3.000 fröhliche Deutsche, Schweizer und Österreicher schunkeln und singen am Mittwoch (10.5.) und Donnerstag zu ihren Idolen bei "Schlagersterne Mallorca". Was für die einen ein paar Tage Flucht aus ihrem Alltag bedeutet, ist für die anderen die Hölle auf Erden. Die Anwohner der Stierkampfarena im Norden der Innenstadt von Palma klagen bitterlich über die Lärmbelastung durch die Freiluftkonzerte, wie das "Diario de Mallorca" berichtet.

Einer der Anwohner bietet der Reporterin an, eine inoffizielle Lärmmessung in seiner Wohnung durchzuführen. Demnach werden hin und wieder zwischen 80 und 90 Dezibel erreicht. Das ist, wie wenn man in einem Orchestergraben sitzt. Ein menschliches Ohr kann ab 85 Dezibel irreparablen Schaden nehmen, warnen Wissenschaftler. Normal sollten in den eigenen vier Wänden zwischen 25 und 40 Dezibel sein. "Das ist wie ein Flugzeug in der Wohnung zu haben", sagt der Anwohner.

Kranke werden nervös und weinen

Ein anderer Anwohner klagt, dass die wiederkehrenden Konzerte in der Arena die Menschen in der Gegend stören. "Es gibt aber keine Nachbarschaftsbewegung dagegen." Viele ältere Menschen lebten in dem Viertel, die im Stillen litten. Es gebe auch viele Kranke, die "nervös werden und weinen" sowie die arbeitende Bevölkerung, die früh aufstehen müsse. "Wir leiden sehr stark."

Schlagerparty in der Stierkampfarena. Marlene Weyerer

Margarita Arrom, die im Carrer Jaume Ferran lebt, die direkt an die Arena angrenzt, klagt, dass sie das Konzert aus ihrer Wohnung so laut hört, "als wäre ich selbst in der Arena". Sie hat aufgegeben, Konzerte fänden ja nur von Zeit zu Zeit statt. "Schlimmer ist es, wenn es Jugendliche sind. Die siehst du dann betrunken oder sogar sich übergeben. Es ist widerlich." Ihre Katze aber wüsste bei dem Lärm nicht, wie ihr geschieht. Und ihr Mann müsse um 6.30 Uhr aufstehen, weshalb Konzerte bis tief in die Nacht den Schlaf enorm beeinflussen.

Fenster zu, Fernseher an

Die beiden Freundinnen Gloria Hernández und Pilar García schließen bei lautstarken Konzerten in der Stierkampfarena die Fenster und schalten den Fernseher ein. "Es geht ja schon so viele Jahre so", sagt Hernández und hat längst den Protest aufgegeben. Nur im Sommer sei es schwierig zu ertragen, wenn es ohne Klimaanlage unmöglich sei, das Fenster zu schließen.

Die Nachbarschaftsvereinigung Coliseu hält am Donnerstag (11.5.) eine Versammlung ab, bei der das Thema der Konzerte in der Stierkampfarena sicher zur Sprache kommt. Manche Anwohner fordern, das Gebäude wieder exklusiv dem Stierkampf zu widmen. Andere wiederum, dass die in die Jahre gekommene Arena endlich Schallschutz bekommt. Wieder andere Stimmen sprechen davon, dass die Lizenz für den Veranstaltungsort aus den 90er-Jahren "illegal" sei, dass sich aber niemand traue, etwas dagegen zu unternehmen.

Massenpanik und Covid-19-Ausbruch

Mit Grauen erinnern sich die Anwohner noch an mehrere Konzerte aus den zurückliegenden Jahren, die für Schlagzeilen gesorgt hatten. Darunter das sogenannte Reggaeton Beach Festival Erasmus, bei dem rund 4.000 junge Leute mit viel Alkohol im Juni 2022 das Ende des Schuljahres begossen. Dabei kam es am Ausgang zu einer Massenpanik, bei der rund 30 Personen Verletzungen davontrugen. Oder ein Jahr zuvor, als noch mitten in der akuten Phase der Corona-Pandemie ein Konzert mit jungen Leuten zu einem Superspreader-Event wurde.

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Aus dem Rathaus von Palma heißt es, dass mit "Schlagersterne Mallorca" alles in Ordnung sei. Die Ortspolizei sorge dafür, dass die Vorschriften eingehalten werden. Darüber hinaus sei es möglich, in der Arena Konzerte abzuhalten. Die Organisatoren von "Schlagersterne Mallorca" hätten die gesamte notwendige Dokumentation vor dem Konzert abgegeben und die Lärmbelastung übertreffe nicht die Grenzwerte, die in Palma gelten. /jk