Trotz der Unwägbarkeiten ließen sich so einige Gastronomen auf Mallorca nicht davon abhalten, ihren Wunsch nach Selbstständigkeit endlich wahr werden zu lassen. Bei manch anderem kam ein neues kulinarisches Standbein hinzu.

Das Mini-Gastroimperium

Bei ihm kann man von Mut und Unternehmergeist sprechen: Edgar Lagassi. Gemeinsam mit Geschäftspartnern eröffnete der Brasilianer im Sommer 2020 das Merchants im wunderschönen Hotel Palacio Can Marqués sowie das Juicy Lucy, ein Burgerlokal am Rand des Santa-Catalina-Viertels. 2021 folgte das Wineing gegenüber dem Merchants, eine Weinbar mit kleinen Gerichten. Dann übernahmen sie im Sommer The Boathouse, gegenüber dem Auditorium am Hafen, mit schönem Außenbereich und einer internationalen Küche, sowie jüngst das Koh im Santa-Catalina-Viertel, wo es asiatische Küche gibt. Alle fünf Lokale laufen erfolgreich, der Service ist überall ausgesprochen gut und freundlich, das Essen von hoher Qualität. Ein Paradebeispiel für erfolgreiche Gastronomie (merchantspalma.com, juicylucy.es, wineing.es, theboathouse.es, kohpalma.com).

Der Wechsel und der Star

Nachdem Fernando P. Arellano sein Zwei-Sterne-Restaurant Zaranda im Hotel Castell Son Claret 2020 geschlossen hatte, übernahm sein Chefkoch Jordi Cantó das Ruder im neuen Sa Clastra – und er schlägt sich mehr als wacker. In guter Erinnerung blieb eine kleine Ensaimada gefüllt mit Lammragout und gewürzt mit Ras el-Hanout, dazu Tsatsiki und Sobrassada-Hummus sowie ein Lammhackwürstchen in knuspriger Teigtasche (castellsonclaret.com).

Arellano indes eröffnete Ende August sein Zaranda im Fünf-Sterne-Hotel Es Princep in Palma und bietet dort eine Art Best-of-Menü seiner Gerichte sowie eines mit neuen Kreationen. Da er seine zwei Michelin-Sterne nach dem Son-Claret-Weggang „verloren“ hatte, startete er nun erneut mit einem Stern (zaranda.es).

Er ist unbestritten der Kochstar Spaniens: Martín Berasateguí. Mit sieben seiner insgesamt 15 Restaurants hat er bereits zwölf Sterne gesammelt. Im Mai eröffnete er ein Lokal an der Plaça del Pont, das El Txoko de Martín. Es ist nicht auf weiteren Sterne-Gewinn ausgerichtet, sondern eine Hommage an das Lokal seiner Eltern. Es gibt bodenständige spanische Klassiker mit jeweils einem besonderen Kick und zudem bezahlbar (eltxokodemartin.com).

Meine Lieblingsgerichte

Eine kleine gebratene und karamellisierte Ensaimada mit Lammragout, Birnenscheiben und Schokosauce – ein Gedicht und zu finden im Buscando el Norte Santa Catalina, das es schon seit Ende 2019 gibt, aber erst im September übernahm José Cortés García das Zepter in der Küche (restaurantebuscandoelnorte.com).

Fantastisch auch die knusprigen torreznos (frittierter Schweinebauch) in der Cantina Panzà, dem Gemeinschaftsprojekt von Fernando P. Arellano, Itziar Rodrïguez und Javier Gardonio. Letzterer ist vorrangig als Chefkoch vor Ort und sorgt im Restaurant des Boutique-Hotels Sant Jaume für kulinarische Verwöhnungen mit spanischer Küche (cantinapanza.es).

Fein auch die Fish ’n’ Chips von Chefkoch Murray Williams im Raft19. Eröffnet wurde das Lokal zwar schon im Sommer 2020, aber entdeckt habe ich es erst in diesem Jahr. Direkt am Meer an der Cala Gamba bietet ein neuseeländisch-deutsches Paar internationale frische Küche (raft19bistro.com).

Köstlich war auch die Hot-Beef-Rolle mit leicht angeflämmtem Sashimi vom Rind, Gurke und Tempura-Spargel im Strandrestaurant Maria 5 in Camp de Mar mit Chefkoch Gunnar Blischke. Der Berliner – früher Chefkoch im Coast by East oder im Katagi Blau – ist nicht nur für die Küche im Maria 5, sondern auch für den Genuss im Boira des Boutique-Hotels Nou Baleares zuständig (Facebook: Maria 5 Beach Club).

Ebenfalls extrem lecker die beiden Boeuf Bourguignons in den französischen Restaurants Les Artistes des Franzosen Alain Azelart – romantisch im typischen Bistrostil eingerichtet – und im (noch) etwas kargen Chez Nous des Berliners Ralf Pustkowski, der coronabedingt umziehen musste. Aber das Wichtigste ist ja das, was auf dem Teller liegt (lesartistesymas.com, cheznousmallorca.com).

Und schließlich gab es im neuen Japaner von Cala Ratjada, La Casita Fusión, noch frittierte Takoyaki-Bällchen, bestehend aus einer fluffigen Masse aus Kartoffel- und Weizenmehl sowie kleinen Oktopusstücken. Darüber kommen verschiedene japanische Saucen sowie Katsuobushi, hauchdünn geraspelte Flocken von getrocknetem und geräuchertem Bonito, die sich auf warmen Speisen durch die Hitze bewegen. Chefkoch Oscar Rodríguez arbeitete zuvor zum Beispiel in der Emilio Innobar, lernte vom Meister Emilio (FB: La Casita Fusión).

Auch hier hat es uns 2021 besonders geschmeckt. Bendgens / Lokale

Von Todsünden und gutem Reis

Wer das Vandal mag, wird auch das zweite Lokal von Bernabé Caravotta und Seba Pérez mögen: Santa. Die Karte ist originell nach den sieben Todsünden aufgeteilt. Geboten wird kreative spanisch-argentinische Küche, aber auch Spannend-Vegetarisches wie die Aubergine aus dem Ofen, überzogen mit einer Erdnuss-Knoblauch-Chilisauce und Erdnüssen (santa.com).

Wer Reisgerichte liebt, dem empfiehlt sich das Va d’Arròs in Santa María del Camí mit Kike Martí und seinem Team von Arrozame am Herd. So nennt der Reispapst der Insel seine Firma, zu der nicht nur das Lokal gehört (gemeinsam mit Partnern), sondern die auch den gleichnamigen Reis vertreibt und Caterings aller Art sowie Reis-Showcookings anbietet (FB: Va d’Arròs).

Am Meer und am Berg

Am Strand von Palmanova freut man sich über das SiSo Beach mit Chefkoch Claudio Vargas, wo neben Claudios kreativer Küche ausgewiesene Experten für beste Paella, BBQ-Spezialitäten, Reisköstlichkeiten und Pizza sorgen. Highlight ist die Anrichtung des Rindertatars direkt am Tisch (sisobeachmallorca.com).

Unter der Obhut von Gerhard Schwaiger entstand das schöne Lokal Suculenta auf einer Mole im Hafen von Port de Sóller: Man speist mediterran im gläsernen, mit meerfarbenen Akzenten gestalteten Lokal (suculenta.es).

An der Promenade in Port d’Andratx haben die Betreiber des Sumailla ein zweites Lokal, das Latitud 39 eröffnet, mit einem fröhlich-kulinarischen Mix wie etwa Couscous mit Secreto-Stückchen, Gemüse, Pflaumen, Rosinen und Tomatenchutney (restaurantlatitud39.com).

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Wer Lust auf eine exzellente Lammschulter, einen arròs brut oder ein Premiumsteak hat, der sollte auf das etwa 300 Meter hohe Berglein Santa Magdalena fahren, radeln oder gehen, um an der Spitze neben der Einsiedelei das Restaurant Puig de Santa Magdalena aufzusuchen, das ambitionierte neue Betreiber führen (FB: Restaurant Puig de Santa Magdalena).

Nicht so hoch, aber immerhin auch im Dorf Bunyola am Fuß der Tramuntana liegt das Antic Es Garrigó, wo Chefkoch Ivan de Crespo seiner Kreativität freien Lauf lässt und ästhetisch wie geschmacklich Einzigartiges serviert (FB: Restauran Antic es Garrigó).