Die vitaminreichen Früchte gelten als Superfood: Pitayas sind sehr gefragt, auch weil es sich herumgesprochen hat, dass die Pflanze auf Mallorca gedeiht. So überrascht es nicht, dass im Garten von Amador Font und Magdalena Vallespir in Sineu eine Pitaya-Pflanze (Hyocereus undatus) wächst. Sie hat dem Paar diesen Sommer knapp 150 Früchte geliefert. Gepflanzt wurde sie erst vor sechs Jahren.

Damals brachte die Mallorquinerin nach einem ihrer nachmittäglichen Treffen mit befreundeten Stickerinnen einen 20 Zentimeter langen Setzling der bis dahin unbekannten Pflanze nach Hause. Ihr Ehemann richtete für das wurzellose Blatt mit den gewellten Rändern und winzigen, aber stechenden Dornen, einen Trog aus Stein ein, der früher zum Wäschewaschen genutzt worden war. Dem Blattkaktus scheint dies gefallen zu haben, denn bald darauf bildete er neue Triebe.

Wie aus seiner Heimat in Mittelamerika gewohnt, wächst die Sukkulente in Sineu im Schatten eines Baumes. Denn sie zählt zu den Epiphyten, den Aufsitzerpflanzen. Im Gegensatz zu anderen Kakteen ist ihr Lebensraum nicht die Wüste, sondern der Regenwald, wo die Vegetation im Erdgeschoss beginnt. Von hier aus sucht sich der Kletterer einen Weg nach oben und hält sich an Sträuchern und Urwaldriesen fest. Hoch oben auf dem Dach des Regenwaldes locken dann stark duftende Blüten Fledermäuse zur Bestäubung an.

Magdalena Vallespir und Amador Font vor ihrem wild wuchernden Blattkaktus. Die Frucht wird halbiert, die Schale abgezogen. Nele Bendgens

Die Mallorquinerin zeigt nun den Besuchern eine Stelle am Baum, wo sich die Luftwurzeln um den Stamm schlingen und dem Baum Feuchtigkeit entziehen. Die Pitaya zählt jedoch trotzdem nicht zu dem parasitären Gewächsen, die ihren Wirtspflanzen Schaden zufügen. Zu Bruch ging allerdings der mallorquinische Waschtrog, die Kaktuswurzeln sprengten ihn, und Font setzte stattdessen Marais-Steine. Die erweiterte Wurzelbildung ermöglichte, dass die Pitaya nicht nur auf den Baum klettert, sondern auch eine ehemalige Hundehütte überwucherte und sich auf mehreren Quadratmetern ausbreiten konnte.

Die Wuchsfreudigkeit kommt nicht von ungefähr. Jedes Jahr im März verwöhnt der Gartenbesitzer die Sukkulente mit Pferdemist. Bei anhaltender Trockenheit duscht sie der 79-Jährige über einen Schlauch mit kalkfreiem Wasser aus dem Brunnen. Im Mai bilden sich die ersten Knospen. „An einer Stelle geht es los, dann werden es täglich immer mehr“, so Vallespir. Die Blüten öffnen sich ab Mai in der Abenddämmerung, bei Sonnenaufgang schließen sie sich. Weil sie so riesig sind, werden sie häufig mit der Königin der Nacht verwechselt. Diese ist jedoch nur eine Verwandte innerhalb der riesigen Kakteenfamilie.

Pitayas an der Blattkaktee. Nele Bendgens

Im Dschungel erfolgt die Bestäubung durch Fledermäuse. Da diese auf der Finca eher selten sind, kommen auch Motten und Nachtfalter als polinizadores in Betracht. Bei Botanikern gilt die Sukkulente allerdings auch als Selbstbestäuber. Wer auch immer es war, danach dauert es drei bis vier Monate, bis die neun Zentimeter langen und fünf Zentimeter breiten tonnenförmigen Früchte reif sind. Weil die grünen Schuppen auf der pinkfarbenen Fruchtschale an Drachenflügel erinnern, wird die Pitaya auch Drachenfrucht genannt.

Damit die Besucher die Früchte direkt vom Strauch kosten können, schneidet Vallespir sie jetzt mit dem Messer längs in zwei Hälften. Und übergibt mit der Aufforderung, das weiße saftige Fruchtfleisch mit den vielen dunklen winzigen Samen aus der pinkfarbenen Schale zu lösen. Es schmeckt säuerlich erfrischend und erinnert im Geschmack an Kiwis, aber auch an Birnen. „Wir essen sie zum Käse und als Salatzutat“, sagt die Mallorquinerin. Im Kühlschrank hielten sich die Früchte monatelang, nur erhitzen dürfe man sie nicht, weil sie dann ihr Aroma verlören.

Schon in präkolumbianischer Zeit wurden Pitayas verzehrt. Die Franzosen brachten sie nach Vietnam, heute werden sie in Plantagen in Südostasien, Israel, China sowie Mittel- und Südamerika angebaut und in alle Welt exportiert. Das Fruchtfleisch gilt als cholesterin- und blutzuckersenkend, ist aber auch reich an Vitamin B und C sowie an Kalzium. Deshalb schätzt man mittlerweile das Superfood und verzehrt es auch als Smoothies, in exotischen Obstsalaten sowie in Joghurts und Kefir.

Auf den modernen Plantagen wachsen außer dem Hylocereus undatus auch der Hylocereus monacanthus mit rotem Fruchtfleisch und pinkfarbener Schale sowie der Hylocereus megalanthus mit gelber Schale und weißem Fruchtfleisch. Je nach Sorte werden Frucht und Kaktuspflanze auch Pitahaya genannt.

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Die Deutsche Kakteen-Gesellschaft hat die Pitaya Hylocereus undatus zum Kaktus des Jahres 2021 gewählt: Als Beispiel dafür, dass Kakteen einen über die rein optischen Reize hinausgehenden Nutzen für die Menschen haben. Das ist auf Mallorca längst bekannt. Denn hier ist auch der Feigenkaktus (Opuntia maxima) mit seinen essbaren Früchten zu Hause.

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