Kein Anprobieren, dafür verlängerte Rück­gabefristen, Rabattaktionen für Käufer mit Kundenkarte, Ein- und Ausgänge auf verschiedenen Etagen in großen Einkaufszentren, ­Personal, das das Besucheraufkommen überwacht: Wer dringend neue Klamotten braucht oder auf Mallorca einfach gern mal wieder shoppen gehen will, muss sich auch während der seit Sonntag (21.6.) geltenden sogenannten „neuen Normalität" auf einige Besonderheiten einstellen. Die MZ zeigt, wie Einkaufen in Zeiten von ­Corona auf Mallorca geht:Keine Anprobe, andere Fristen

In vielen Bekleidungsgeschäften auf der Insel sind die Anprobebereiche derzeit (Stand: 21.6.) noch geschlossen, etwa bei C & A, H & M oder Kiabi in Palma. Die Geschäfte bieten ihren Kunden dafür aber beim Kauf vor Ort teilweise verlängerte Rückgabefristen an: Bei C & A etwa sind es derzeit 45 Tage statt wie zuvor 30, bei H & M sind es bei allen bis zum 21. Juli gemachten Einkäufen sogar 100 Tage. Auch Kiabi bietet derzeit (außer für Unter­wäsche, Strümpfe, Badesachen und Schmuck) eine Rückgabefrist von 60 Tagen an. „So soll den Kunden zum einen das Einkaufen leichter gemacht werden", sagt Alfonso Rodríguez von der balearischen Verbraucherschutzorganisation Facua. Zum anderen seien die flexibleren Rückgabefristen auch eine Verkaufsstrategie. „Gesetzlich vorgeschrieben sind die verlän­gerten Fristen nicht. Jedes Unternehmen ­entscheidet selbst, wie kulant es gegenüber seinen Kunden sein will", so Rodríguez.

Wer sicherheitshalber, etwa weil er sich ­bezüglich der Größe unsicher ist, mehrere Größen des gleichen Kleidungsstück kauft, sollte Folgendes bedenken: Verbraucher können laut Rodríguez nicht darauf bestehen, bei der Rückgabe Geld zurückzubekommen. ­Lediglich, wenn ein Stück defekt sei, seien die Läden verpflichtet, den Kunden das Geld zurückzuzahlen. Ansonsten entscheide auch hier jedes Unternehmen selbst, wie kundenfreundlich es handelt. Vor allem bei größeren Ketten sei es jedoch kein Problem, beim ­Umtausch das Geld zurückzubekommen, selbst wenn dem Käufer nur die Farbe zu ­Hause nicht mehr gefällt.

„Völlig rechtens ist aber auch, dass Geschäfte Kunden für die zurückgegebenen Kleidungsstücke nur einen Gutschein ausstellen", so Rodríguez. Falls ja, müssten sie dies aber, etwa auf Schildern, vorher ankündigen und die Kunden entsprechend aufklären.

Verhalten im Laden

Um dem Personal unnötige Reinigungsarbeiten zu ersparen und auch das Infektionsrisiko unter den Kunden möglichst gering zu halten, empfiehlt der Sprecher des Verbands, im ­Laden so wenig Kleidung wie möglich anzufassen. „Wenn die Sicherheitsmaßnahmen akribisch eingehalten werden würden, müsste alles, was wir angefasst haben, von den Verkaufsflächen genommen werden", so ­Rodríguez. Daher: nur Kleidungsstücke von der Stange nehmen, die Kunden nach längerem Ansehen und Inspizieren tatsächlich gefallen und die sie auch tatsächlich vorhaben zu kaufen.

Tipps zum Kaufen ohne Anprobe

Wie findet man also am besten heraus, ob ein Kleidungsstück passt, das man nicht anprobieren kann oder dessen Anprobe man wegen des Infektionsrisikos derzeit besser nicht riskieren will? Im Internet gibt es ein paar Tricks, die Kunden am besten schon vor dem Gang in die Läden mit ihren Kleidungsstücken einmal zu Hause ausprobieren sollten. Nicht jede angegebene Größe entspricht bei unterschied­lichen Marken der, die tatsächlich passt.

Hört sich zunächst komisch an, kann aber ein guter Richtwert sein: Vor dem Hosen- oder Rockkauf können Konsumenten den Bund um ihren Hals wickeln, sodass das Kleidungsstück wie ein Umhang daliegt. Schließt er in etwa mit dem Umfang des Halses ab, sollte die Hose oder der Rock passen. Kann der Hals nicht damit umschlossen werden oder steht Stoff über, ist eine andere Größe erforderlich. Auch ein anderer Trick kann helfen: den Knopf oder Verschluss am Bund schließen und probieren, ob die Länge aus Unterarm und geballter Faust ziemlich genau das Innere der Hose oder des Rockes ausfüllt, entlang des Bundes.

Beim T-Shirt-Kauf können Verbraucher die camiseta an der Schulternaht packen und sie an den Punkten, an denen die Naht für die Arme beginnt, von einem Ende zum anderen an ihre eigenen Schultern legen. Dabei gerade stehen und die Brust nach vorne strecken. Schließt die Naht mit der eigenen Körperbreite ab, ist die ausgewählte Größe die richtige.

Wer, vor allem im Falle von Kindern und Babys, wissen will, ob Socken tatsächlich passen, kann das Stück zwischen Ferse und Spitze um den flachen Fuß des künftigen Trägers ­rollen. Muss man dabei nicht an der Socke ziehen, damit sich beide Bereiche berühren, passt die ausgewählte Größe.

Ablauf einer Anprobe

Wenige Geschäfte, etwa die Filialen des Kaufhausriesen El Corte Inglés, machen den Kunden seit Eröffnung der Bekleidungsabteilungen am 25. Mai auch eine Anprobe möglich. „Das ist auch ein Mittel, Kunden anzuziehen", sagt ­Alfonso Rodríguez. Um die vorgegebenen ­Sicherheitsmaßnahmen (siehe Kasten) zu erfüllen, braucht es jedoch zusätzliches Personal und auch Platz, um Menschenansammlungen zu vermeiden. Beides stellt vor allem kleinere Läden vor Herausforderungen. „Wir verkaufen Qualitätsware. Daher wollen wir unseren ­Kunden auch die Möglichkeit bieten, sie vor dem Kauf anzuprobieren", sagt Corte-Inglés-Sprecher Toni Sánchez. In den ersten Wochen hätten allerdings aus Angst nur wenige Besucher die Anprobebereiche aufgesucht.

Wir testen die Anprobe im El Corte Inglés im Carrer Jaume III. Im Eingangsbereich der probadores wartet eine Verkäuferin, die die MZ-Redakteurin bittet, sich ihre Hände erneut zu desinfizieren. Dann kontrolliert sie, dass die Umkleidekabine bereits gereinigt wurde. Die Kleidung kann die Redakteurin dann, wie sonst auch, anprobieren. Ein Limit an Kleidungsstücken gibt es laut Sánchez trotz des mit der Anprobe für die Mitarbeiter verbundenen höheren Aufwands nicht. Was die Redakteurin nicht kauft, nimmt die wartende Verkäuferin anschließend direkt zurück. „Von da an kommen die Kleidungsstücke 48 Stunden lang in einen separaten Raum. Dort ­werden sie desinfiziert und mit Dampf und Ultraviolettstrahlen gereinigt", so Sánchez. Für die gekauften Produkte bietet die Kette Kunden aktuell eine ­Umtauschfrist von 30 Tagen.

Online einkaufen

Die Lieferzeiten können sich wegen der vielen Bestellungen derzeit bei einigen Anbietern verzögern. Praktisch: Oft sparen sich Kunden Versandkosten, wenn sie die Ware in eine ­Filiale schicken lassen und sie dort abholen.

Die aktuellen Vorschriften in den Läden

Laut dem balearischen Gesundheitsministerium müssen Läden alle ­Kleidungsstücke, die Kunden anprobiert ­haben, 48 Stunden lang von den Verkaufsflächen nehmen und währenddessen reinigen und ­desinfizieren. Auch die Umkleidekabinen ­müssen nach jedem Kunden gereinigt und desinfiziert werden. Alle unnötigen Dekorationsartikel oder Einrichtungs­gegenstände müssen ­zuvor entfernt werden. Mitarbeiter müssen die Eingangs­bereiche der Umkleidekabinen kontrollieren und ­Kunden auf die Hygiene­regeln hinweisen. Zudem ­müssen Läden auch in der „neuen Normalität" auf ein Kundenlimit (aforo) an den Eingängen achten. Nunmehr gilt 75 Prozent Auslastung. Zudem muss den Kunden weiterhin Desinfektions­gel zur Verfügung ­gestellt werden.