Mallorca Zeitung

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Vor und nach Fährfahrten zwischen Barcelona und Mallorca: So schützen sich Urlauber und Residenten vor Dieben

Wer per Schiff auf die Insel oder aufs Festland reist, gerät schnell in das Visier von Diebesbanden. Was die katalanische Polizei und betroffene Insel-Liebhaber raten

Ein Szenario: Dieb 2 lenkt das Opfer (Victim) ab, Dieb 1 schlägt später zu. TWITTER MOSSOS

Diebstahl im Fährhafen oder auf der Autobahn nach Barcelona: Das Problem ist seit Jahrzehnten bekannt und schwer in den Griff zu bekommen. Urlauber und Residenten, die regelmäßig per Fähre zwischen Barcelona und Mallorca hin- und herreisen, wissen davon und warnen in Facebook-Gruppen wie „Auswandern nach Mallorca. (Anregungen und Tipps von Auswanderern)“ davor.

Der Trick mit dem Platten

Über die Gefahren, denen die Nutzer der Fähre ausgesetzt sind, berichtet dort etwa Ute Schoormann: „‚Sie haben da einen Platten!‘ Mit dem Hinweis haben erst gestern wieder mehrere Männer meinen Bruder auf dem Weg nach Deutschland abgelenkt und Wertsachen vom Beifahrersitz entwendet.“

Teils machen die Diebe auch schon rund hundert Kilometer vor Barcelona auf der Autobahn Jagd auf potenzielle Opfer mit ausländischem Kennzeichen. Sie blenden ihnen auf, hupen oder machen andere Zeichen, um die Reisenden auf einen vermeintlichen Defekt an ihrem Fahrzeug hinzuweisen. Wenig später bewegen sie ihre Opfer zum Anhalten auf dem Seitenstreifen oder locken sie zur nächsten Tankstelle. Dort verwickeln sie sie dann in ein Gespräch, bewegen sie zum Aussteigen. Kurze Zeit später beklaut ein Komplize in Sekundenschnelle die ahnungslosen Opfer.

Manchmal ist das mit dem platten Reifen gar kein Vorwand, sondern stimmt sogar – da die Diebe zuvor selbst am Werk waren. „Wir wurden auf der Autobahn-Zufahrt ausgebremst – ein Rollerfahrer neben uns hat uns den Reifen platt gestochen. Wir konnten uns aber auf den nächsten Rasthof retten. Dort stand glücklicherweise die Polizei“, schreibt etwa Timo Vernieks in der Facebook-Gruppe.

Dennis Schadly indes wurde der Reifen an einer Tankstelle innerhalb des Stadtgebiets von Barcelona leicht mit einem Messer aufgeschlitzt. Erst beim Weiterfahren merkte der Auswanderer, dass sein Hinterreifen Luft verlor. „Das Auto, das vor uns die Tankstelle verlassen hatte, setzte sich vor uns und tat so, als ob das Fahrzeug nicht mehr fährt, bremste immer wieder, der Fahrer entschuldigte sich“, erzählt der Auswanderer. Später sei ein zweites Auto dann so lange hinter ihm geblieben, bis sein Reifen fast komplett platt war. Schadly überführte damals ein 20.000 Euro teures Boot auf die Insel. „Einmal in eine dunkle Ecke gelotst, taten die Typen dann so, als wollen sie uns helfen.“ Doch Schadly durchschaute sie und kam nach einem kurzen Gerangel unbeschadet davon.

Mal eben angesprochen

In anderen Fällen ist kein vermeintlich oder tatsächlich kaputter Reifen mit im Spiel. Stattdessen lenken Diebe die Fahrzeuginsassen auf andere Weise ab. So geschehen im September 2021 bei einer anderen Facebook-Nutzerin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will. „Wir haben kurz vor dem Hafen in Barcelona angehalten, um unsere beiden Hunde noch schnell auf die Wiese zu lassen. Dabei quatschte mich dann jemand wegen der Hunde an, um mich abzulenken“, schreibt sie in der Facebook-Gruppe. Ihr Mann sei am Steuer sitzen geblieben, ihr Sohn saß auf dem Rücksitz. „Dann kam ein Rollerfahrer und wollte meinem Mann durchs Fenster etwas mitteilen. Auf dem Beifahrersitz lag meine Tasche. Das Fenster des Beifahrersitzes war leicht geöffnet. Während mein Mann sich durch das Fahrerfenster kurz ablenken ließ, klaute ein anderer die Tasche.“ Der Sohn des Paares habe den Vorfall glücklicherweise bemerkt und geschrien: „Papa, der hat die Tasche geklaut.“ „Wir sind hinterhergerannt, haben ihm einen Tritt ins Kreuz verpasst. Daraufhin ließ der Dieb die Tasche fallen“, so die Frau.

Das rät der Polizist

Wer sich die verschiedenen Tricks und die Schnelligkeit der Diebe vor Augen führen will, kann sich die eindrucksvollen Videos auf der Twitter-Seite der Mossos, der katalanischen Polizei, oder hier ansehen. Hier ein paar Beispiel:

Alle, denen das Fährvergnügen danach erst einmal vergangen ist, kann Polizeihauptmeister Eugenio Tarjuelo von den Mossos d’Esquadra beruhigen. „Wer ein paar einfache Tricks beherzigt, kommt sicher auf die Fähre“, verspricht der 45-Jährige.

Schon bei seinem Berufseinstieg vor 23 Jahren hätten die Diebe mit derlei Maschen Urlauber ausgenommen. 2005, als der Massentourismus in Barcelona ordentlich an Fahrt aufnahm, sei die „Autobahn-Taktik“ dann regelrecht viral geworden. „Mehr Touristen, mehr Mietwagen, mehr Chancen für potenzielle Diebe“, resümiert Tarjuelo. Während Diebe ihre Opfer früher vor allem mit dem Auto verfolgten, tun sie es heutzutage auch auf dem Motorrad oder in der Stadt auf dem Elektroroller, warnt der Leiter der bürgernahen Polizeiarbeit (Policía Comunitaria) des Viertels Ciutat Vella. Damals hätten es die Diebe vor allem auf Bargeld und Spiegelreflexkameras abgesehen. Heutzutage seien es eher Smartphones, Tablets und andere Wertgegenstände. „Die meisten führen ja kaum mehr so viel Bargeld mit sich“, so Tarjuelo.

Wann Misstrauen angebracht ist

Wer auf der Straße auf einen vermeintlichen Platten, ein nicht funktionierendes Licht oder eine Delle im Auto aufmerksam gemacht wird, sollte sofort misstrauisch werden. Auch dann, wenn das Gegenüber sich als Polizist ausgibt. „Polizisten dürfen deswegen niemanden anhalten. Touristen sollten das Auto stets von innen abschließen und das Fenster nur minimal herunterfahren. Zudem sollten sie sich umgehend den Polizeiausweis mit Foto zeigen lassen und genau fragen, warum sie angehalten wurden“, sagt Tarjuelo. Wenn Sie keinen Verstoß begangen haben und die Männer keine Uniform tragen, handele es sich ziemlich sicher um Diebe. „Werden diese – meist sind es Männer – aggressiv, entlarven sie sich endgültig. Wer bedrängt wird, sollte umgehend die 112 anrufen“, so der Polizist. Dort könne man auch nach einem Übersetzer fragen.

Keine Wertsachen oder sichtbaren Koffer im Auto lassen

Wer auf eigenen Wunsch etwa an einer Raststätte hält und sein Fahrzeug verlassen muss, sollte niemals Koffer, Handtaschen oder Handys sichtbar im Auto liegen lassen. Sonst riskiere er, dass die Diebe die Scheibe einschlagen und die Sachen entwenden. Auch im Stadtverkehr sollten Fahrzeuginsassen, unter anderem durch den Blick in die Rückspiegel, stets die Augen nach potenziellen Reifen-Stechern und Ablenkern offen halten. Parken sollte man möglichst an gut beleuchteten und, wenn möglich, Kamera überwachten Plätzen. Ein Facebook-Nutzer und auch Tarjuelo empfehlen „WTC Barcelona Parking“.

Einmal in Hafennähe, gebe es vor allem zwei Situationen, in denen Vorsicht geboten ist: Wenn die Autos sich in der Schlange anstellen und wenn man die Koffer aus dem Fahrzeug lädt und abgelenkt ist. Stets gilt es, Koffer und Wertsachen im Blick zu behalten. „Womöglich beobachten Diebe einen aus der Nähe. Ein Komplize kommt dann vielleicht auf einen zu, um etwas zu fragen“, so Tarjuelo.

Mitunter seien die mit einer Kamera und Mütze ausgestatteten Diebe auch als Touristen verkleidet, mit einer Landkarte unterwegs und scheinbar auf der Suche nach einer bestimmten Straße. „Durch die Karte versperren sie dem Opfer die Sicht, und ein anderer Komplize kann sie in Ruhe beklauen.“ Der Polizist rät, gar nicht erst auf Fragen einzugehen. Auch gegenüber Personen, die sich im Hafen ohne erkennbares Ziel bewegen, ist Vorsicht geboten. Wer es vermeiden kann, sollte nicht anhalten, bevor er im Sperrgebiet bei den Fährterminals angekommen ist.

Anzeige erstatten

Ist es doch passiert und man wurde ausgeraubt, sollte man sich an die nächste Polizeistelle wenden („Mossos d’Esquadra“ bei Google Maps oder hier), um Anzeige zu erstatten. In Hafennähe (C/. Nou de la Rambla, 76, 78) liegt auch die Polizeistelle Ciutat Vella, in der Tarjuelo arbeitet.

„Die Diebe haben es auch deswegen auf Urlauber abgesehen, da die ihre Taktiken oft nicht kennen und häufig auch keine Zeit und Muße haben, den Vorfall bei den Behörden zu melden“, weiß Tarjuelo. Wer Angst hat, deswegen seine Fähre zu verpassen, könne auch nach Ankunft auf Mallorca bei der Nationalpolizei eine Anzeige aufgeben. Die Adressen finden Sie hier.

Noch mehr Tipps der katalanischen Polizei:

https://mossos.gencat.cat/en/consells_de_seguretat/per_unes_vacances_segures/

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