Die Erde auf den Feldern im Pla de Mallorca ist Mitte August rissig und trocken. Und gerade dann werden die einheimischen Kürbisse reif. Die Botaniker nennen sie Panzerbeeren, weil ihr schmackhaftes Fruchtfleisch von einer harten Schale umgeben ist. Die einheimischen langen Kürbisse zählen zur Familie der Moschus-Kürbisse (Cucurbita moschata bot., calabaza larga, span, carabassa llarga kat.). Ihre Samen sitzen dort, wo die Frucht am dicksten ist und das Fruchtfleisch sie rundum schützt.

„Bald werden die Mitarbeiter der Associació de Varietats Locals (AVL) kommen und die besten Exemplare auswählen", sagt Joan Garcías. Der 58-jährige Mallorquiner bemüht sich mit anderen Züchtern der Vereinigung darum, dass die alten einheimischen Inselsorten nicht in Vergessenheit geraten. Die Kürbissamen werden in der AVL-Zentrale getrocknet und kommen in Tütchen verpackt in den Handel.

Die Kürbisse auf den Feldern der Ebene Mallorcas sind auch sonst begehrt. Weil Garcías seit 2009 über das Öko-Zertifikat des Inselrats verfügt, kann er seine Feldfrüchte über den Bio-Vertrieb Sa Teulera bei Petra verkaufen.

Pflanzen mit Geschichte

Die Felder von Son Ripoll hat der Landwirt von seinem Großvater geerbt. Seit vor hundert Jahren die Finca parzelliert worden ist, hat man hier die für die Insel typischen, langen gelben Kürbisse mit dem orangefarbenen Fruchtfleisch angepflanzt. In diesem Jahr jedoch setzte er auf ein System, das noch älter ist. „Ich habe gelesen, dass in präkolumbischer Zeit Kürbis, Bohnen und Mais gemeinsam angepflanzt wurden", sagt Garcías. Denn schon damals war offenbar bekannt, dass die Kürbispflanze gern in Gesellschaft lebt. Der Mais wächst in die Höhe und dient der Bohnenstaude als Kletterhilfe, während die Kürbispflanze mit ihren Trieben komplett die Erde bedeckt.

Dass der Moschus-Kürbis zu den ältesten kultivierten Pflanzen zählt, beweisen archäologische Funde aus der Moxos-Ebene im nördlichen Tiefland von Bolivien, wo das Gemüse bereits im Jahr 10.000 vor unserer Zeitrechnung angebaut wurde. Man vermutet, dass die calabaza wegen ihrer ölhaltigen Kerne kultiviert wurde, weil das Fruchtfleisch der Wildsorten bitter schmeckte.

Das Feld

Die alten Sorten werden heute mit modernen Methoden angebaut: Mit einem Traktor und einem subsolador, einer Art Fräse, wird im Winter der Boden aufgelockert. Dieses Werkzeug bricht die harte Bodenkruste auf, ohne wie beim Pflügen die Erde umzudrehen. Anschließen liefert die hauseigene Esel- und Ziegenherde Mist als Nährstoffe. Im April werden danach die Pflanzgruben im Abstand von einem Meter vorbereitet. Zwischen den Pflanzreihen bleibt ein Abstand von über drei Metern frei, den die Kürbispflanzen benötigen, um sich auszubreiten.

In die Pflanzgruben gibt der Züchter vier oder fünf Samenkörner, die er direkt aus dem Kürbis nimmt. Dieses Exemplar wurde im Vorjahr speziell für die Vermehrung ausgewählt, weil es alle wichtigen Merkmale der Sorte in sich vereinte: Die gelbe Haut soll wenig Maserung aufweisen und das Fruchtfleisch orangefarben sein. Auch die Länge muss stimmen, sie sollte zwischen 50 und 60 Zentimeter betragen. Geraten die Kürbisse länger, müssen sie stückweise oder an Restaurants verkauft werden.

Doch zuvor müssen die Samen keimen, was mit einem Liter Wasser unterstützt wird. Mehr Gießwasser bekommen sie nicht. Ab dann müssen die Gewächse mit den Niederschlägen auskommen. Dass die Pflanzen so gar nicht durstig sind, machen sie zu einer begehrten Sorte auf einer Insel, auf der das Wasser häufig knapp wird.

Zudem hat die einheimische Kürbissorte Chancen, der Erderwärmung zu trotzen und wie eh und je en secano, also ohne künstliche Bewässerung angebaut zu werden. „Allerdings werden die calabazas von Jahr zu Jahr immer etwas früher reif", so der Züchter.

Die Vermehrung

Jetzt im August haben die kriechenden Pflanzen lange Triebe gebildet, die in regelmäßigen Abständen in der Erde wurzeln. Die grünen Blätter sind groß und bilden an ihren Rändern kleine Buchten. Aus dem Blattwerk ragen auf langen Stielen einige wenige fünfblättrige männliche Blütenkelche in Gelb. Eine Pflanze kann gleichzeitig Blüten beider Geschlechter entwickeln, die bevorzugt von Bienen oder Hummeln bestäubt werden.

Schon zuvor sind die weiblichen Blüten an ihren langen schmalen Fruchtknoten zu erkennen, aus denen sich nach der Bestäubung die Früchte bilden. Während der Erntezeit überwiegen auf dem Feld die männlichen Blüten, weil die weiblichen, die ohnehin schon immer seltener vorkommen, jetzt Kürbisse gebildet haben, die reif unter dem Blattwerk auf der Erde liegen.

Weitere Sorten

Zu den Moschus-Kürbissen zählt die fast quadratische „Carabassa petita". Ein Mitglied der näheren Verwandtschaft ist der Feigenblatt-Kürbis (Cucurbita ficifolia bot., calabaza confitera span., carabassa de cabell d'àngel kat.), aus dem die Konfitüre cabello de ángel gekocht wird. Oder der Riesenkürbis, Curcubita maxima, der bei Wettbewerben bis zu 500 Kilogramm auf die Waage bringt. Bei Massagen kommt der Schwammkürbis (Luffa cylindrica bot., calabaza de esponjas span., carabassa de fregall kat.) zum Einsatz, der ebenfalls auf der Insel wächst und dessen Samen über die Vereinigung lokaler Sorten zu beziehen sind.