Im Frühjahr ist das Immergrün ein zuverläs­siger Blüher. Weil es jedoch in mehreren Versionen auf Mallorca wächst, sind die Sorten ­botanisch nicht so leicht zu unterscheiden. So ist beispielsweise im Inselgarten häufig das Großblättrige Immergrün (Vinca major bot.) anzutreffen. Dieses gehörte, gemeinsam mit Geranien und dem Oleander, zu den Klassikern in alten Landgütern, in denen vor allem Gewächsen den Vorzug gegeben worden ist, die Essbares lieferten oder aber Schnittblumen für Eingangshallen oder Kapellen.

„Die Vinca major unterscheidet sich von anderen Sorten durch feine Wimpernhärchen, an ihren Blatträndern", berichtet Joshua ­Borràs von der Balearen-Universität in Palma de Mallorca. Die glänzend-ledrigen Blätter stehen sich an den Blütenstängeln gegenüber und machen ihrem Namen alle Ehre, indem sie das ganze Jahr ihr tiefes Dunkelgrün beibehalten. Die blau- bis violettfarbenen Blüten sind in ihrer Mitte weiß und können einen Durchmesser bis zu fünf Zentimetern erreichen. Die Kelchblätter sitzen auf einer trichterförmigen Röhre und sehen wie kleine Windmühlen aus.

Wie alle Immergrün-Sorten bevorzugt die Zierpflanze in den Gärten halbschattige bis schattige Standorte, dort bildet sie mit wenig Feuchtigkeit zuverlässige Bodendecker. Der Experte für Trockenpflanzen Olivier Filippi aus Südfrankreich empfiehlt dafür auf seiner Website (www.jardin-sec.com) zwei bis drei Setzlinge pro Quadratmeter.

Wenn sich die Pflanzen eingewöhnt haben, entwickeln sie bis zu einem Meter lange Ausläufer, die ihrerseits im Boden Wurzeln schlagen. Doch diese sind im Garten nicht erwünscht. Die bodendeckende Eigenschaft der Pflanze wird nur dann erreicht, wenn alle Stängel nach der Blüte auf eine Höhe von zehn Zentimetern gekürzt werden. Nach einer kurzen Übergangszeit treiben die Blätter dann wieder dichter aus und verhindern das Wachsen von Unkraut. Nicht selten wildert das Großblättrige Immergrün jenseits der Gartenmauern in der Wildnis aus und macht sich dann auf invasive Weise an den Ufern von Bachbetten breit oder aber an Wegrändern, auf schattigen Waldböden und -rändern oder direkt neben Natursteinmauern.

Nicht selten gewinnt es dort den Konkurrenzkampf um den Standort mit dem auf der Insel heimischen Mittleren Immergrün (Vinca difformis bot., hierba doncella span., proenga kat.). Die botanische Bestimmung der einheimischen Sorte ist anhand der etwas helleren blauen Blüten möglich. Aber laut Borràs auch an den Blättern, die sich an blütenlosen Stängeln gegenüberstehen und an deren Rändern keine Wimpernhaare zu erkennen sind.

Das Kleinblättrige Immergrün (Vinca minor) kommt dagegen wild auf der Insel nicht vor, so die Auskunft des Botanikers. Olivier ­Filippi empfiehlt es jedoch für mediterrane Gärten. Mit sechs Setzlingen pro Quadrat­meter entstehe ein dichter Bodendecker.

Alle Vinca-Arten zählen zur Familie der Hundsgiftgewächse. Vor allem das auf Mallorca wild wachsende Mittlere Immergrün war in der Volksheilkunde der Insel wegen seiner adstringierenden und antibakteriellen Wirkung geschätzt, es wurde außerdem gegen Gedächtnisverlust eingesetzt. Doch immer schon war bekannt, dass alle Pflanzenteile der Vinca-­Familie mehr oder weniger giftige Substanzen enthalten. Vielleicht wurde deshalb das einheimische Kraut im Katalanischen auch ­„Veilchen der Hexe" (viola de bruixa) genannt.