Die Mallorca Zeitung hat am Donnerstag (30.9.) dem Journalisten und Autor Axel Thorer ihren Kultur-Preis 2021 verliehen. Wir dokumentieren seine Dankesrede auf dem Weingut Castell Miquel, wo die Preisverleihung vor mallorquinischen und internationalen Gästen stattfand.

Bones tardes senyores i senyors! (Guten Abend, meine Damen und Herren!)

Es war um 1958, da wanderte meine Großmutter nach Mallorca aus und jemand fragte sie: „Du sagst, Du lebst im Paradies – kommt man da nicht erst rein, wenn man tot ist?“ 

„Nein,“ erwiderte sie, „es ist nur so, dass nicht jeder reinpasst ins Paradies Mallorca!“ 

Sie war eine weise Frau und ich habe sie in Felanitx begraben. 

Für mich und die gerade mal 0,3 % der Ausländer, die erkannt haben, was es wirklich heißt, Mallorca erleben zu dürfen, ist die Insel ein Shangri-la vor der Küste der Welt. Die ab und zu mal ins Schleppnetz der Nullingers & Ballermanns gerät, aber was kümmert es den Marés, wenn sich ein “tan mateix” (mallorquinische Redewendung, die Gleichgültigkeit ausdrückt) an ihm reibt …

Das Meer kann die Gezeiten nicht antreiben, das können nur der Mond und der Wind. Genauso wenig kann einer wie ich behaupten, ihm gehöre ein Stück Mallorca. Ist das nicht auch eine Erkenntnis aus der Corona-Krise? Können die, denen die Insel gehört seit Jahrtausenden, sie nicht verschließen in Notzeiten, so dass man sagen kann: Auf einer Insel gefangen, ist doppelt gefangen, und aus einer Insel ausgesperrt, ist doppelt draußen …?

Ja, sie können es. Jeden, der nicht von der Insel ist. Die Macht haben sie – und die Klugheit, das zu tun. Aber da befiel mich, wie alle Anderen, doch die Hilflosigkeit vor der Realität: Ich besitze ein Fleckchen Mallorca, aber verfüge nicht darüber. Ich bin plötzlich ein heimgereister Flüchtling, der nicht mehr willkommen ist im Paradies. Ein Virus hat die Wahrheit über die Verfügbarkeit der Erde offenbart … 

Und doch überkam mich nicht Ärger, sondern die Gota fria (Starkregen) der Erkenntnis: Ich bin und bleibe Eindringling, eine Escritura (Grundbucheintrag) macht mich nicht zum Kolonialherren. Daran hat auch die EU nichts geändert, und ich danke den verbliebenen 300.000 Mallorkinern, dieses kleine sich abschottende, geheimnisvolle Kulturvolk, dass sie uns weiterhin eine der edelsten Gaben der Humanität bieten – ihre Gastfreundschaft. Nicht ganz uneigennützig, oh nein, keineswegs, aber es ist ein gutes Geschäft für beide, Duros gegen Dasein einzutauschen …

Ich bin gerührt und beschämt, dass Sie mich ehren, und ich bezweifle, dass ich es verdient habe. Aber dieser Preis bindet mich noch stärker an die Dama de Son Matge, an die Balanguera, an Ramon Lllull, Jaume Mir, Carmen Riera und – Rafa Nadal … 

Vos desig que continueu gaudint d’aquest vespre meravellós. (Ich wünsche Ihnen, dass Sie diese wunderbaren Abend weiter genießen können).

Moltes gràcies! (Vielen Dank).