Viele Autofahrer, die von Porto Cristo nach Cala Millor unterwegs sind, werden sich schon mal gefragt haben, was das für ein seltsamer Turm linker Hand auf Höhe von s’Illot ist. Grill-Restaurant steht in großen Lettern an der Fassade des Gebäudes, das einer Ruine ähnelt. Einst war hier Mallorcas bekannteste Diskothek beheimatet, das Dhraa. Der Erfolg kam schnell und intensiv, genauso wie der Abgang. Nach Jahrzehnten des Verfalls hat ein Deutscher den Komplex gekauft, um ihn auf Vordermann zu bringen und wieder zu eröffnen.

Beim MZ-Besuch am Dienstag (20.7.) laufen gerade Aufräumarbeiten. „Sechs Leute sind seit zwei Monaten damit beschäftigt, das Gelände von Gestrüpp, Schutt und Müll zu befreien“, sagt der Chef der Immobilienfirma May Holding Baleares, der Wert auf Diskretion legt. In vier Monaten soll die Baulizenz bewilligt sein. „Wir haben mit der Stadt Manacor vereinbart, dass wir die alte Struktur wiederherstellen.“ Dafür war sicherlich nicht hilfreich, dass die Spitze einer Pyramide in dem Komplex zwei Monate nach dem Kauf einstürzte. Sie soll nun wiederaufgebaut werden.

Im Fall eines Labyrinths nebenan ist das nicht mehr möglich – es musste bei einem früheren Umbau einer Bühne weichen. Doch auch so ist das Gelände wahrhaft verwinkelt: In alle Richtungen führen Wege mit Treppen und Rampen. So etwa auf den Turm, der – obwohl ohne praktischen Nutzen – erhalten bleiben wird. Schließlich ist er das Wahrzeichen. „Wir strahlen ihn dann nachts an. Auf die Spitze wollen wir zudem einen Scheinwerfer montieren, der in den Himmel strahlt.“

Alles von Wert wurde gestohlen

„Seit drei Jahren habe ich mit dem Eigentümer verhandelt. Vor wenigen Jahren hatte er das Dhraa noch für 1,7 Millionen Euro zum Kauf angeboten.“ Der mit der Zeit nicht besser werdende Zustand der Immobilie ließ den Preis sinken. Der Deutsche schlug für 245.000 Euro zu. „Der Kaufpreis war nie das Problem. Viele Interessenten waren von dem Betrag abgeschreckt, den man zur Wiederherrichtung investieren muss“, sagt er.

Der neue Hausherr kalkuliert mit 2,5 bis 3 Millionen Euro für die Renovierungsarbeiten. „Der Beton ist noch gut erhalten. Aber alles, was von Wert war, wurde gestohlen. Wasserleitungen und kilometerweise Stromkabel müssen verlegt werden.“ Ein großer Vorzug der Immobilie seien hingegen die gültigen Lizenzen. „Da gibt es keinen ähnlichen Standort und wird es wohl künftig auch nicht mehr geben. Das Dhraa hat Bestandsschutz. Veranstaltungen, Partys und Ausstellungen sind erlaubt. Der Pool und das Restaurant sind genehmigt.“

Auf jeden Fall ändern werde sich der Name. Noch ist aber nicht beschlossen, wie das Dhraa heißen wird. Um den Pool soll es Sitzbereiche und Bars geben. „Wir werden nicht jedes Wochenende große Partys schmeißen. Sonntags wird es ein Ort zum Entspannen sein. Nach dem Vorbild von Ibiza wollen wir Electro- und Techno-Festivals mit weltbekannten DJs veranstalten.“ In der Nebensaison könnten ähnlich wie im Pueblo Español in Palma Märkte aufgebaut werden. Der Unternehmer übernimmt auch angrenzende Lokale mit derzeit geschlossenen Restaurants, zudem soll ein Parkplatz entstehen. Die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist schwierig.

"Auf das Megapark-Publikum haben wir es nicht abgesehen"

Ob es dann vor allem Deutsche oder Mallorquiner sein werden, die im neuen Dhraa feiern, sei zweitrangig. „Auf das Megapark-Publikum haben wir es nicht abgesehen. Es geht darum, den Einheimischen etwas zu bieten. Im Inselosten gibt es sonst nichts.“ Bereits im April kommenden Jahres sollen die an den Komplex angrenzenden Restaurants wieder öffnen. Das große Opening ist mit einem Weihnachtsmarkt 2022 geplant.

10.000 Gäste wie zur ursprünglichen Eröffnung im Juli 1986 werden dann wohl nicht kommen. An den Entwürfen des früheren Vergnügungstempels hatten die Künstler Guillermo Pérez Villalta und Miquel Barceló mitgewirkt. „Das neue Zentrum des Nachtlebens besticht durch seinen modernen und revolutionären Stil“, schrieb der spanische Journalist Santiago Castelo in der Zeitung „ABC“, nachdem er vor der ersten Party einen Blick ins Innere werfen durfte. Ein Teil der Diskothek stelle eine futuristische Ruine dar. „Hier endet die Gegenwart“, heißt es auf einem Flyer.

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Hier traten die Stars der Musikszene auf, darunter beispielsweise im Sommer 1987 die deutsche Rockröhre Nina Hagen. Geöffnet war täglich von 23 Uhr bis Sonnenaufgang. Vielleicht auch wegen der gewagten Struktur kam es immer wieder zu Unfällen und Sicherheitsproblemen. Schon 1993 war die Party im Dhraa vorbei. Es folgten verschiedene Versuche, die Diskothek wieder zum Leben zu erwecken oder umzugestalten. Doch alle scheiterten. Seit der Jahrtausendwende überließ der Eigentümer Pedro Pascual das Gebäude seinem Schicksal und suchte verzweifelt einen Käufer. Mit dem Deutschen hat sich dieser nun endlich gefunden.