Gut 20 Minuten dauert es, bis Hans Paasch (77) seinen Traktor Lanz Bulldog aus dem Jahr 1940 in die Gänge bringt. „Zuerst muss das Benzin in der Benzinlampe heiß gemacht werden", sagt er. Dazu zündet er den Glühstrumpf in der Lampe an. Nach einiger Zeit pumpt er per Hand Luft in die Vorrichtung. Durch den Druck und die Hitze schießt das Benzin schließlich aus einem Ventil, es entsteht eine 600 Grad heiße Gasflamme. Die Lampe ist unter den Zylinderkopf angebracht, die Flamme trifft dort auf die sogenannte Zündnase. Je heißer diese wird, desto leichter springt der Traktor an. Während der Lanz Bulldog vorne vor sich hin faucht, geht Hans Paasch zum Führerhaus, zieht das Lenkrad samt Achse aus dem Armaturenbrett und steckt es in das seitliche Schwungrad des Gefährts. Ein kräftiger Dreh entgegengesetzt der Kompression erzeugt eine Explosion im Zylinder, das Lenkrad schlägt zurück, Hans Paasch zieht es gekonnt heraus. Der Lanz Bulldog spuckt ein paar dunkle Rauchwolken aus dem Auspuff und erwacht zum Leben. „Mein Gärtnergehilfe hat es einmal versucht und sich Hals über Kopf überschlagen, weil er das Lenkrad nicht herauszog, sondern festhalten wollte", sagt er.

Hans Paasch hat einige Übung darin, den Lanz Bulldog zu starten. Gekauft hat er ihn kurz nach der Wende in Bad Reichenhall in Görlitz. „1990 fing ich an, Traktoren zu sammeln", sagt der Belgier. Zusammen mit seiner Frau Marion besaß er einen Schrottplatz in Eupen im Dreiländereck. Aufgewachsen ist er auf einem Bauernhof, sie hatten Milchkühe und bauten Futtermais an. „Als Kind habe ich immer von einem Traktor geträumt", sagt er. Für die schwere Arbeit auf dem Feld hatte die Familie nur ein Pferd. „Ein Traktor wie der Lanz Bulldog mit 25 PS hat damals so viel gekostet wie ein Einfamilienhaus, das konnten wir uns nicht leisten." Erst als er 24 Jahre alt war, rollte ein Fend auf dem Hof.

Hans Paasch blieb nicht lange in der Landwirtschaft, nach einigen Jobs als Chauffeur oder in Fabriken begann er, mit Schrott zu handeln - offensichtlich recht erfolgreich. 21 Oldtimer-Traktoren hatte er bis Ende der 90er-Jahre gesammelt. Wie er findet, eine bescheidene Anzahl. „In Belgien gibt es drei Großhändler, da hat jeder um die 500 Stück", sagt er. Die meisten werden nach Deutschland verkauft, wo es die viele Sammler gibt. „In Deutschland gab es nach dem Krieg um die 200 Traktorenmarken." Heute werde noch viel über die roten Traktoren von Porsche gesprochen, die zwar mit ihren runden Motorhauben besonders hübsch waren, sich aber aufgrund ihres geringen Gewichtes nicht für jedes Feld eigneten. „Die stellen sich heute gerne Doktoren in die Garage", sagt Hans Paasch.

Nach der Jahrtausendwende entschloss er sich, die meisten Traktoren zu verkaufen. Schon 1994 hatten er und seine Frau eine Finca bei Artà gekauft, wo sie seit dem Jahr 2000 fest leben. Mit einem ihrer Lkws und mehreren Touren brachte Hans Paasch seine Lieblingstraktoren auf die Insel. In seinem Vorgarten stehen heute neben dem Lanz Bulldog ein 12 PS starker Lanz, ein Fendt Dieselross - mit dem er heute noch das Gras auf seinem 20.000 Quadratmeter großem Grundstück mäht - und ein luftgekühlter Eicher Diesel. „Das ist ein Direkteinspritzer, der lässt sich immer problemlos starten", sagt er. Alle Gefährte stammen aus den Jahren 1956 und 1957 und sind eigentlich unkaputtbar. „Das einzige Problem ist der schlechte Diesel heute", sagt er. Durch organische Zusätze wie Rapsöl entsteht im Tank Bioschlamm. Dann hat der Traktor die Dieselpest. „Dagegen gibt es aber spezielle 'Antibiotika'."

Die meiste Zeit des Jahres verbringen seine Oldtimer in der Garage. „Ich hole sie nur raus, um mal sauber zu machen, oder wenn die jährliche Fira in Artà ist." Dorthin tuckert er dann wie am vergangenen Sonntag (8.9.) mit seinen treuen Wegbegleitern und lässt die Kinder darauf herumturnen. Viel kaputtgehen kann ja eh nicht.