Wenn man sich ruhig hinsetzt, das alte Gemäuer betrachtet und den Vögeln lauscht, die als Einzige die Stille durchbrechen, dann kann man sich vorstellen, wie es gewesen sein muss, vor 100, 200, ja 300 Jahren, als es keine Touristen und keine Autos auf Mallorca gab, und die possessions, also die landwirtschaftlichen

Anwesen im Inselinneren, noch die wichtigsten Institutionen der Inselwirtschaft waren.

„Viele Menschen suchen heute das Authentische. Abseits der Massen und des Rummels. Wir versuchen, es ihnen hier zu erhalten", sagt Carme Llinás. Es war im Jahr 1998, als ihr Mann Javier ihr eröffnete, er überlege, seine Arbeit als Biochemiker aufzugeben und den Fami­lienbetrieb der alten Possessió Son Sureda Ric bei Manacor zu leiten. Dass sie einmal Besuchergruppen über das Gelände führen würden, stand damals noch gar nicht zur Debatte. „Die Idee war, die alte Weinkultur wieder aufzunehmen, die es hier früher gab", sagt Carme. Sie war einverstanden. „Ich fand es toll, das Anwesen liegt uns allen sehr am Herzen. Aber es war auch riskant, denn so ein Unterfangen kann finanziell schnell schiefgehen."

Javier Jara hat schon als Kind zwischen den alten Steineichen, dem Feigenbaum und den Magnolien gespielt, die nahe des Haupthauses in die Höhe ragen. Es war sein Großvater Manuel Morales, der das Anwesen 1950 von der alten Gründerfamilie erwarb - vor allem auf das Drängen seiner Gattin Petra hin. „Beide waren im Perlengeschäft bei Majorica tätig und wollten das Anwesen vor allem als Rückzugsmöglichkeit in der Freizeit nutzen."

1970 übernahmen Javiers Eltern, doch auch sie kündigten Ende der 90er-Jahre an, dass sie das Grundstück nicht weiter bewirtschaften wollten. „Offiziell ist meine Mutter noch immer die Eigentümerin, aber mit meinen Geschwistern gründeten wir eine Familiengesellschaft. Bei der sind ich und ein Landwirt seit 2000 angestellt", erklärt Javier.

Dass er doch mehr ist als nur ein Angestellter, zeigt das Herzblut, mit dem er an seine Arbeit geht. Rund um die Uhr ist er auf seinem Handy für den Betrieb erreichbar, auch sonntags kommen er und Carme aufs Anwesen, denn dann steht meist der Direktverkauf des eigenen Bioweins an. Hat sein Kollege Urlaub, füttert er die Tiere und kümmert sich um die Felder. Vier Säue des Mallorca-Schweins porc negre und ihre Ferkel leben in ökologischer Haltung auf den Feldern des Anwesens, hinzu kommen rund 120 Schafe. Auch ein wenig Honig wird im Familienbetrieb hergestellt und verkauft.

„Reich werden wir damit nicht. Aber es reicht, um die Kosten der Instandhaltung zu decken." Die seien auf dem 40.000 Hektar großen Gelände enorm - vor allem, wenn man wie Carme und Javier jeden baufälligen Stein des Haupthauses, das in Teilen rund 600 Jahre auf dem Buckel hat, nicht durch günstigen Beton, sondern hochwertige alte Steine ersetzt, und nur Möbel kauft, die tatsächlich aus der Zeit stammen, in der die possessió bewohnt war. „100.000 Euro im Jahr braucht es an Instandhaltungskosten, optimistisch gerechnet."

Wo noch vor 100 Jahren els amos, also die Verwalter, für els senyors, also die Landbesitzer, die landwirtschaftlichen Arbeiten koordinierten, lassen sich Javier und Carme heute immer wieder etwas Neues einfallen, um Geld in die Kassen zu bringen. Seit einigen Jahren bieten sie das Anwesen stundenweise auch für Hochzeiten an - so die Gesellschaften denn die Ruhe respektieren. „Vor allem Deutsche feiern oft gesittet und im kleinen Kreis, dafür ist der Außenbereich ideal." Auf Anfrage führen die beiden zudem Besuchergruppen über das Gut.

Dass ihr Konzept stimmig ist, hat auch die Jury des Unternehmerverbands „essentially Mallorca" überzeugt, der seit 2013 Qualitäts-Tourismus auf Mallorca vorantreiben möchte und Son Sureda Ric jetzt einen Preis für die Bewahrung der Authentizität verliehen hat.

Häufig, wenn die Besucher weg sind, setzen sich Carme und Javier auf die kleine Steinbank am Hof, bevor sie nach Hause fahren. Wohnen kann man auf dem Gut nämlich nicht. Dann genießen sie selbst die Aussicht auf die Orangenbäume und die Weinreben. „Das muss man sich bewahren. Diesen Luxus der Stille, den wir mit den Besuchern teilen, wollen wir ab und an auch für uns allein haben", sagt Carme.

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