trockenheit liebende Gewächse gepflanzt, wie beispielsweise ein San-Pedro-Kaktus (Echinopsis pachanoi) der mehrere schlanke Säulen bildet und für seinen psychedelisch wirkenden Meskalin­gehalt bekannt ist. Hier trifft man auch auf die Blaue Agave (Agave tequilana), aus der Tequila hergestellt wird, sowie die Agave ferox mit riesigen gezähnten Blättern.

Dass es im Garten immer etwas zu tun gibt, zeigen Steinplatten, die gerade verlegt werden. Noch fehlt die Erde in den Zwischenräumen. Sie lagert derzeit noch auf einem an den Garten angrenzendes Feld. Hier blühen im Frühjahr Wildkräuter, danach wird gepflügt. Später bewundern wir auf ihrem Rechner Fotos, auf denen sie ein Traktor steuert.

Aber nicht nur das. Seit einer Schulung über die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln besitzt Pujol das „Carnet de usuario profesional de productos fitosanitarios". Mit diesem Ausweis kauft die Dame aus Port d'Andratx seither Pflanzenschutzmittel ein und behandelt mit Erfolg die Kanarischen Dattelpalmen selbst.

An sonnigen Wintertagen wie heute - und nicht nur dann - arbeitet sie den ganzen Tag im Freien. „Es ist einfach schade, dass es noch so früh dunkel wird", sagt sie. Wenn sie nicht mehrere Stunden im Garten gewerkelt habe, könne sie nicht einschlafen.