Die Versuchsküche auf Mallorcawirkt kühl und steril. Genauso muss es an einem Ort sein, an dem Lebensmittel bearbeitet werden, die mit dem Segen der Gesundheitsbehörden auf den Markt kommen. Hier in Binissalem hat, wie vergangene Woche in der MZ zu lesen, Pedro Osuna kürzlich seine Orangen abgeliefert. Sie wurden danach in Scheiben geschnitten, dann auf Roste gelegt und 24 Stunden lang bei 50 Grad getrocknet. „Dann sind sie haltbar", berichtet Marta Terrassa.

Der Dörrautomat ist eines der Elektrogeräte in dem Lebensmittellabor und der Versuchsküche auf dem Gelände der Kooperative Grupo Fruits Secs in Binissalem. Marta Terrassa hat sie geplant und eingerichtet. Sie ist Agraringenieurin und Ernährungsberaterin und arbeitet im Auftrag der Vereinigung der Bio-Landwirte (Apaema). Die Finanzierung der im Spanischen obrador genannten Manufaktur stammt aus EU-Finanzmitteln im Rahmen des „Plans für die Entwicklung ländlicher Gebiete (PDR)". Seit eineinhalb Jahren nutzen die Mitglieder von Apaema und Fruits Secs die Einrichtung.

Das Pilot-Projekt

Von Anfang an wollte man mit dem Labor und der Küche den Bio-Landwirten unter die Arme greifen. Und dabei einen Weg finden, Obst und Gemüse aus ökologischem Anbau, das nicht frisch über die Theke gehen kann, so zu konservieren, dass die Früchte auch außerhalb der Erntezeiten Käufer finden. In der Pilot-Phase des Projekts stellte sich Marta Terrassa in die Küche und kochte viele Kostproben, die dann von Verbrauchern und den Inhabern kleiner Läden verkostet und für gut befunden wurden - oder aber auf dem Kompost landeten. 35 Rezepte kamen so zusammen.

Für die Lebensmittel, die nach diesen Vorgaben konserviert worden sind, erstellte Terrassa Protokolle über sogenannte Prozessketten. Mittlerweile sind sowohl die Manufaktur als auch einzelne Artikel beim Registro Sanitario, der Gesundheitsbehörde, eingeschrieben. Denn das EU-Recht verpflichtet die Registrierung auch von kleinen Mengen, wenn sie überregional vertrieben werden. Ein großer Teil ihrer Arbeit, so Terrassa, machten die Anträge für das Registro Sanitario sowie für das Bio-Zertifikat beim Inselrat (CBPAE) aus.

Feste Aufträge

Am Beispiel von Pedro Osuna erklärt Terrassa, wie die Zusammenarbeit mit einem Bio-Landwirt aussieht. „Pedro hat genaue Vorstellungen, von dem was er will", erzählt die Mallorquinerin. Sie hat die Rezepte für sein Obst und Gemüse entwickelt und kocht jetzt für ihn Zitronen-, Orangen- und Mandarinenkonfitüre, Chutney aus Zucchini und Basilikum sowie Hummus aus Auberginen ein. Er steuert die Etiketten mit Logo von Ses Terres mit den Produktnamen in Katalanisch, Englisch und Spanisch bei. Sie liefert ihm die fertigen Gläser.

Nicht nur die eingangs erwähnten Orangenscheiben kommen in den Dörrautomaten. Auch Kale-Blättern wird die Feuchtigkeit entzogen. Ebenso wie Tomaten-, Zwiebel- und Paprikascheiben, die unter dem Sammelbegriff „Crunchy veggies" als „Xips de Kale" und „Trampó Xips" verkauft werden. Hergestellt werden derzeit außerdem Energie-Chips-Mischungen aus Orangen und Rotkohlstreifen sowie Sonnenblumenkernen.

Für Chips, die ja längere Zeit knackig bleiben sollen, mussten wiederverschließbare Tüten gefunden werden. Nach langen Recherchen zeigte sich, dass nur sogenannte Doypacks diese Ansprüche erfüllen können.

Lokales Bio-Gemüse

„Händler oder Landwirte können auch selbst etikettieren, was wir für sie einkochen", sagt Terrassa. Wobei man in der Laborküche ausschließlich Obst und Gemüse lokaler Sorten konserviert: Frisch eingekocht sind beispielsweise Kichererbsen, denn die einheimische ciuró mallorquí wird jetzt geerntet. In Gläsern warten sie noch namenlos auf Abholer.

Hochsaison herrschte hier am Ende des Sommers. Zu diesem Zeitpunkt wurden mehr Tomaten lokaler Sorten an den Stauden reif als verkauft werden konnten. Deshalb lieferten Mitglieder der Kooperativen sie in Binissalem ab. Bis dahin hatte man die tomatigues häufig mit großem Aufwand selbst konserviert.

Seit diesem Sommer nun werden die Tomaten in Binissalem gewaschen, maschinell püriert und in einem 100-Liter-Kochkessel zwei Stunden lang eingekocht. Das triturado aus Fleischtomaten und Basilikum schmeckt italienisch, sehr mallorquinisch dagegen das sofrito aus Ramallet-Tomaten und Zwiebeln.

Kollektiv genutzte Räume

Zu den Projektplänen, die für das PDR-Programm eingereicht wurden, gehörte auch, dass die Landwirte die Laborküche mieten und dort selbst ihre Konserven herstellen können. Doch musste dies zuerst einmal zurückgestellt werden. Denn es hat sich als sehr zeitaufwendig erwiesen, den Landwirten die Arbeitsabläufe zu erklären, die als Protokoll bei der Behörde hinterlegt worden sind.

Häufig genutzt wird jedoch seit eineinhalb Jahren die Werkstatt der Imker. Seither hängen die apicultores ihre Honigrahmen in die elektrische Schleuder. Die Gläser werden in der Küche sterilisiert und auf einem kleinen Fließband abgefüllt. Imker aus Alaró nutzten die Werkstatt, Martí Mascaró ebenfalls, weil er mittlerweile seinen Bio-Honig in größeren Mengen vertreibt und die Gläser registriert werden müssen. Dieses Jahr ließ auch erstmals Pilar Puig ihren Bio-Honig „Equilibri" hier schleudern und abfüllen. Die Werkstatt steht auch Imkern offen, die kleine Mengen Honig ohne Zertifikate herstellen wollen.

Gesunde Plätzchen

Ein altes Inselrezept stand Pate für Plätzchen, für die man gedörrte Orangenscheiben in Schokolade taucht. Für Pedro Osuna von Ses Terres fertigt Marta Terrassa jetzt eine Variante ohne Zucker: Dafür glasiert sie die Bio-Orangenscheiben ganz dünn mit einer Mischung aus Kakaobutter und Johannisbrotmehl.

Lebensmittellabor

www.apaema.net/comunitat/obrador-collectiu