In seinem Zeichenstudio im ParcBit im Norden von Palma de Mallorca, das er sich mit zwei anderen Illustratoren teilt, malt Guillem March eigentlich Comic-Helden wie Catwoman, Batman oder Superman für DC Comics - neben Marvel, einer der beiden großen Comic-Verlage der USA. Auch für den französischen Verlag Dupuis und den renommierten belgischen Autor Jean Dufaux hat der 39-Jährige hier schon Arbeiten erstellt.

Für ein anderes Projekt ist es dann doch geschickter, seinen Arbeitsraum gegen den Strand zu tauschen. „Jemanden halb nackt oder ganz ohne Kleidung in meinem Studio zu zeichnen, kann wohl nicht nur ich mir schwer vorstellen. Sobald meine Modelle und ich erst einmal ein ruhiges Plätzchen gefunden haben, hilft das natürliche Setting enorm, um das Eis zu brechen", sagt der 39-Jährige.

Schon seit 2012 zeichnet der palmesano Freunde und Bekannte in wenig Stoff vor Strandkulisse. „Wenn ich einen ganzen Tag lang mit Freunden am Meer verbringe, langweile ich mich oft. Also habe ich eines Tages mein Material eingepackt und angefangen, meine Begleiter zu zeichnen." Bisher sind zwei Bücher mit den Strandakten erschienen („Summer Muse I", „Summer Muse II"). Zunächst zeichnete March vor Ort nur in Schwarz-Weiß und fügte die meisten Dialoge im Nachhinein hinzu. Für den für die Jahreswende geplanten dritten Band („Summer Muse III") hat er oft direkt mit Farbe gearbeitet. Neu sind auch Polaroid-Fotos, die beweisen sollen, dass die Zeichnungen tatsächlich am Strand entstanden sind.

„Es ist wohl der letzte Band der Serie", sagt March. Wie schon bei anderen Projekten stehen die Frauen im Vordergrund. „Es scheint, als seien sie offener als meine männlichen Freunde", sagt March. Dass die Zeichnungen mit Voyeurismus zu tun haben, streitet er vehement ab. „Wie weit sich meine Modelle ausziehen möchten, bestimmen sie immer selbst. Viele entscheiden, bevor wir loslegen, dass sie sich nicht ganz entblößen werden. Andere überlegen es sich während des Zeichnens noch einmal anders." Obwohl es Freunde und Bekannte von ihm seien und sie stets selbst auf den Zeichner zukämen, würden sich manche vor allem zu Beginn noch etwas schämen.

Ein wenig hilft dann laut March die Tat­sache, dass es sich um Comic-Zeichnungen und nicht etwa um Fotografien handelt, und man die Menschen daher schwerer erkennt. Davon, dass er seine Modelle live zeichnet und nicht etwa von einem Foto abmalt, würden sie profitieren. „Male mich ein bisschen gebräunter", „Bitte weniger Sommersprossen". Auf ­solche Sonderwünsche geht der Zeichner ein, und achtet schon bei der Pose seiner ­Modelle ­darauf, dass er sie vorteilhaft in Szene setzen kann. „Wer sieht sich schon selbst gern sitzend mit Bauchfalten?", so der Künstler. ­Anders als bei seinen Arbeiten für bekannte Comic-Bände stilisiere er die weiblichen Körper ansonsten nicht. „Schon weil ich mir die Modelle nicht aussuche, male ich bewusst keine perfekten Körper."

Auch bequem sollte die Pose seiner Freunde und Bekannten sein. Schließlich müssen sie für ein Bild jeweils rund 20 Minuten ausharren. Meist noch mit der prallen Sonne im Gesicht und auf dem Körper. „Während beim Fotografieren die Mittagssonne eher stört, brauche ich sie, um schärfere Kanten und Schatten besser sehen zu können", sagt March. Rund vier Stunden dauert eine Zeichen­-Session, nach der er etwa vier bis fünf Bilder für ­einen kurzen Comic-Streifen hat. Die Zeichnung, die den Modellen am besten gefällt, schenkt March ihnen dann als Dank, nachdem er sie eingescannt hat.

Als er in seinem Studio im ParcBit zwischen den Strandzeichnungen hingegen für ein Foto der MZ-Fotografin posieren soll - mit Kleidung - wirkt March auf einmal sehr schüchtern und verlegen. Er steht halt eindeutig lieber hinter der Kamera und hat den Stift selbst in der Hand.

Instagram: guillemmarch