Weil dieses Jahr alles anders ist, hier noch mal eine kurze Erinnerung an normale Zeiten. Eigentlich geht Weihnachten auf Mallorca so: Im Advent formulieren die Kinder ihre Wunschliste in einem Brief, den sie an die Heiligen Drei Könige adressieren. Noch vor Weihnachten holen die königlichen Pagen die Kinderpost ab. Manche Geschenke bringt der ausländische Santa Claus schon an Heiligabend. Aber die eigentlichen Weihnachts-Superhelden der Kinder sind die Weisen aus dem Morgenlande Caspar, Melchior und Balthasar. Sie erfüllen die in den Briefen geäußerten Wünsche und bringen die Geschenke am 5. Januar. Mehr oder weniger zeitgleich reiten sie in Palma sowie in allen anderen Städten und Dörfern der Insel ein, während sich die Kinder an den Straßen drängen, um die bunte Pracht zu Gesicht zu bekommen und schließlich ihre Geschenke in Empfang zu nehmen.

Doch in dieser scheinbar verwünschten Zeit geht selbst das nicht. Denn wer ein weiser König ist, will auf keinen Fall, dass sich die Familien im Gedränge anstecken. Deshalb haben sie sich in der Balearen-Hauptstadt Palma entschlossen, allen Kindern im Alter bis elf Jahren postalisch zu antworten. In den rund 44.000 Briefen bitten die Heiligen Drei Könige die Kinder, den ­Umzug lieber im regionalen Fernsehen IB3 anzuschauen. Sollte irgendein Bub oder Mädel auf der königlichen Liste fehlen, dürfen die Eltern den Brief ab dem 28. Dezember im Rathaus abholen. Die Geschenke werde man dann direkt nach Hause ausliefern: „Wir haben uns die Stadtkarte genau angeschaut, damit in keinem Haus die ­Geschenke fehlen", versprechen Palmas Heilige Drei Könige in ihren mit Kamelen und Sternen verzierten Briefen.

Hatten wir gesagt, dass dieses Jahr alles anders ist? Nun ja, manches bleibt auch gleich. Sobald die ersten Briefe verschickt waren, entflammte unter den Politikern ein Streit über die Sprache. Die rechtsextreme Partei Vox beschwerte sich darüber, dass die Weisen aus dem Morgenlande sich ausschließlich auf Katalanisch an die Insel­kinder richten. Die Herrschaften hätten die Hauptsprache der Insel gewählt, in der schließlich auch der Schulunterricht stattfinde, hieß es im Rathaus gelassen. Wenn Vox jetzt als Spielverderber auftreten wolle, nur zu.

Auch die Kritik, dass man in Zeiten knapper Kassen zu viel Geld für Kinderbriefe verschwende, wiesen die Stadtoberen mit den guten Beziehungen zu den Reyes ­zurück. Der sozialistische Bürgermeister José Hila bezifferte die Gesamtkosten für Design und Farbdruck auf 3.700 Euro. Das Verteilen an die Haushalte übernehme eine städtische Firma, die auch sonst die offiziellen Benachrichtigungen zustelle. Der ­Haushalt werde dadurch nicht zusätzlich belastet. Und sämtliche Kosten für die Geschenke tragen selbstverständlich die Könige.

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