Er ist der Einzige seiner Art, zumindest der einzige Deutsche neben nur wenigen Mallorquinern, der auf Mallorca als Spezialist für Holzboote gilt. Dass sich Jan van der Horst einer alten Tradition widmet, davon zeugt bereits sein antik anmutendes Werkzeug: ungewöhnliche Hammer, Kalfateisen, verschiedenste Feilen, Winkel, Schraubzwingen, Sägen. Überall ist Holz, es riecht nach verschiedenen Hölzern, Lack, und Holzteer. Seine Werkstatt Manos del Mar (Hände des Meeres) verbirgt sich hinter einem großen grünen hölzernen Tor an der „Contramollet“ nahe der Fischbörse und der Werft Astilleros de Mallorca im Hafen von Palma. Wo zuvor ein mallorquinischer Metallbauer schweißte, arbeitet und wirkt der Kieler seit 2014 und hat sich über die Jahre einen Ruf als Experte für Reparaturarbeiten an Holzbooten erworben.

Die 10,5 Meter lange „Zoe Mai“, ein von Jan van der Horst neu gebauter norwegischer Spitzgatter. MDM

Per Zufall auf die Insel

Sein Faible für Holz und Boote ist familiär bedingt: Bereits sein Vater und beide Großväter waren leidenschaftliche Segler und Holzbootfans. Folglich machte der heute 56-Jährige nach dem Abitur in Kiel eine Lehre zum Boots- und Schiffbaumeister. Nach bestandener Gesellenprüfung segelte er mit einem Freund nach Norwegen, trampte die Küste entlang und suchte sich einen Job in einer Werft. Sein Wissen und Können perfektionierte er dann noch in den USA und später in der eigenen Kieler Werft. Auf Mallorca landete Jan van der Horst eher zufällig, um das Teakdeck auf der Yacht eines Freundes zu verlegen. Als weitere ähnliche Aufträge kamen, und er dann noch seine zweite Frau (und Mutter seiner beiden jüngsten Kinder) kennenlernte, blieb er. Das war 2009. Die Entscheidung, Arbeit und Leben ans Mittelmeer zu verlegen, habe er keinen einzigen Tag bereut, sagt er.

Wahre Schmuckstücke

In die Werkstatt mit den hohen Decken passen Boote bis zu zehn Meter Länge, und es kommt immer mal wieder vor, dass ein typisches mallorquinisches Fischerboot, wie eine llaüt oder eine bot, den Weg zwecks Grundsanierung durch das breite Schiebetor findet. So wie die sieben Meter lange, 1973 gebaute llaüt „Santa Francisca“. Jan van der Horst verwandelte das alte, marode Fischerboot aus mallorquinischem Kiefernholz in ein wahres Schmuckstück. Ein Liebhaberobjekt, in das viel handwerkliches Können und Liebe zum Detail geflossen ist. Jan van der Horst erneuerte das Deck samt Decksbalken und setzte es höher, baute einen Kajütaufbau samt Cockpit und zwei Kojen, wechselte diverse Planken, kalfaterte den ganzen Rumpf neu, ließ den Motor überholen und errichtete ein kleines Rigg, sodass die Besatzung, statt Fische zu fangen, nun Segel setzen konnte.

Neben solchen Komplettrestaurierungen vermag Jan van der Horst auch Schiffe ganz neu zu bauen. So wie sein eigenes, einen norwegischen Spitzgatter. Die 10,5 Meter lange „Zoe Mai“, sein Meisterstück, hat er komplett selbst aus den Hölzern der Lärche, Eiche und Robinie gebaut, als er noch in Kiel lebte. Jetzt liegt sie im Club de Vela von Port d’Andratx und im Sommer im Real Club Náutico de Palma. Sie zu segeln habe er leider viel zu wenig Zeit.

Das Interesse an Holzbooten steigt wieder

Oft ist Jan van der Horst aber auch in Palmas Häfen, speziell im Real Club Nàutico, unterwegs und an oder unter Deck beschäftigt. Derzeit etwa auf zwei klassischen Segelbooten: der Zwölf-Meter-Rennyacht „Seven Seas“, einem America’s Cup-Regattaschiff, entworfen von Clinton H. Crane im Jahr 1935, und der „Rowdy“, einer New York 40, 1916 von dem legendären Schiffsarchitekten Nathanael Greene Herreshoff für den New York Yacht Club gezeichnet und gebaut.

Beide Schiffe liegen im Real Club Náutico, direkt an der Terrasse des Cafés, wo sie bewundert werden können. „Mein subjektiver Eindruck“, so sagt Jan van der Horst, „ist, dass in den letzten Jahren immer mehr klassische alte Holzyachten den Real Club Náutico ansteuern und das Interesse an Holzbooten zu steigen scheint.“ Das beschere ihm von Jahr zu Jahr mehr Aufträge von internationalen Eignern und Liebhabern klassischer Schiffe.

Seine Arbeit unterscheidet sich dabei grundlegend von der eines auf den Innenausbau oder das Teakdeck von Schiffen spezialisierten Tischlers. Jan van der Horst widmet sich mehr dem Holzschiff selbst, durch Neubau oder Reparatur von tragenden Teilen und Verbänden an Rumpf und Deck, sowie dem Bau von Masten und Spieren. Zu diesen speziellen Bootsbautätigkeiten gehört beispielsweise auch das Kalfatern: Hierbei werden die Nähte oder Fugen zwischen den hölzernen Schiffplanken mit Werg, Baumwolle, Kitt oder Teer abgedichtet – eigentlich eine eher monotone Tätigkeit, die aber sehr viel Sorgfalt und Konzentration erfordert.

Das könnte Sie interessieren:

Ein Stück weit Detektivarbeit

Wenn er über Holz und die Struktur von Holz spricht, gerät der 56-Jährige leicht ins Schwärmen, spricht er allerdings über das Beschaffen von wirklich gutem Holz, dann wird er ernst: „Auf jeden Fall muss ich jede einzelne Bohle selbst aussuchen, denn was einen Bauunternehmer erfreuen würde, ist mir in der Qualität oft noch lange nicht gut genug.“ Im traditionellen hiesigen Bootsbau wurde viel mallorquinische Kiefer verwendet, doch auch dieses Holz ist heutzutage, wie so viele andere Hölzer, nur selten in der notwendigen Qualität zu finden. Wie zum Beispiel die im Bootsbau beliebten Subtropenhölzer wie Mahagoni oder Teak, die selbstverständlich zertifiziert sein müssen. Hin und wieder müsse er sich außerhalb Mallorcas nach passenden Hölzern umschauen, erzählt Jan van der Horst, dem die steigenden Holzpreise und schwierig gewordenen Lieferbedingungen zu schaffen machen. Die richtige Bohle zu finden, sei häufig regelrecht Detektivarbeit.