Die Preise für Strom kennen aktuell in Spanien und auf Mallorca nur einen Trend: nach oben. Auf dem Großhandelsmarkt kostet die Megawattstunde mittlerweile bis zu 115 Euro. Im Juli waren es noch 92 Euro, was auch schon zehn Prozent mehr waren als im Juni und 168 Prozent mehr als im Juli 2020. Und das im Hochsommer, wenn Klimaanlagen und Pool-Pumpen auf Hochtouren laufen.

Warum ist der Strom so teuer?

Das hat mehrere Gründe. Da sind die steigenden Rohstoffpreise: Erdgas ist im Vergleich zum Vorjahr derzeit um 400 Prozent teurer. Da sind die CO-Emissionsrechte – sie lassen die Kosten der Stromerzeuger in die Höhe schnellen. Da sind große Investmentfonds, die damit spekulieren. Und da ist die hohe Nachfrage in den Hochsommermonaten.

Inwieweit betrifft der Großhandelspreis die Endverbraucher?

Laut Verbraucherschützern stiegen die Stromkosten in den ersten beiden Juliwochen um 34 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum an. Letztlich kommt die Preiserhöhung bei allen an, aber zunächst sind vor allem jene betroffen, die den Strom zum Standardtarif PVPC (precio voluntario al pequeño consumidor) beziehen. Was die Kilowattstunde für diese Verbraucher kostet, ändert sich tageweise, je nachdem wie sich die Großhandelspreise verändern.

Die Verbraucher des freien Marktes sind zunächst weniger betroffen, da sie mit ihrem Unternehmen einen Festpreis vereinbart haben. In diesem Fall könne die Anpassung über die Abrechnung der verschiedenen Gebühren erfolgen, wie etwa Endesa seinen Kunden in der aktuellen Stromrechnung mitteilt. Das betrifft die Anschluss-, Übertragungs- und Verteilungsgebühren sowie anderer Kosten des Elektrizitätsnetzwerkes. Diese sind auf der Abrechnung unter dem Punkt „Ajuste de peajes y otros costes“ aufgeführt.

Moment, wie ist das noch mal mit dem regulierten und freien Markt?

In Spanien wird zwischen dem regulierten und dem liberalisierten Markt unterschieden. Verbraucher des regulierten Marktes beziehen den Standardtarif. Auf der Rechnung steht unter Vertragsart (tipo de contrato), ob der Verbraucher den PVPC nutzt. Nur wer diesen Tarif nutzt, kann beispielsweise im Bedarfsfall staatliche Unterstützung zur Stromrechnung beantragen.

Wer hingegen selbst seinen Tarif wählt, landet auf dem freien Markt. Inzwischen hat das der Großteil der Stromkunden getan. 16 Millionen Haushalte von den 27 Millionen im ganzen Land beziehen ihren Strom vom freien Markt. Nicht nur der ehemalige Monopolist und Immer-noch-Platzhirsch Endesa bietet dabei eine breite Vielfalt an Tarifen, sondern auch andere große Konzerne sowie diverse weitere Anbieter.

Was unternimmt die Politik gegen die Preiserhöhungen?

Der Strompreis ist in diesem Sommer zu einem Politikum geworden. Die spanische Zentralregierung senkte daraufhin die Mehrwertsteuer (IVA) für Energiekosten bis Ende des Jahres von 21 auf zehn Prozent, um die Verbraucher zumindest ein wenig zu entlasten. Teresa Ribera, die spanische Ministerin für die Energiewende, denkt zudem laut über eine Neustrukturierung des regulierten Strommarkts und die Gründung eines öffentlichen Energieunternehmens nach.

Gab es nicht erst kürzlich eine Veränderung bei der Stromrechnung?

Ja, seit Juni gilt spanienweit eine neue Tarifstruktur. Die wichtigste Neuerung ist dabei, dass der Strom für alle Verbraucher im Tagesverlauf unterschiedlich viel kostet. Die spanische Regierung will so erreichen, dass der Konsum zu den Spitzenzeiten reduziert wird. Zudem sollen die Regelungen sowohl den Eigentümern von Elektroautos entgegenkommen, die ihre Fahrzeuge zumeist nachts laden, als auch die Nutzung von Fotovoltaikanlagen attraktiver machen. Die Stromrechnung erfolgt in Spanien meist im Zwei-Monats-Rhythmus, so flattern dieser Tage die ersten Abrechnungen nach dem neuen System in die Haushalte.

Was kann ich tun, um meine Stromkosten zu reduzieren?

„Man muss seinen Verbrauch anpassen“, rät Alfonso Rodríguez, Vorsitzender der Verbraucherschutzvereinigung Consubal auf den Balearen, im Gespräch mit der MZ. Sprich: Wer Geld sparen will, muss Strom vor allem dann nutzen, wenn er billig ist, also nachts und am Wochenende. So wie es der Gesetzgeber auch will. „Die Waschmaschine muss nicht mitten in der Nacht laufen, man kann sie auf 6 Uhr programmieren, dann sind die Preise noch niedrig“, fügt Rodríguez an.

„Sparmöglichkeiten gibt es zudem bei der potencia“, so Rodríguez. Die potencia ist die tariflich vereinbarte Stromleistung, die der Verbraucher in Anspruch nehmen kann. Wird sie überschritten, weil beispielsweise gleichzeitig Backofen, Waschmaschine und Klimaanlage laufen, fliegt die Sicherung heraus. Wer nicht weiß, welche potencia er hat, findet die Angabe auf seiner Stromrechnung. Je höher die Leistung, desto höher ist die Gebühr, die der Verbraucher entrichten muss.

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Die neuen Vorgaben erlauben es zudem, dass der Kunde die Leistung für zwei Perioden anpasst: nämlich für die Talzeiten (nachts und am Wochenende) sowie die Spitzen- und Mittelzeiten (tagsüber unter der Woche). Für die Talzeiten bietet sich eine höhere Leistung an, weil die Preise pro Kilowatt und Kilowattstunde günstiger sind und der Verbraucher dann mehr Elektrogeräte laufen lassen kann. Tagsüber bietet sich eine niedrigere potencia an. Wer die Leistung verändern will, muss seinen Stromanbieter kontaktieren. Endesa bietet seinen Kunden an, bis zum 31. Mai 2022 zweimal kostenfrei die Leistung ändern zu können, um sich so den neuen Tarifzeiten anzupassen.

Zudem bietet sich immer ein Vergleich der Anbieter und Tarife an. Auf der Rechnung ist ein QR-Code abgedruckt, mit dem jeder Verbraucher schnell zum Online-Vergleichsrechner der spanischen Wettbewerbsbehörde gelangt (comparador.cnmc.gob.es). Hier können die Tarife der verschiedenen Anbieter direkt miteinander verglichen werden.