Ganz früh am Morgen ist kurz Zeit für ein Gespräch. Denn bevor Gabriel Leon Mora in Sant Joan losfährt, müssen die Weihnachtssterne noch einzeln in transparente Tüten und dann in Kartons gepackt werden. Seit zwei Jahren produziert der 30-Jährige in der rund 2.000 Quadratmeter großen Halle Christsterne (Euphorbia pulcherrima bot., flor de Nadal span., ponsètia kat.) . Sein Großvater gründete in den 1970er- Jahren die Gärtnerei in Sant Joan. „Wir sind ein Familienbetrieb, meine Freundin, die Eltern und meine Großmutter, alle helfen mit, wenn Not am Mann ist“, sagt Mora.

Farbige Hochblätter

Nach und nach trifft die Familie ein. Joan Miquel Coll übernimmt jetzt das Packen, er ist Mitarbeiter des Gartenbaubetriebs Mora Plant Viver. So also ist kurz Zeit für ein Gespräch, aber Mora gibt gern und präzise Auskunft. „Die Poinsettien hier sind am Ende ihres vegetativen Zyklus“, erklärt der Diplom-Landwirt. Ihr Wachstum beginnt im Sommer, wenn die winzigen Ableger aus Holland eingetroffen sind. Sie wachsen gemeinsam in einer riesigen Wanne, und weil sie in dieser Zeit Schatten brauchen, sorgen zwei in verschiedenen Höhen befestigte Kunststoffmatten dafür, dass Sonne und Hitze draußen bleiben. Im Juni kommen dann diejenigen Pflanzen in einzelne Töpfe, die zu großen buschigen Exemplaren herangewachsen sind, im Juli dann die mittleren, im August schließlich die kleinwüchsigen Weihnachtssterne.

Mora hebt jetzt eine der kleinen rot-grünen Stauden in die Höhe und zeigt, dass alle Blätter an einem einzigen Stängel angesiedelt sind. „Würden wir nicht die Spitzen Pflanze für Pflanze kappen, bliebe es bei einem einzigen Stamm“, erklärt der Mallorquiner. Denn wenn die Spitzen der Pflanzen abgeschnitten werden, entwickeln sich aus einem Stamm mehrere Verzweigungen. Jede von ihnen bildet eigene farbige Hochblätter mit winzigen echten Blüten mittendrin. Dazu kommt es dann, wenn jeder Ableger längst im eigenen Topf Wurzeln bilden konnte und die Tage im Herbst kürzer werden.

Die in den Tropen vorkommende Wildpflanze entwickelte die roten Scheinblüten, um Insekten anzulocken. Zur Weihnachtspflanze wurde das Wolfsmilchgewächs, weil es schon vor der Entdeckung durch europäische Botaniker von der nativen Bevölkerung so genannt wurde. Denn auch in ihrer Wildform blüht die Pflanze zur Weihnachtszeit.

Die meisten Stauden in der Halle zeigen wie die Wildformen Hochblätter in hellem, mittlerem oder dunklem Rot. Doch es gibt weitere mit weißen oder zweifarbigen Scheinblüten, die gescheckt sind. Weil die Gewächse es kühl mögen, öffnet Mora, sobald das Thermometer über 17 Grad steigt, die Halle vorn am Eingang und an den Seitenwänden. „Die Pflanzen brauchen eine gute Ventilation, sie können keine Feuchtigkeit vertragen.“

Das gilt auch für die Pflege zu Hause. Als Standort empfiehlt sich ein Platz am Fenster, in großem Abstand zu Heizung oder Kamin. Gegossen wird nur, wenn der Wurzelballen völlig trocken ist. In einem tiefen Gefäß kann dieser dann so viel Wasser ziehen, wie er benötigt. Danach lässt man überschüssiges Wasser ablaufen. Das Leben der Staude ist im übrigen nach einem Vegetationszyklus im Winter noch nicht zu Ende. Im Frühjahr kann sie in ein größeres Pflanzgefäß umgetopft oder sogar an einen schattigen Platz im Garten gepflanzt werden und dort neu austreiben.

KInderstube fürs Frühjahr

Weihnachten ist nicht die einzige Zeit, in der es bei den Moras hoch hergeht. So hat die Familie kürzlich zu Allerheiligen Chrysanthemen in drei verschiedenen Farben ausge- liefert und so Platz für die Weihnachtssterne gemacht. In der rund 10.000 Quadratmeter großen Gärtnerei stehen zwei weitere Gewächshäuser zur Verfügung, in denen ab Februar Gemüsesetzlinge gezogen werden. Ganzjährig wachsen hier geschützt Stiefmütterchen heran, die als winzige Setzlinge mit Wurzeln und Blättern aus Holland geliefert werden.

Mora führt durch eine Halle an Traktoren und einer Saatmaschine vorbei ins Freie. Beim ersten Schritt nach draußen scheint plötzlich der Frühling ausgebrochen zu sein. Hier blühen in verschiedenen Gelb- und Orangetönen Ringelblumen um die Wette. Nebenan ist mit verschiedenen Minzearten alles vertreten, was die Insel an Küchen- und Heilkräutern zu bieten hat. Rosmarin und Lavendel werden aus Ablegern von eigenen Mutterpflanzen gewonnen, andere geliefert.

„Am meisten Arbeit haben wir ab Februar, wenn die Frühjahrs- und Sommerblüher bestellt werden“, sagt Mora. Das gehe dann bis Juli so. Nur die Monate August und September böten Verschnaufpause. Doch Ende November ist Hochsaison. Mora muss jetzt wirklich los und bricht in Richtung Llucmajor und Palma auf. Rechtzeitig zum ersten Advent müssen die Christsterne auf der ganzen Insel an Blumen- und Dekogeschäfte, Garten- und Einkaufszentren oder an die Betreiber von Marktständen ausgeliefert werden.