Beim Umzug waren nur die Rinderherde und die Hühnerschar mit dabei. Georg Bräutigam verließ nach knapp achtzehn Jahren Biolandwirtschaft die gepachteten und picobello gepflegten Gemüsefelder in Binifela bei Capdepera im Nordwesten von Mallorca. Nun ist es ihm finanziell möglich geworden, das gut fünf Hektar große Anwesen Can Piol bei Villafranca zu kaufen, das Haus umzubauen und die Zeit zu überbrücken, bis auf dem Ökohof wieder alles rundlaufen wird.

Wie es dazu kam, dass der aus Heidelberg stammende heute 55-Jährige sich mit Haut und Haar der nachhaltigen Landwirtschaft verschrieben hat, erklärt er so: Vor achtzehn Jahren wurde er durch Campers damaligen Designer, den Öko-Aktivisten Guillem Ferrer, auf die Biolandwirtschaft aufmerksam. Zuvor hatte er in Barcelona Betriebswirtschaft studiert und war als Angestellter der Deutschen Bank erstmals nach Mallorca gekommen. Durch den Kontakt mit Ferrer und seinen Freunden sattelte er um und anstatt hinter dem Bankschalter Kunden zu beraten, schuf er in Binifela mit Angestellten und Praktikanten, die bei ihm in die Lehre gingen, eine erfolgreiche, zertifizierte Biofarm.

Und jetzt also wieder ein Neustart. „Die Wasserqualität ist hier besser als auf dem alten Hof", sagt Bräutigam. Was die Erde hergibt, müsse sich erst zeigen. Der Vorbesitzer arbeitete, wie alle konventionellen Landwirte, mit Antiunkrautfolie aus Plastik, Teile davon sind immer noch im Boden und werden die nächsten Jahre immer wieder nach oben kommen, was der Biolandwirt frustriert zur Kenntnis nehmen musste. Bevor er neu anpflanzt, kommt eine abbaubarer Folie auf die Erde, eine Rolle steht zum Einsatz bereit.

In die Bodenverbesserung wird er viel investieren müssen, doch dabei ist er nicht allein. Ihm zur Seite stehen 70 emsige Hühner, die in drei beweglichen Ställen aus Maschendraht untergebracht sind. Sie scharren Mist in die Erde und ernähren sich vom spärlichen Gras. „Gelbe Dotter gibt es erst wieder, wenn frisches Gras wächst", sagt er.

Weitere Helfer sind in einem Areal zu sehen, das von Natursteinmauern begrenzt ist. Hier liegt träge ein Bulle namens Rudi, sieben Muttertiere und vier Kälber stehen im Schatten. Damit die Herde nicht größer wird und Rudi nicht seine Töchter bespringt, verkauft der Bio-Landwirt jedes Jahr etwa sieben Kälber, nachdem sie etwa fünfzehn Monate bei ihren Müttern verbracht haben. Es handelt sich um eine menorquinische Rasse, die Weiderinder leben ganzjährig im Freien. Ab dem kommenden Jahr werden sie wieder ausschließlich Biofutter fressen, das auf den Hoffeldern wächst. Auch deren Größe bestimmt die Zahl der Tiere: Die Felder müssen so viel hergeben, dass die Tiere satt werden.

Diese bringen beim Schlachten weniger Kilogramm auf die Waage als Masttiere. Der Geschmack des Fleisches -?so Bräutigam - wäre einzigartig und vitaminreich und es enthalte einen hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren. „Das Fleisch von Biorindern ist gesund und es ergibt Sinn, dass Wiederkäuer über die Weiden laufen, sie fressen Gras, das wieder nachwächst, es sammelt sich organisches Material an, die Bodenfruchtbarkeit nimmt zu und bei diesem ganzen Prozess wird Kohlendioxyd gebunden", sagt Bräutigam. Er bemüht sich, das Rindfleisch an Restaurants zu verkaufen, die Tierhälften abnehmen.

"Es ist ja bekannt, dass Fleisch viel zu billig auf den Markt kommt", sagt der Öko-Landwirt. Doch das wäre nicht das einzige Problem. Die Verbraucher würden nur das feinste vom Rind verzehren. Dazu passe auch das Motto: Der Umwelt zuliebe wenig Fleisch in die Pfanne, aber wenn, dann nur das beste. Vorbei wären die Zeiten, in denen man Rinderzunge mit Kapern kochte oder aus festerem Fleisch ein estofado zubereitete. Diese Stücke werden heute als Tierfutter verarbeitet. „Und so steigt der Bedarf immer weiter", sagt der Biolandwirt. Weil dieser nur mit Massenmast gedeckt werden könne, brauche man immer größere Flächen für den Futteranbau. „Nach einem Waldbrand im Amazonasgebiet bietet sich den Farmern dort beste Erde", sagt er. Nur ein paar Jahre ließen sich riesige Erträge erzielen, danach wären die Böden ausgebeutet, lieferten keine Einnahmen und es bestehe die Gefahr, dass weitere Flächen gerodet werden.

Auf Can Piol ist es umgekehrt: Es wird Jahre dauern, bis die Böden mit Regenwürmern und Kleinstlebewesen bevölkert sind, die dann das Pflanzenwachstum langfristig unterstützen.