Mitten im Orangengarten bei Sóller auf Mallorca wachsen, so weit das Auge reicht, hüfthohe Stauden mit dichtem, hellgrünen Blattwerk. Nicht nur Orangen und Zitronen werden hier im Zitrusgarten in Bälde geerntet. Auf der Finca Can Verde de la Huerta sind jetzt im Oktober auch schon Chili- und Cayenneschoten reif.

Die Sorten

"Am zahlreichsten ist die Pflanzensorte namens Carolina Reaper vertreten", sagt Miquel Angel Martínez auf seiner Plantage bei Sóller. 2013 stand sie schon mal als die schärfste ­Chilischote der Welt im Guinnessbuch der Rekorde. Vermutlich stammt sie von einer pakistanischen Sorte sowie der Habanera aus der ­Karibik ab. Der 47-Jährige verarbeitet die Scharfmacher zu scharfen Saucen, "Salsa picante Martínez" genannt. Da die Schoten gefähr­liche Reaktionen im Körper auslösen können, sind sie ausschließlich für Kenner bestimmt.

Das gilt gleichermaßen für die womöglich "zweitschärfste" Schote der Welt, die in Trinidad gezüchtete Moruga Scorpion. Auch sie trägt im Orangenhain gerade Früchte. Sie erreichen die Größe eines Golfballs und entfalten einen ­fruchtigen Geschmack. Wegen ihrer Schärfe ist sie ebenfalls mit allergrößter Sorgfalt zu dosieren. Obwohl sie aus der Karibik stammt, ist ihr botanischer Name Capsicum chinensis.

Sanfter sind dagegen die langen, dünnen, unten spitz zulaufenden Cayennesorten, (Capsicum frutescens bot., guindilla span., pebre de banyeta kat.), die man auch Peperoni nennt. "Solange die Cayenneschoten grün sind, erinnert ihr Geschmack an die der grünen Gemüse­paprika. Wenn sie reif und rot sind, nimmt ihre Schärfe jedoch zu", sagt der 46-Jährige und empfiehlt, die Schoten einzufrieren, sie jedoch sofort zu verwenden, wenn man sie aus dem Gefrierfach genommen hat.

Die Schärfe

Hunderte verschiedene Chilisorten, die seit Jahrtausenden in Mittel- und Südamerika gezüchtet werden, haben eines gemeinsam: Die Haut, die Wände und die Samen der Schoten enthalten Capsaicin, das für das aromatische Feuer sorgt. So ist beispielsweise die Schärfe im handelsüblichen Cayennepfeffer deshalb beträchtlich, weil er aus getrockneten und gemahlenen Früchten hergestellt wird.

Beim Chilipulver kommt es hingegen auf den Hersteller an. Denn meistens verbirgt sich unter diesem Namen eine mildere Gewürz­mischung. Diese kann neben den getrockneten und gemahlenen Cayenneschoten auch Kreuzkümmel, Knoblauch und Oregano oder sogar Zimt, Muskat und Gewürznelken enthalten. Reines Chilipulver gibt es übrigens ­unter den Schotennamen Habanera oder Carolina Reaper im Geschäft von Miquel Angel ­Martínez in Sóller.

Die Pflanze

Für Botaniker sind die Früchte aller Paprikapflanzen Beeren, die Bezeichnung Schote ist also nicht ganz korrekt. Zur einjährigen Gattung der Paprikagewächse (Capiscum annuum) zählen sowohl die milden Gemüsepaprika als auch die scharfen kleineren Sorten.

Um Einjährige handelt es sich auch auf der Plantage bei Sóller. Ihre Samen entnimmt der Züchter den besten Früchten, trocknet sie und zieht sie im Frühjahr in geschützten Räumen vor. Wenn die Jungpflanzen groß genug sind, verkauft er einen Teil auf den Inselmärkten. Zwischen den Orangenbäumen pflanzte er im April 1.500 Setzlinge.

Doch bevor die Jungpflanzen in die Erde kommen, muss im Winter das Feld gepflügt und die Tröpfchenbewässerung sowie auch die Unkrautfolie verlegt werden. Jede Pflanze öffnet im Sommer und Herbst mehrmals weiße Blüten, an denen sich dann Fruchtstände bilden. Für ihr Gedeihen benötigen die Pflanzen keine zusätzlichen Nährstoffe, Schädlinge sind nicht bekannt.

Saucen aus Sóller

Vor vier Jahren ging der Chilizüchter mit dem Programm "Salsa picante Martínez" an den Start. "Ich hatte immer schon ein Faible für ­pikante Gerichte", berichtet der solleric. Die scharfen Saucen lernte er auf Brasilien­reisen kennen. Von dort brachte er auch die ersten Schoten mit. Als dann die erste Aussaat auf der Insel gelungen war, richtete er seine ­Manufaktur ein. Heute stellt er hier von der grünen Serrano (Schärfe 2) bis hin zur Scorpion (Schärfe 9 von 10) mehrere Saucen her.

Martínez verwendet die gesamte Frucht, zerkleinert sie, fügt getrocknete Orangen­blüten und andere Zutaten sowie weißen Weinessig zu. Nach einer dreimonatigen ­Fermentationszeit füllt er die Flüssigkeit mitsamt den Fruchtstückchen in kleine Flaschen ab. Verkauft werden diese in seinem Geschäft in Sóller, aber auch an Ständen in Palmas Märkten Pere Garau und Mercat de l'Olivar.

Information: Salsa picante Martínez, Geschäft im Carrer Pastor, 44, 07100 Sóller, bitte anmelden unter Tel.: 650-74 16 70. www.salsapicantemartinez.com